Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim
achten, dass am Ufer alles in Ordnung war, er würde es merken, wenn sich Unbefugte auf dem Grundstück herumtrieben.
Selbstverständlich würden in den Villen Sicherheitsanlagen installiert werden, das wusste ich, obwohl die Häuser bisher nur auf den Zeichenblättern des Architekten existierten.
Wir gingen ans Ufer. Ein kleiner Birkenwald bot Schutz vor dem Wind, und hinter den Uferfelsen erstreckte sich der weite, saubere See. Ripatti wiederholte noch einmal, dass ich eine Sondergenehmigung für die Uferbebauung bekommen würde, das habe er sich von der Kommune bestätigen lassen.
Ich auch.
Wir fuhren zurück in das Ortszentrum. Die Hauptstraße verlief über einen zum Ufer abfallenden Hügel und war von einigen würfelförmigen Supermärkten und Banken gesäumt, ausnahmslos aus Betonelementen gefertigt. Dazwischen waren wie aus Versehen einige schöne alte Häuser stehen geblieben, und die Holzkirche schlummerte friedlich hinter einer Steinmauer.
Ich hielt vor einer der Banken. Wir hatten uns hier getroffen, und Ripatti hatte seinen Wagen auf dem Parkplatz der Bank zurückgelassen, auf einem Stellplatz, der dem Schild zufolge für die Mitarbeiter reserviert war.
Viljo Ripatti war mit Leib und Seele Kunde der Genossenschaftsbank. Auf der Fahrt hatte er ausgiebig über seinen Werdegang als Landwirt gesprochen und das vorsichtige Verhalten seiner Bank in den Turbulenzen der Kasinowirtschaft gepriesen. Jetzt marschierte er geradewegs in das Büro des Filialleiters, rief den Schalterangestellten kurz zu, der Kaufabschluss sei getätigt und der Termin reserviert.
Der Filialleiter war ein junger Mann, breitbügelige Brille, das Hemd ein wenig zu kariert für die gestreifte Krawatte. Seine Haare hatte er mit irgendeinem Gel so verklebt, dass sie in allen Richtungen vom Kopf abstanden. Der Leiter gab Ripatti die Hand, als fürchte er, das Alter sei eine ansteckende Krankheit, hielt ihm nur schlapp die Finger hin und zog sie gleich wieder zurück. Mich musterte er mit größerem Interesse, schnupperte, ob ich nach Reichtümern roch oder zumindest nach einem Mann, der über Geld verfügte.
»Ich sehe mal nach, ob die Mädchen die Papiere schon fertig haben«, sagte er und ging in die Schalterhalle. Ich dachte bei mir, dass er vermutlich gar nicht fähig war, den Kaufvertrag selbst aufzusetzen, nicht einmal anhand einerfertigen Vorlage. Spätestens beim Ausdrucken würde es Probleme geben, einen Papierstau oder Ähnliches, und er müsste den EDV-Experten aus dem Pausenraum holen.
Der junge Filialleiter kehrte zurück, versicherte, die Papiere seien gleich fertig, und fragte, ob uns ein Kaffee schmecken würde. Ich lehnte dankend ab. Ich rechnete damit, dass der Mann über Hedgefonds, die Finanzkrise in den USA und die unzureichende Leitzinssenkung des FED plaudern und Begriffe einstreuen würde, die man am Ufer des Saimaa-Sees nur brauchte, wenn man das Handelsblatt las.
Na ja, internationalen Handel treiben wir hier ja auch, dachte ich schließlich versöhnlich.
Ein etwa fünfzigjähriges »Mädchen« brachte die Unterlagen, erläuterte sachkundig den Inhalt der Bögen und kreuzte die Stellen an, wo wir unterschreiben sollten. Ich vermutete, dass sie die kompetentere Führungskraft gewesen wäre. Der Leiter dankte der Frau, schickte sie weg und blätterte in den Papieren, als sähe er dergleichen zum ersten Mal.
»Scheint alles in Ordnung zu sein. Die Kaufsumme wurde dem Vorvertrag entsprechend auf ein Sperrkonto überwiesen …«
»Mir hätte ein Handschlag genügt«, warf Ripatti ein. Man sah dem Bauern an, dass er es gewöhnt war, sich ein wenig größer zu machen, den Rücken zu straffen und mit tiefer Stimme zu sprechen, der kleine Mann.
»Und Käufer ist die VH-Trading, sehen wir uns mal die Prokura an … Ja, in Ordnung, zeichnungsberechtigt ist Viktor Kärppä. Wenn ich noch einen Blick auf den Ausweis werfen dürfte …«, sagte der Filialleiter. »Nur eine Formalität, die Kärppä-Unternehmen sind mir ja bekannt. Ich war früher in Lappeenranta, in der Immobilienabteilung. Damals haben wir Ihnen ein ähnliches Ufergrundstück in Rautjärvi vermittelt. Stehen dort schon die Villen für die Urlauber aus dem Nachbarland?«, fragte er schmeichlerisch.
»Ja«, sagte ich und unterschrieb.
Ich ahnte, ohne hinzusehen, dass Viljo Ripattis Stift in der Luft verharrte, über dem letzten Bogen. Der Daumen des Landwirts knipste die Mine des Kugelschreibers rein und raus.
»Das hatte mein Traum also zu
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