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Zeit der Gespenster

Zeit der Gespenster

Titel: Zeit der Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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bevor der in Flammen aufging. Als er zu Aimee zurückkam, war sie schon tot. Sie war allein gestorben, während er Supermann spielte.
    Toller Held, der die Falschen rettet.
    Er warf die leere Flasche auf den Boden seines Jeeps, legte den Gang ein und raste wie ein Teenager von dem Parkplatz auf die schmale Landstraße.
    Er bremste vor einem Bahnübergang, wo die Schranke sich soeben langsam senkte und das Warnlicht blinkte. Er dachte an nichts mehr, außer daran, den Wagen langsam vorrollen zu lassen, bis er die Schranke durchbrach, bis der Jeep unbeweglich auf den Schienen saß, wie ein Opfertier.
    Der Zug stampfte heran. Die Schienen begannen, eine stählerne Sinfonie zu singen. Ross überließ sich dem Sterben, preßte vor dem Aufprall noch ein einziges Wort durch die Zähne: Endlich .
    Das Getöse war überwältigend, ohrenbetäubend. Und doch glitt es an ihm vorbei, entfernte sich, bis Ross den Mut aufbrachte, die Augen zu öffnen. Dampf stieg aus der Motorhaube seines Wagens auf, der ungleichmäßig hoppelte, als hätte ein Reifen zu wenig Luft. Und er zeigte jetzt in die Richtung, aus der Ross gekommen war.
    Es war nichts zu machen: Mit Tränen in den Augen fuhr Ross los.

    Ohne unterschriebenen Vertrag würde Rod van Vleet nicht wieder wegfahren. Zum einen hatte Newton Redhook ihn damit betraut, das gut siebeneinhalb Hektar große Pike-Grundstück an sich zu bringen. Zum anderen hatte er über sechs Stunden gebraucht, um zu dem Pflegeheim in dieser gottverlassenen Gegend von Vermont zu gelangen, und Rod hatte keinesfalls die Absicht, in naher Zukunft noch einmal herzukommen.
    »Mr. Pike«, sagte er lächelnd zu dem alten Mann, der so potthässlich war, dass Rod noch wochenlang Albträume haben würde. Spencer Pikes kahler Schädel war fleckig wie eine Warzenmelone. Seine Hände waren knotig und verdreht, sein Körper hatte die Form einer Gurke angenommen. »Wie Sie hier sehen, ist die Redhook-Gruppe bereit, heute einen auf Sie ausgestellten Scheck in Höhe von fünfzigtausend Dollar zu hinterlegen, als Zeichen unseres guten Willens, bis die Eigentumsfrage verbindlich geklärt ist.«
    Der Alte kniff die milchigen Augen zusammen. »Was zum Teufel soll ich mit Geld anfangen?«
    »Na ja. Sie könnten vielleicht eine Reise machen. Sie und eine Pflegeperson.« Rod lächelte die Frau an, die mit verschränkten Armen hinter Pike stand.
    »Kann nicht reisen. Anweisung des Arztes. Die Leber könnte … versagen.«
    Rod lächelte verlegen. »Na ja.«
    »Das haben Sie schon mal gesagt. Sind Sie senil?«
    »Nein, Sir.« Rod räusperte sich. »Soweit ich informiert bin, war das Grundstück bereits seit etlichen Generationen im Besitz der Familie Ihrer Frau, ist das richtig?«
    »Ja.«
    »Mr. Pike, wir sind davon überzeugt, dass die Redhook-Gruppe zum weiteren Wachstum von Comtosook beitragen kann, indem wir Ihr Land zur Förderung der Wirtschaft des Ortes nutzen.«
    »Ihr wollt da Geschäfte hinsetzen.«
    »Jawohl, Sir, das haben wir vor.«
    »Baut ihr auch einen Laden, in dem man Bagels kriegt?«
    Rod blinzelte verblüfft. »Ich glaube nicht, dass Mr. Redhook das schon so genau weiß.«
    »Baut einen. Ich mag Bagels.«
    Rod schob den Scheck erneut über den Tisch, diesmal zusammen mit dem Vertrag. »Mr. Pike, wir können gar nichts bauen, solange ich nicht hier Ihre Unterschrift habe.«
    Pike starrte ihn lange an, dann griff er nach einem Stift. Rod stieß den angehaltenen Atem aus. »Die Eigentumsurkunde läuft auf den Namen Ihrer Frau? Cecelia Pike?«
    »Es hat Cissy gehört.«
    »Und das … was die Abenaki behaupten … ist da irgendetwas dran?«
    Pikes Fingerknöchel wurden weiß vor Anspannung. »Auf dem Land gibt es keinen Indianerfriedhof.« Er sah zu Rod hoch. »Ich kann Sie nicht leiden.«
    »Den Eindruck habe ich auch, Sir.«
    »Der einzige Grund, warum ich das hier unterschreibe, ist der, dass ich das Land lieber weggebe, als erleben zu müssen, dass es an den Staat fällt.«
    Rod rollte den unterschriebenen Vertrag zusammen und trommelte damit auf den Tisch. »So!«, sagte er. »Wir werden die offenen Fragen prüfen und die Transaktion dann hoffentlich möglichst bald über die Bühne bringen.«
    »Bevor ich sterbe, meinen Sie«, sagte Pike trocken, während Rod sich sein Jackett anzog. »Wollen Sie nicht noch zu unseren Gesellschaftsspielen bleiben? Oder zum Lunch … ich hab gehört, heute gibt es Wackelpudding.« Er lachte, und es klang wie eine Säge in Rods Rücken. »Mr. van Vleet … was

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