Zeit des Zorn
und
geht mit seiner Familie in die Kirche, und nach der Kirche gehen sie zusammen
mit allen Onkeln und Tanten, den tíos und tías, sowie allen Cousins und
Cousinen in den Park und grillen carne und pollo und lächeln ihre hübschen
Töchter in ihren hübschen Sonntagskleidchen an, und das ist so sterbenslangweilig,
dass Esteban durchdrehen würde, wenn er sich nach der Kirche
nicht kurz verdrücken und zum Runterkommen ein paar Züge nehmen, den süßen
Rauch einsaugen würde.
Oder wie mi
madre? Die
arbeitet in Hotels, macht die Klos der güeros sauber, schrubbt deren
Scheiße und Kotze aus den Schüsseln. Ständig rutscht sie auf Knien rum, wenn
nicht auf Badezimmerfliesen, dann auf der Kirchenbank. Eine fromme Frau, riecht
immer nach Putzmitteln.
Esteban hat mal eine Zeit lang an einem von Machados Taco-Ständen gearbeitet. Hat sich
den Arsch aufgerissen, beim Zwiebelnschälen, Abwaschen, Müll rausbringen, und
wozu? Für ein Taschengeld. Dann hat ihn Papi bei
einem von Mr. Arroyos Gärtnerteams untergebracht. Besseres Geld, aber
Knochenarbeit und arschlangweilig.
Aber Esteban braucht die Kohle.
Lourdes ist schwanger.
Wie ist das passiert?
Natürlich weiß er wie.
Eines Sonntagnachmittags hat er sie in einem ihrer hübschen weißen Kleidchen
gesehen. Ihre schwarzen Augen mit den langen schwarzen Wimpern und ihre Brüste
unter dem Kleid. Er ist hingegangen und hat mit ihr gesprochen, hat sie
angelächelt, ist zum Grill gegangen und hat ihr was zu essen gebracht. Hat nett
mit ihr geredet, sich auch freundlich mit ihrer Mutter, ihrem Vater, ihren
Cousins und Cousinen und ihren Onkeln und Tanten unterhalten.
Sie gehörte zu den braven
Mädchen, war noch Jungfrau, vielleicht hat ihn das so angezogen, sie war keine
von den Schlampen, die sich in Banden rumtreiben und vor jedem in die Knie
gehen.
Drei Monate lang ist er
immer wieder bei ihr vorbeigekommen, drei Monate, bis die Familie sie endlich
miteinander alleine ließ, und dann noch drei Monate, in denen er sie an heißen,
quälenden Nachmittagen zu Hause besuchte, wenn ihre Eltern arbeiten und ihre
Brüder und Schwestern sonstwo waren. Manchmal gingen sie auch in den Park oder
runter zum Strand. Zwei Monate lang nur küssen, bis sie ihm erlaubte, ihre titas zu berühren, noch ein
paar Wochen länger, bis er zum ersten Mal seine Hand in ihre Jeans schieben
durfte. Ihm gefiel, was er dort fand; oh Mann, und ihr auch.
Sie sagte seinen Namen
und er war verliebt.
Esteban verachtet sie nicht, er liebt sie, er will sie heiraten, das hat er ihr
versprochen. Eines Abends unter einem Baum neben dem Parkplatz holte sie ihm
dann einen runter - pobrecito -,
sein Sperma auf ihrem warmen braunen Schenkel, aber es war klar, dass es
passieren würde, dass er da reinkommen würde, wenn sie erst mal die Hose
runterließ. Er war so nah dran, dass er nicht anders konnte und sie auch nicht.
Nach drei Monaten ließ sie ihn bei sich zu Hause im Bett endlich ran, und er
konnte nicht mehr aufhören, bis er in ihr gekommen war.
Jetzt müssen sie
heiraten.
Das ist gut, das ist
okay. Er liebt sie, er will das Baby, er hofft, dass es ein Junge wird - ein
Mann wird zum Mann, wenn er einen Sohn zeugt -, aber er braucht Geld.
Also ist es gut, dass Lado kommt.
Papis jefe gehört
die Gartenbaufirma, für die Estebans Vater arbeitet. Aber er hat noch mehr am
Laufen.
Sehr viel mehr.
Er ist Gatekeeper des
Baja-Kartells in Südkalifornien.
Ein gefürchteter und
geachteter Mann.
Er hat Esteban Arbeit gegeben. Nichts im Garten. Erst mal nur Kleinigkeiten. Überbring eine
Nachricht, steh Schmiere, begleite eine Lieferung, behalt die Ecke im Auge.
Kleinigkeiten, aber Esteban hat's gut gemacht.
Esteban sieht ihn kommen, blickt sich kurz um und steigt in den Wagen.
Mit den Anwälten und den
Drogenkartellen funktioniert das folgendermaßen.
Wenn man im Auftrag eines
Kartells Drogen vertickt und auffliegt, schickt einem das Kartell einen Anwalt.
Niemand erwartet, dass man dichthält und Geheimnisse wahrt, man darf ruhig mit
den Bullen kooperieren, wenn man dadurch freikommt oder mit einer kürzeren
Haftstrafe rechnen kann. Man muss sich nur mit dem vom Kartell bestellten
Anwalt hinsetzen und ihm genau erzählen, was man den Cops erzählt, damit das
Kartell alle notwendigen Maßnahmen einleiten kann.
Das ist reine Zahlenspielerei.
Man engagiert einen
Anwalt und bezahlt ihn, egal ob man gewinnt oder verliert. Man rechnet damit,
verurteilt zu werden; die Frage ist nur, wie lange man
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