Zebulon
mehr tot als lebendig, kroch er auf eine kleine Lichtung inmitten von Fichten und Riesen-Lebensbäumen, wo es ihm gelang, aus herabgefallenen Ästen notdürftig einen Wigwam zu bauen.
Als er aufwachte, starrte sein Pferd ihn aus erschrockenen Augen an. Eine Meile weiter fand er sein Maultier, dessen Beine sich aus einer riesigen Wächte himmelwärts streckten.
E INEN T AG SPÄTER ERREICHTE ER Panchito, eine triste Ansammlung von Lehmhütten, die sich um eine Cantina scharten. Durch das Heulen des schneidend kalten Windes hörte er die fernen Akkorde eines wildgewordenen Klaviers, begleitet von Ausbrüchen stupiden Gelächters.
Eine leere Postkutsche stand vor der Cantina. Ein Stück weiter mühte sich ein kleiner O-beiniger Mann, der einen Schaffellmantel und die Federboa einer Hure um den Hals trug, nach Kräften, auf ein Pferd zu steigen. Als er schon fast im Sattel saß, rutsche sein Fuß aus dem Steigbügel, und er fiel kopfüber auf den gefrorenen Schlamm.
Mit glasigen, unsteten Augen schaute er zu Zebulon auf. »Ich hab dich schon mal irgendwo gesehen.«
»Glaub ich weniger«, sagte Zebulon.
Der O-Beinige versuchte noch einmal, auf sein Pferd zu steigen, dann gab er auf. »Vielleicht bist du gestern Abend mit Hatchet Jack reingekommen«, sagte der O-Beinige. »Die Leute sagen, dieses wieselgesichtige Halbblut sollte man teeren und federn. Find ich nicht. Mir wär ein langer Strick und ein kurzer Fall lieber für den Mistkerl.«
Zebulon stieg ab und schob sich an ihm vorbei in die Cantina.
Drei Öllampen, die von einem Balken herabhingen, warfen ein trübes Licht in den schmalen, niedrigen Raum. Hatchet Jack saß an der Bar, in einer rot-weißen Uniform der mexikanischen Armee, auf dem Kopf eine schwarze Melone mit einer schräg über der Krempe befestigten Rabenfeder. Seine linke Wange hinab lief eine Narbe in der Form eines langgezogenen S, von einer Wunde, die Zebulon ihm vor langer Zeit beigebracht hatte.
Hatchet Jack schaute ihn aus einem blauen und einem schwarzen Auge an.
»Bist schwer aufzustöbern, du komischer Vogel. Hab dich auf dem Rendezvous gesucht, aber du warst schon weg. Die haben gesagt, du hättst eine Glückssträhne gehabt und wärst mittendrin abgehauen. Hat sich nicht nach dir angehört.«
»Es war ein harter Winter«, sagte Zebulon. »Ich klammer mich an das bisschen, was ich hab.«
»Ich will dich nicht um ein Almosen anbetteln«, sagte Hatchet Jack, »falls du das denkst.«
Die knotigen Finger des Klavierspielers rollten mit mechanischer Präzision über die kaputten Tasten. Am anderen Ende des Tresens saßen zwei abgekämpfte Huren und beobachteten eine in einem Glaskrug zusammengerollte Klapperschlange. Wenn der Klavierspieler einen dissonanten Akkord anschlug, drehte die Schlange den Kopf hin und her und suchte nach einem Ausweg.
Zebulon schenkte sich aus Hatchet Jacks halbvoller Flasche Taos White Lightning ein; der Whiskey brannte in seinen Eingeweiden wie ein Brenneisen. Während er darauf wartete, dass Hatchet Jack sagte, was er auf dem Herzen hatte, betrachtete er eingehend die drei ausgestopften Elchköpfe, die in einer Reihe an der Wand hinter dem Tresen hingen. Ihre Murmelaugen waren ihnen bis auf eines ausgeschossen worden, und die Geweihe und die Köpfe selbst hatten Kerben und Schrammen von Tomahawks und Wurfpfeilen.
»Ich brauch deine Hilfe bei deinem Pa«, sagte Hatchet Jack. »Ich will, dass er mir verzeiht.«
Verzeihen:
Zebulon hatte das Wort noch nie benutzt, ja nicht einmal darüber nachgedacht.
»Es ist sieben Jahre her, dass du bei ihnen oben warst?«, fragte Hatchet Jack.
»Eher zwei.«
Hatchet Jack schüttelte den Kopf und schenkte sich Taos White Lightning nach. »Wie ich das letzte Mal raufgeritten bin, da bin ich total durchgedreht. Die Woche davor hatten Arapaho auf dem Kriegspfad Pa bis zum Hals in einem Sumpf eingegraben, bei steigendem Wasser. Hat ihm auch nix geholfen, dass ich ein Halbblut bin. Hat gesagt, ich soll ihn gefälligst nicht Pa nennen. Hat gesagt, er hätt mich nie aufnehmen dürfen, nachdem er mich bei dem Pokerspiel gewonnen hatte, und ich soll schauen, dass ich weiterkomm. Da hab ich ihn verprügelt.«
»Du hast Pa verprügelt?«, fragte Zebulon.
»Hab ihm gesagt, er soll sich eingraben lassen und zum Teufel gehen. Das waren meine Worte. Dann bin ich abgehaun, mit seinem großen Fuchs und einem Haufen von seinen Fallen.«
»Wie hat’s Ma aufgenommen?«
»Hat ihm mit dem Axtstiel eins über die Rübe gezogen, bevor
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