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Zeit des Lavendels (German Edition)

Zeit des Lavendels (German Edition)

Titel: Zeit des Lavendels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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vordringen. Nur manchmal spürte sie die kleine Hand von Giorgio, der sie liebevoll streichelte. Dann lächelte sie ein wenig. Doch auch dieses Lächeln barg eine Welt der Verzweiflung.
    Irgendwie gingen die Tage dahin. Wie durch ein Wunder war Magdalena von Hausen noch am Leben, aber sicher nicht durch meine Heilkunst. Ich konnte nur ihren Körper pflegen, und das Fieber sank auch. Doch die Krankheit und der Tod lagen in ihrer Seele. So wusste ich mir am Ende nur einen Rat. Ich würde sie nach Basel zu ihrer Schwester bringen, zur energischen, praktischen, klugen Genoveva Rischac her. Sie hatte ihr schon einmal geholfen.
    Es war bereits Oktober, als wir in Basel ankamen; ein wunderschöner, goldener Oktober. Das Laub der Bäume auf den runden Hügeln, die sich aus dem breiten Rheintal in die Höhe wanden, schillerte im Sonnenlicht in herrlichen Farben. Dunkles und helles Rot, Gelb, Gold wechselten sich mit dem satten Grün der Tannen und dem helleren der gemähten Hangwiesen ab. Die Natur hatte ihren Pinsel ausgepackt, ihre verschwenderischsten Kleider angelegt, als wolle sie uns willkommen heißen. Die bunt getupften Hügel, das breite Band des Stromes, der ruhig dahinfloss — es war ein Bild wie von höherer Hand gemalt. »Gottes gesegnetes Land«, dachte ich.
    Doch Magdalena von Hausen 'sah dies alles nicht, auch wenn Giorgio noch so entzückt plapperte. Er hatte unsere Sprache inzwischen recht gut gelernt. Er war ein liebenswerter, großherziger kleiner Junge, der viel Schlimmes erlebt hatte. Aber sein kindlicher Selbsterhaltungstrieb war stärker gewesen. Mit rührender Liebe hing er an Magdalena von Hausen.
    Das fröhliche, lebhafte Treiben im Rischacher'schen Hause nahm uns schon bald gefangen. Es gab kein Entkommen. Lachen, Freundlichkeit, strahlende Kinderaugen: Giorgio fühlte sich in Basel schnell heimisch. Die Rischacher'schen Buben nahmen ihn sofort als einen der ihren auf. Und mir wurde das Herz warm, als ich den Buben zum ersten Mal aus vollem Halse lachen hörte. Er hatte schon so früh ein Mann sein müssen. Es tat gut, zu sehen, dass er noch ein Kind sein konnte. Die Jungen hatten einen Igel im Garten gefunden und untersuchten ihn genau. Sie kreischten vor Vergnügen, als sie ihn schließlich wieder freiließen, er sich entrollte und mit seinen kleinen Beinchen so schnell wie möglich davontappte, auf der Suche nach einem Ort für seinen Winterschlaf. Dabei brummte und schnaubte er vor Empörung.
    An Magdalena von Hausen schien dies alles vorbeizugehen. Genoveva Rischacher machte das allmählich zornig. Eines Abends wurde ich zufällig Zeugin eines Gespräches zwischen den Schwestern.
    »Hör endlich auf, dich selbst zu bedauern. Was geschehen ist, ist geschehen. Was verlangst du eigentlich? Gott hat doch nichts anderes getan als das, was du immer wolltest. Er hat dich zurückgefordert. Ihm hattest du in deiner Jugend dein Leben geweiht, nicht einem Mann. Nun, da du deine Pflicht Ihm gegenüber tun könntest, verleugnest du Ihn. Gott lässt sich nicht betrügen. Auch nicht von dir, Magdalena. Es ist leicht, an Ihn zu glauben, wenn alles gut geht. Und noch leichter, Ihn zu verleugnen und zu verfluchen, wenn die Dinge nicht so gut laufen. Ich hätte dich nicht für so kleingläubig gehalten. Hat Er dir nicht auch gleichzeitig etwas geschenkt? Die Zuneigung eines kleinen Jungen, einer einsamen Kinderseele, die alle Liebe braucht, die du ihm geben kannst? Der kleine Giorgio vertraut dir, betet dich förmlich an als seine Retterin. Du hast kein Recht, dieses Geschenk Gottes zurückzuweisen, nur, weil du mit deinem eigenen Leben und deinem eigenen Glauben nicht zurechtkommst. Schwester, wach endlich auf aus deinem traurigen Schlaf! Schau dich um! Sieh, mit welcher Pracht die Natur sich zum Sterben anschickt. Doch dann wird sie wieder erwachen, mit neuem Grün, jungen Tieren. Das Leben lässt sich nicht verleugnen. Es ist da, überall um dich herum. Sieh es an, nimm es nur wahr. Und dann preise die Macht des Herrn. Denn er hat dies alles geschaffen, er ist in jedem Ding, selbst im geringsten. Warum also sollte er nicht auch für dich da sein?
    Hör auf mit deinen Zweifeln. Das ist nichts als hochmütige Vermessenheit.«
    Ich habe Genoveva Rischacher noch nie eine so lange Rede halten hören. Der Zorn in ihrer Stimme war ebenso deutlich wie die Liebe und die Sorge um ihre Schwester. Irgendwie schien sie zu Magdalena von Hausen durchgedrungen zu sein. Die frühere Äbtissin des Stiftes Seggingen sagte

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