Zeit des Zorn
ihnen schwule Priester Gehorsam einbläuen. Es sind
die netten Mexikaner, die sich sonntags herausputzen und nach der Messe in den
Park oder runter zum Hafen in Dana Point gehen und grillen. Sonntag ist der
mexikanische Ausgehtag, zu Jesus beten und Tortillas rumreichen, por favor.
Lado gehört nicht zu den netten Mexikanern.
Er
ist einer von den unheimlichen.
Früher war er Polizist im
Bundesstaat Baja California, seine Hände sind
groß, die Finger gebrochen und krumm, voller Narben von Klingen und Kugeln.
Tiefschwarze Augen, schwarz wie Obsidian. Er hat den Film von Mel Gibson über
das Mexiko zu Zeiten der Maya gesehen, als den Menschen die
Bäuche mit Klingen aus Obsidian aufgeschlitzt wurden, und seine viejos sagen, seine Augen sind
wie diese Klingen.
Früher gehörte Lado zu
den Los Zetas, einer
speziellen Antidrogeneinheit in Baja. Er überlebte die Drogenkriege
der Neunziger, sah viele Männer eines gewaltsamen Todes sterben, und nicht
wenige davon hat er selbst umgebracht. Er ließ jede Menge Dealer hochgehen,
schleppte sie in dunkle Seitenstraßen und brachte sie dazu, ihre Geheimnisse
preiszugeben.
Die Fernsehberichte über
die »Folter« im Irak und in Afghanistan findet er zum Lachen. Waterboarding
wurde in Mexiko schon praktiziert, bevor Lado überhaupt zu denken anfing,
nur dass kein Wasser, sondern Coca-Cola verwendet wurde - die Kohlensäure
verlieh dem Verfahren einen gewissen Pfiff und motivierte die Dealer, munter
drauflos zu blubbern.
Inzwischen ermittelt der
Kongress der Vereinigten Staaten.
Gegen
wen? Gegen die Welt? Das Leben?
Gegen
das, was sich zwischen Menschen abspielt?
Wie sonst soll man einen
bösen Mann dazu bringen, die Wahrheit zu sagen? Soll man ihn anlächeln, ihm
Sandwiches und Zigaretten bringen und mit ihm Freundschaft schließen? Er wird
zurücklächeln, einem ins Gesicht lügen und sich denken, was für ein cabrón man doch ist.
Aber das war damals,
früher, bevor er und die anderen Zefas keine Lust mehr hatten, Drogendepots
auszuheben und trotzdem kein Geld damit zu verdienen, sich den Arsch aufzureißen
und zu verrecken, während die Dealer reich wurden, bevor sie sich's versahen.
Lados Augen sind kalt wie Stein?
Vielleicht, weil sie
gesehen haben, wie ...
Er mit eigenen Händen
eine Kettensäge hielt
Und einem Mann den Hals
damit durchtrennte und Blut spritzte.
Deine
Augen wären auch hart. Deine Augen würden versteinern.
Ein paar der sieben
Männer bettelten, heulten, flehten zu Gott und ihren Mamas, sie sagten, sie
hätten Familien, und pissten sich in die Hosen. Andere sagten nichts, starrten
in stiller Resignation vor sich hin, was Lado für den typisch mexikanischen
Gemütszustand schlechthin hält. Unheil wird kommen, die Frage ist nur, wann.
Das hätten sie gleich auf die Flagge schreiben sollen.
Er ist froh, El Norte zu
sein.
Und jetzt ist er auf der
Suche nach diesem Jungen, Esteban.
Esteban lebt in der großen Wohnsiedlung und ist grundsätzlich wissbegierig.
Er hat Fragen an die
Anglo-Welt.
Ihr wollt, dass ich
arbeite? Euren Rasen mähe? Euren Pool sauber halte, eure Burger wende, Tacos brate? Sind wir deshalb hergekommen? Haben wir dafür die Schlepper bezahlt?
Sind unter Zäunen durchgekrochen und durch die Wüste marschiert?
Ihr wollt, dass ich einer
von den guten Mexikanern bin, einer von denen, die hart arbeiten, in die Kirche
gehen, ihre Familie wertschätzen, sich sonntags in die besten Klamotten werfen
und mit ihren Cousins und Cousinen über die breiten sonnenverbrannten
Boulevards in einen nach Chavez benannten Park schlendern, einer von den
bescheidenen Tacofressern, den alle lieben und respektieren und mit weniger als
dem Mindestlohn abspeisen?
So wie mein Papi!
Noch vor Sonnenaufgang
fährt er mit seinem Pick-up los, hinten ragen die Rechen raus, er stutzt den
Rasen der güeros, damit er schön grün und hübsch
aussieht. Abends kommt er so scheißmüde nach Hause, dass er nicht mal mehr
reden will, er will nur noch essen, ein Bier trinken und schlafen. Das macht er
an sechs Tagen der Woche, nur sonntags hält er inne und ist, wie sich das
gehört, als bescheidener Tacomexikaner unterwegs und stopft sein Geld, das er
im Schweiße seines Angesichts verdient hat, Gott und den schwulen Priestern in
den Rachen. Sonntag ist Papis großer Tag, er zieht ein sauberes weißes Hemd an,
eine saubere weiße Hose (ohne Grasflecken an den Knien), Schuhe, die er nur
einmal die Woche aus dem Schrank holt und mit einem sauberen Tuch poliert,
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