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Zeit der Gespenster

Zeit der Gespenster

Titel: Zeit der Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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geschieht mit dem Haus?«
    »Um die Wahrheit zu sagen, es befindet sich nicht gerade in einem guten Zustand«, sagte Rod vorsichtig. »Es könnte sein, dass wir einige … Änderungen vornehmen müssen. Mehr Platz schaffen, wissen Sie, für Ihren Hamburger-Imbiss.«
    »Bagels.« Pike runzelte die Stirn. »Ihr reißt es also ab.«
    »Leider ja.«
    »Ist auch besser so«, sagte der Alte. »Zu viele Gespenster.«

    Die einzige Tankstelle von Comtosook gehörte zu dem Gemischtwarenladen. Zwei Zapfsäulen aus den Fünfzigerjahren standen auf dem Parkplatz, und Rod brauchte gut fünf Minuten, bis er begriff, dass es tatsächlich keinen Schlitz für seine Kreditkarte gab. Er schob die Zapfpistole in den Tank, holte sein Handy heraus und wählte eine der eingespeicherten Nummern. »Angel-Steinbruch«, meldete sich eine weibliche Stimme.
    Rod schüttelte den Kopf. »Ich wollte die Nummer 617-569 …«
    »Tja, da haben Sie sich wohl verwählt.« Klick.
    Verdutzt steckte er sein Handy wieder ein und füllte noch ein paar Liter in den Tank. Dann griff er nach seinem Portemonnaie und ging auf den Laden zu, um zu bezahlen.
    Ein Mann mittleren Alters mit karottenrotem Haar stand auf der Veranda und fegte etwas zusammen, das aussah wie Blütenblätter. Rod blickte zu dem Schild über der Tür – ABE’S STORE – und dann wieder zu dem Ladenbesitzer. »Sind Sie Abe?«
    »Richtig geraten.«
    »Haben Sie ein öffentliches Telefon?«
    Abe deutete in eine Ecke der Veranda. Dort stand ein Fernsprecher, direkt neben einem betrunkenen Alten, der keine Anstalten machte, zur Seite zu gehen. Rod tippte eine Nummer ein und spürte dabei die ganze Zeit die Blicke des Ladenbesitzers im Rücken. »Angel-Steinbruch«, hörte er gleich darauf.
    Er knallte den Hörer auf und starrte ihn an. Abe bewegte sich beim Fegen auf Rod zu. »Probleme?«, fragte er.
    »Da stimmt anscheinend irgendwas mit den Telefonleitungen nicht.« Rod fischte einen Zwanziger für das Benzin aus seinem Portemonnaie.
    »Kann sein. Oder die Indianer haben doch recht – dass auf dem ganzen Ort ein Fluch liegt, wenn sie ihr Land nicht zurückbekommen.«
    Rod verdrehte die Augen. Er war schon fast wieder bei seinem Wagen, als ihm Spencer Pikes Bemerkung mit den Gespenstern wieder einfiel. Er drehte sich um und wollte Abe danach fragen, aber der Mann war verschwunden. Sein Besen lehnte an dem ramponierten Verandageländer, und mit jedem Lufthauch flogen Blütenblätter aus dem zusammengefegten Haufen auf, wie Wünsche.
    Plötzlich hielt ein Wagen auf der anderen Seite der Zapfsäulen. Ein Mann mit schulterlangem braunen Haar und beunruhigenden seegrünen Augen stieg aus und reckte sich, bis sein Rücken knackte. »Entschuldigen Sie«, sagte er, »wissen Sie, wo Shelby Wakeman wohnt?«
    Rod schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht von hier.«
    Er wusste nicht, warum er das tat, aber er schaute in den Rückspiegel, als er wieder im Wagen saß. Der Mann stand noch immer da. Dann klingelte Rods Handy. Er zog es aus der Brusttasche, klappte es auf. »Van Vleet.«
    »Angel-Steinbruch«, sagte die Frau am anderen Ende, als hätte er sie angerufen, als wäre das ganz normal.
    »Ich komm ja schon«, murmelte Shelby, als das Klopfen an der Haustür lauter wurde. Es war erst elf Uhr morgens. Wenn dieser Trottel Ethan aufgeweckt hatte … Sie band sich das Haar zu einem Pferdeschwanz hoch und blinzelte in die Sonne, als sie die Tür öffnete. Er hatte das Tageslicht im Rücken, und im ersten Moment erkannte sie ihn nicht.
    »Shel?«
    Vor zwei Jahren hatte sie Ross zuletzt gesehen. Sie sahen sich noch immer ähnlich – die gleiche schlaksige Figur, der gleiche intensive, helle Blick, von dem die meisten Menschen sich schwer lösen konnten. Aber Ross war dünner geworden, und er hatte langes Haar. Und ach, die Ringe unter seinen Augen waren noch dunkler als ihre eigenen.
    »Ich hab dich geweckt«, entschuldigte er sich. »Ich kann auch später …«
    »Komm schon her«, unterbrach Shelby ihn und schlang die Arme um ihren kleinen Bruder.

    »Geh wieder ins Bett«, drängte Ross, nachdem Shelby ihn fast eine Stunde bemuttert hatte. »Bald braucht Ethan dich wieder.«
    »Ethan wird dich brauchen«, verbesserte Shelby ihn. »Sobald er merkt, dass du da bist, ist es mit deiner Ruhe vorbei.« Sie legte einen Stapel Handtücher an das Fußende des Gästebettes und umarmte ihn. »Und du kannst natürlich so lange bleiben, wie du willst.« Er vergrub das Gesicht an ihrer Schulter und schloß die

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