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Zeitbombe Internet

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Titel: Zeitbombe Internet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fischermann
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jeweils eine nationale Gesetzgebung greifen, dann haben rechtsstaatliche Regulierung und Aufsicht durch die jeweiligen Nationalstaaten eine Chance.
    Das heißt auch anzuerkennen, dass unterschiedliche nationale Rechtsauffassungen – wie es sie immer schon auf der Welt gegeben hat zwischen Ost und West, Nord und Süd, Diktaturen und Demokratien – in der Struktur des Netzes abgebildet werden. China und eine Handvoll anderer Diktaturen haben damit längst begonnen: Das freie Internet endet an ihren Staatsgrenzen, wo alle Daten erst einmal Inspektions-, Kontroll- und Zensurinstanzen im Dienste der nationalen Sicherheit durchlaufen.
    Demokratische Nationen des Westens haben hingegen ein legitimes Interesse daran, eine gewisse Souveränität des Staates über das Datennetz in ihren nationalen Grenzen zu sichern: zum Zwecke des Jugendschutzes zum Beispiel und der Finanzaufsicht, des Verbraucherschutzes und des Schutzes gegen Kriminelle, der Besteuerung und der öffentlichen Sicherheit. Es liegt in der Natur des Internets, dass dies nicht komplett und perfekt zu lösen ist – vor allem dann nicht, wenn andere Länder nicht mitspielen. Doch die Politik ist nicht hilflos. Das Durchleiten von Daten in andere Länder
mag eines Tages von internationalen Verträgen gesteuert sein: Nur wenn Französisch-Guyana damit anfängt, kriminelle Hacker auf seinem Grund und Boden zu verfolgen, dann erlauben wir den Austausch geschäftlicher E-Mails, eBay-Deals und Onlinehandel mit Leuten aus Französisch-Guyana. Unrealistisch? Von wegen: In anderen Bereichen der internationalen Zusammenarbeit – vom Waffenhandel über Schiffs- und Flugzeugzulassungen bis zum grenzüberschreitenden Bankverkehr – wird das seit Jahrzehnten so ähnlich gehandhabt.
    Eine andere Fraktion von Internetreformern will das Netz noch auf eine weitere Weise in Einzelteile zerlegen – allerdings nicht geografisch. Sie wollen mehrere Netze für unterschiedliche Aufgaben daraus machen.
    Das klassische Beispiel, das in solchen Fällen herangezogen wird, ist die Praxis beim technischen US-Geheimdienst NSA. Eine der wenigen Dinge, die über das Innenleben der NSA bekannt sind, ist: Es gibt dort zwei Computernetze, und auf vielen Arbeitsplätzen stehen dafür sogar zwei Computer mit zwei Bildschirmen. Einer mit rotem Rand und einer mit grünem Rand.
    Die roten Computer sind an ein öffentliches Netz angeschlossen, das ungefähr dem Firmennetz in einem Konzern entspricht: Man kann damit Datenbanken aufrufen, mit Kollegen kommunizieren und im Internet surfen. Die grünen Computer bilden ein ausschließlich internes Netz, auf dem geheime Unterlagen und hochsensible Dokumente bearbeitet werden können. Auch viele Militäreinrichtungen unterhalten eine ähnliche Trennung. Solange das grüne Netz komplett von dem roten Netz getrennt bleibt, so lautet das Ziel, sind auch die Daten sicherer vor Spähern von außen, eingeschleusten Schadprogrammen und neugierigen, aber unbefugten Mitarbeitern.
    Ein rotes Netz und ein grünes Netz – das könnte nach den Vorstellungen einiger Vordenker auch die Zukunft des Internet sein. Es ist ja kaum vorstellbar, dass Akademiker, Computerfreaks und die Entwickler neuer Dienste künftig komplett auf die offenen Strukturen, die weltweiten Kommunikationsmöglichkeiten,
die Anonymität und das chaotisch-gefährliche Durcheinander des bisherigen Internets verzichten wollten. Dafür kann und soll es weiterhin ein »rotes« Internet geben.
    Doch für viele andere Funktionen, für kommerzielle Nutzungen wie das Abonnement von Filmen und den Kauf von Musik, für sensible Aufgaben wie das Homebanking und die Fernsteuerung des Heizungsboilers, wäre ein streng abgeriegeltes paralleles Netz nützlicher. Eines, in dem drakonische Zugangskontrollen unbefugte Eindringlinge zurückhalten, in dem jeder Absender einer Nachricht sich eindeutig ausweisen muss und in dem überhaupt nur eine sehr reduzierte Zahl von Funktionen ausgeführt werden kann.
    Unrealistisch? Reine Zukunftsmusik? Genau genommen findet diese Zweiteilung sogar schon statt – und sie wird von einigen der mächtigsten Player der Netzwirtschaft forciert.
    Als die Firma Apple 2007 das iPhone einführte, das seither einen Siegeszug um die Welt antrat und jetzt von allen anderen Handyfirmen nachgemacht wird, war eine der wichtigsten Innovationen die Geschlossenheit des

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