Zebulon
verloren hatte und bei der Fur Company bis über beide Ohren verschuldet war. Das war die Alles-oder-Nichts-Parole, nach der er immer gelebt hatte. Das nächste Jahr kam bestimmt, und wenn sein Beutel endlich leer war und sein Körper zerschunden und zerbrochen, kehrte er in die Berge zurück, um seine Wunden verheilen zu lassen, zu jagen und zu wandern, wohin immer der Wind und seine primitiven Instinkte ihn trieben. Es war ein großartiges, rundum freies Leben, das er für selbstverständlich hielt und von dem er glaubte, es würde nie enden. Doch dieses Jahr war alles anders, und er besaß immerhin noch die Geistesgegenwart, eines seiner Maultiere zu verkaufen und davonzureiten, bevor er ganz mit leeren Händen dastand. Alles hat ein Ende, sagte er sich, während er seine Möglichkeiten erwog. Pferde stehlen und züchten – darin besaß er genügend Geschick und Erfahrung, um sich eine Rinderfarm am Oberlauf des Green zu sichern. Vielleicht konnte er sein Glück auch einmal im kalifornischen Goldrausch versuchen, obwohl diese Massenorgie der Habgier auf seiner Liste ganz unten stand. Eins war jedenfalls sonnenklar: Er wurde nicht jünger; verdammt, er war fast fünfunddreißig – oder gar vierzig? Er hatte nie mitgezählt, und seine Leute hatten sich nie die Mühe gemacht, es ihm zu sagen. Wie auch immer, er fuhr auf einem ramponierten Floß einen Fluss ohne Wiederkehr hinunter und würde früher oder später in die Stromschnellen geraten, wenn er sich nicht bald etwas einfallen ließ. Er konnte oft nicht mehr richtig klar denken, sein Körper war nicht mehr, was er einmal gewesen war, und immer deutlicher spürte er die unheilvolle Gegenwart eines dunklen Schattens, der hinter ihm emporstieg.
Auf dem Rückweg in die Berge wollte er sich den Luxus einer Rast in Panchito gönnen, einer verwahrlosten Siedlung in der Hochwüste, wo er schon öfter Unterschlupf gesucht hatte – mit einem Bauchschuss, auf der Flucht vor kriegerischen Indianern oder nach Pferdediebstählen auf einer der riesigen spanischen Ranches südlich von Santa Fe. Hier konnte er in aller Ruhe einen trinken und bei einer erfahrenen Hure liegen, ohne befürchten zu müssen, dass er eine Kugel in den Rücken verpasst bekam oder beim Poker von Falschspielern ausgenommen wurde.
Zwei Tagesritte vor Panchito kam ein Sturm von Norden herabgefegt, und zweimal wurde er aus dem Sattel geworfen, von eisblauen Hagelschauern, die ihn wie Rasierklingen ins Gesicht schnitten. Da er in dem steinigen Gelände kein Lager aufschlagen konnte, ließ er Pferd und Maultier einfach ohne Halt und ohne jedes Richtungsgefühl weitertrotten. Mehrmals schaute er zurück, als würde er verfolgt, aber nichts regte sich hinter dem schweren Leinenvorhang aus fallendem Schnee. Als er endlich eine geschützte Mulde erreichte, pflockte er das Pferd und das Maultier an, grub sich in eine Schneewehe ein und deckte sich mit einem Bisonfell zu.
Tags darauf flaute der Sturm ab, und er ritt weiter durch hohe Schneewehen, seine Mokassins und Leggings steifgefroren, die Augen des halbtoten Pferdes und des Maultiers mit Eis verkrustet. Am Abend riss die Wolkendecke auf, und er konnte die Sangre de Cristo Mountains sehen, deren kalte zinnoberrote Gipfel ein gewisses Maß an Erlösung versprachen, jedenfalls so viel, dass er weiterstapfen konnte, in Richtung auf Panchito und eine Rast in der billigen Cantina der Stadt.
Die Vorfreude auf Zuflucht endete mit einem dumpfen Grollen, dem eine gewaltige Lawine aus entwurzelten Bäumen, Felsbrocken und Schnee folgte, die ihn vom Pferd riss wie ein Zündholz in einem Wasserfall. Er rannte, überschlug sich, rollte Hals über Kopf am Rand der brodelnden Masse entlang, bis er in einer tiefen Verwehung landete.
Halb bewusstlos lag er mit gespreizten Armen und Beinen auf dem Rücken und wartete auf einen zweiten Ausbruch oder die letzten Nachwehen, je nachdem, was zuerst kommen würde. Er war nicht ungeübt darin, sich der anderen Seite zu stellen, der
jornada del muerto
, wie man den Tod südlich der Grenze nannte. Es hatte andere Zeiten gegeben: Als er sich in einem Schneesturm verirrt hatte und beinahe erfroren war, mehr als einmal in einer Saloon-Schießerei verwundet, von Apachen auf dem Kriegspfad beinahe skalpiert wurde oder kopfüber von einem Felsen gestürzt war, um nur einiges zu nennen.
Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als eine zweite Lawine herabstürzte, mit einem Donnern, als sei ein Staudamm gebrochen. Nach vorn geschleudert,
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