Zeit der Sinnlichkeit
hereinzulassen.«
»Wie bitte, Sir?«
»In Euer Zimmer.«
»Die Vögel in das Zimmer zu lassen?«
»In Euer Zimmer!«
»Mein Zimmer?«
»Ja. Ich schenke Euch das Zimmer. Es gehört Euch. Bis meine Regierungszeit zu Ende ist und ein neues Zeitalter beginnt. Bis dahin sei es Euch wiedergegeben – für das Leben, das Ihr gerettet habt, und dafür, daß Ihr ein Mann geworden seid. Es ist Euer Zimmer, Ihr könnt kommen und gehen, wie es Euch beliebt, und ich werde es Euch niemals wegnehmen.«
Seht Ihr mich jetzt?
Ich bin in dem Zimmer.
Ich stehe in meinem zerrissenen, weißen Nachthemd in dem weißen Zimmer.
Merivel. So, wie er war. Seht Ihr ihn? Er trägt keine Perücke. Es juckt ihn unter den Schweineborsten. Er legt eine Hand an seine Wange und entdeckt einen Kuchenkrümel.
Doch ich denke nicht an ihn. In diesem hohen, weißen Raum kehren meine Gedanken zu Margaret zurück. Ich halte sie im Arm, nehme ihr das Häubchen ab und küsse sie sanft auf ihre feuerroten Locken. Sie quiekst und strampelt und pustet mir Spuckebläschen ins Gesicht, und dann streckt sie eine ihrer dicken, kleinen Hände aus und greift nach meiner Nase.
Ich lache, nehme ihre Hand weg und trage sie zu einem der Fenster, wo wir das Gurren der Tauben hören können. Ich hebe sie hoch und zeige ihr die große Weite des Parks, den ich einmal als wilde, zügellose gelb-grüne Linien und dunkle braun-purpurne Flecken gesehen hatte, und über ihm steht die Sonne, die mir in Ermangelung eines Zeitmessers sagt, daß es Mittag am schönsten Aprilmorgen meines Lebens ist.
Ich weiß nicht, wie lange ich in dem Zimmer bleibe. Vielleicht bricht, als Ihr den letzten Blick auf mich werft, schon die Dämmerung herein. Ich wickle Margaret fester in ihr Tuch, denn es wird jetzt kühl, und wir gehen zusammen zur Tür. »Morgen«, sage ich zu ihr, »muß ich weiter nach Whittlesea. Doch schon sehr bald – bevor du laufen gelernt hast und bevor ich zu schwach geworden bin, um die Treppe hochzusteigen – bringe ich dich hierher zurück.«
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