Zeitbombe Internet
Etliche seiner Zertifikate waren bei einem Hackerangriff abhanden gekommen. Die Täter sollen aus dem Iran stammen. In welchem Umfang damit Missbrauch betrieben wurde, ist bisher nicht bekannt.
So kommt ihr nicht davon: Die Gegenbewegung
Wenn es eine echte technische Lösung für kriminelle Ãbergriffe nicht gibt â was soll man dann tun?
Karen McCarthy, die New Yorker Kleinunternehmerin mit dem gehackten Firmenkonto will zurückschlagen. Sie will wissen, warum ihr Virenschutz versagt hat. Sie will wissen, warum ihre Bank nichts gegen den Diebstahl unternahm. Und sie steht in ihrem Kampf längst nicht mehr allein.
Vor einigen Monaten hat Karen McCarthy eine Internetseite namens YourMoneyIsNotSafeInTheBank.org eingerichtet (»Das Projekt zum Anprangern von Cyberplünderungen«). Sie hat eine Lobbygruppe mit ins Leben gerufen, die den US-Kongress zum Handeln zwingen soll.
Eigentlich wollte McCarthy zunächst anders vorgehen: Mit einer Klage gegen ihre Bank. Wie man das in den USA so macht. Doch schnell besann sie sich eines Besseren. Klagen sei in Amerika zu teuer, sagt sie. Als die TD Bank in Vermont ein Sicherheitsseminar über »Cyber Security« veranstaltete, tauchte McCarthy dort auf und erzählte ihre Geschichte. »Diese Party habe ich gestoppt«, sagt sie, »das hat aber leider sonst keine Konsequenzen ausgelöst.« Seither haben sich viele Leute bei McCarthy gemeldet und von ähnlichen Schicksalen berichtet. Ein Designer von Werbe- und Türschildern,
der durch einen Cybereinbruch bei der Bank of Stockton fast 100.000 Dollar verloren haben will. Ein Schuldistrikt in Colorado, wo viele Male kleinere Summen per Onlinebanking von den Konten abgebucht wurden. Ein Zahnarzt in Missouri, der 200.000 Dollar verlor. Ein Autoteilehändler in Gainesville, Georgia (75.000 Dollar). Die Katholische Diözese in Des Moines, Iowa (600.000 Dollar).
So ist die kleine Marketingfirma aus dem New Yorker Vorort Massapequa zu einer Art Zentrale des Krawalls gegen die Unwägbarkeiten des Internet geworden. McCarthy und ihre Leidensgenossen sind sich einig: So geht es nicht weiter mit dem Internet. Die Banken müssen das Onlinebanking so sicher machen, dass solche Verbrechen nicht mehr passieren. Und wenn das nicht klappt, dann müssen sie die Bequemlichkeiten und Kostenersparnisse des Onlinebanking per Internet eben aufgeben und es durch persönliche Anrufe, penible Kontrollen oder gar persönliche Vorsprachen in der Bank ersetzen.
Eigentlich sollte man meinen: Es gibt jetzt genügend Warnzeichen. Irgendwer müsste anfangen, unseren Umgang mit dieser brüchigen Infrastruktur namens Internet grundsätzlich zu überdenken. Allen voran sollten die Banken das tun. Oder Microsoft. Oder Regierungen. Oder die groÃen Konzerne dieser Welt, gemeinsam.
In Wirklichkeit passiert das Gegenteil. Die Konstruktionsprinzipien des Internet bleiben unverändert â stattdessen werden nur gerade noch viel, viel mehr Menschen und Dinge daran angeschlossen.
Und offen gesagt: Die Sache wird gerade lebensgefährlich.
3. Cyberkrieg im Heizungskeller â Wenn Hacker unseren Alltag ruinieren und die Infrastruktur gefährden
Bernhard Fenn weià genau, wo in seinem Keller die Lauscher sitzen. Er geht voraus, die Treppe hinab, dem Geruch frisch gewaschener Wäsche entgegen. Als Bernhard Fenn den Sicherungskasten in der Wand öffnet, scheppert es kurz und blechern, dann fällt der Blick auf zwei Stromzähler.
Grelles, orangefarbenes Plastik. Silbrig-schwarze Ziffernanzeigen wie auf einer zu groà geratenen Digitaluhr. Keine Drehscheibe, kein roter Punkt. Im Keller der Fenns hängen Stromzähler der ganz modernen Art. Sogenannte »Smart Meter«.
Der linke Stromzähler misst den Verbrauch der Elektroheizung, der rechte ist für alle anderen elektrischen Geräte da. »Solche digitalen Zähler sind alleine genommen nichts Besonderes mehr«, sagt Fenn. »Davon sind inzwischen schon mehr als 30.000 in ganz Deutschland registriert!« Nein, das Besondere sind in seinem Sicherungskasten die zwei schwarzen Antennenstümpfe, jeder knapp zehn Zentimeter lang, die gleich über den Stromzählern in die Luft ragen. Alle paar Sekunden senden sie ein paar Details in eine ferne Zentrale. Ist die Waschmaschine angegangen? Hat jemand den Toaster eingeschaltet? Ist der Boiler in Sparstellung? Lässt der Durchlauferhitzer ein heiÃes Bad einlaufen?
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