Zeit der Rache - Zeit der Liebe
aus dem strengen Knoten in ihrem Nacken gelöst hatte, atmete sie ein letztes Mal tief durch. Dies war ihre große Chance. Sie würde das Ansehen der Familie Prentice in der Geschäftswelt wiederherstellen und dafür sorgen, dass ihr Vater nach all den Jahren seinen Stolz zurückbekam.
Nachdem Saskia leise an die Holztür geklopft hatte, öffnete sie sie.
Sonnenlicht fiel durch das große Fenster und blendete sie für einen Moment. Saskia blinzelte überrascht, als sie dann feststellte, dass sie wider Erwarten nicht alle Vorstandsmitglieder sah, sondern nur den Vorsitzenden. Da er am Kopfende saß, zeichnete sich seine Silhouette gegen das helle Licht ab, und seine Miene war unergründlich. Obwohl der Raum angenehm temperiert war, fröstelte es Saskia plötzlich.
„Ah, Miss Prentice … Saskia “, begrüßte er sie leise und bedeutete ihr, ihm gegenüber Platz zu nehmen. „Vielen Dank, dass Sie gekommen sind.“
Sie antwortete automatisch, während sie weiter blinzelte. Ein unbehagliches Gefühl beschlich sie.
Irgendetwas stimmte hier nicht.
Sir Rodney Krieg war ein Hüne mit einer dröhnenden Stimme, aber an diesem Tag klang er beinah sanft, was er sonst nie tat. Und wo steckten die anderen Vorstandsmitglieder? Warum waren sie nicht anwesend?
Der Vorsitzende stieß einen langen, beinah resignierten Seufzer aus. „Sie wissen, dass wir bei der Planung dieser Sitzung vorhatten, Sie offiziell zur Chefredakteurin zu ernennen?“
Saskia nickte. Da ihr die Kehle wie zugeschnürt war, brachte sie kein Wort über die Lippen. Seine Worte dämpften ihre anfängliche Euphorie.
„Leider mussten wir unsere Pläne etwas ändern.“
„Das verstehe ich nicht“, brachte sie hervor, während sie die Enttäuschung zu unterdrücken versuchte, die sie überkam. Trotzdem hielt sie beharrlich an ihren Träumen fest. Vielleicht zögerte sich das Ganze nur hinaus?
Es sei denn, man hatte den Job doch Carmen gegeben …
„Hat der Vorstand beschlossen, Carmen zur Chefredakteurin zu machen?“
Sir Rodney schüttelte den Kopf, und sekundenlang war Saskia erleichtert.
„Oder zumindest noch nicht“, fügte er hinzu.
Erneut schwand ihre Hoffnung.
Doch sie wollte sich nicht kampflos geschlagen geben. So einfach würde sie sich nicht wegnehmen lassen, wofür sie so hart gearbeitet hatte. Während Saskia sich zwang zu antworten, flammte Wut in ihr auf. „Was soll das heißen, ‚noch nicht‘? Was ist passiert? Erst vor zwei Tagen haben Sie mir gesagt …“
Er brachte sie zum Schweigen, indem er die Hand erhob. „Ich gebe zu, dass es gegen die Vorschriften verstößt, aber Carmen hat von einem Vorstandsmitglied einen Tipp bekommen und es beeinflusst …“
Saskia erstarrte. Carmen hatte also von der Entscheidung des Vorstands gehört und beschlossen, sie aus dem Feld zu schlagen? Saskia wollte Carmen nichts unterstellen, konnte sich allerdings ausmalen, auf welche Art und Weise diese das Vorstandsmitglied für sich eingenommen hatte, wenn sie die Stelle unbedingt haben wollte.
„Und um es kurz zu machen“, fuhr Sir Rodney fort. „Der Vorstand ist übereingekommen, dass man die Entscheidung, wer Chefredakteurin wird, nicht übereilen sollte.“
„Davon kann wohl kaum die Rede sein“, protestierte Saskia. „Der Vorstand verhandelt schon seit einem Jahr darüber.“
„Trotzdem haben wir jedoch den Eindruck, dass Carmen womöglich recht hat. Sie haben in dieser Zeit an verschiedenen Projekten gearbeitet. Vielleicht hatte Carmen noch nicht die Möglichkeit, ihr Potenzial voll zu entwickeln.“
Beinah hätte sie einen verächtlichen Laut ausgestoßen, doch sie musste an ihren Traum von dem kleinen Cottage auf dem Land denken, der nun wie eine Seifenblase zu zerplatzen drohte. Was sollte sie bloß ihrem Vater sagen? Er hatte sich so darauf gefreut, aus der Stadt wegzuziehen. Da sein Gesundheitszustand sich zunehmend verschlechterte, konnte er schon in wenigen Jahren bettlägerig sein. Sie konnte es sich nicht leisten, ihre Pläne aufzuschieben, geschweige denn sich diese Chance entgehen zu lassen.
„Und was passiert jetzt?“, fragte sie. Sie war sehr deprimiert, weil sie so hart gearbeitet hatte und die Beförderung zum Greifen nah gewesen war. Dass man ihr diese nun verweigerte, war mehr als unfair. „Wie lange braucht der Vorstand voraussichtlich, um eine Entscheidung zu fällen?“
„Ah. Das hängt einzig und allein von Ihnen ab – und natürlich von Carmen.“
Saskia zog eine Augenbraue hoch. „Was soll
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