Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)
zu den hölzernen Deckenbalken. Qualm trieb in Schwaden durch die Halle und vernebelte die Sicht.
Jetzt roch es eindeutig nach Rauch!
Es dauerte einen Augenblick, bis ich kapiert hatte, was hier gerade geschah. Wir waren an dem Feuer schuld! Und dabei waren wir doch mit dem Auftrag gekommen, es zu verhindern! Fassungslos starrte ich den brennenden Vorhang an.
Sebastiano riss ihn aus der Halterung und trampelte in einer Art verrücktem Stepptanz darauf herum, doch die Flammen sprangen auf einen Teppich über und setzten ihn ebenfalls in Brand.
»Höchste Zeit für Teil zwei. Ich hole das Fuhrwerk.« Sebastiano rannte zur Haustür. »Bring Turner nach draußen!«, rief er mir noch über die Schulter zu, bevor er in der Nacht verschwand.
»Mr Turner?« Suchend blickte ich mich um, sah jedoch nur Rauch und Feuer. »Sir? Sir, Sie müssen sich in Sicherheit bringen!«
»Vater!«, hörte ich ihn irgendwo am anderen Ende der Halle rufen. »Vater, wo bist du?«
Ich drückte mir meinen spitzenverzierten Ärmel vors Gesicht und stolperte kreuz und quer durch die Halle, doch bei dem Rauch konnte man kaum was sehen. Nur wenig später tauchte wie aus dem Nichts Sebastiano vor mir auf, in jeder Hand einen vollen Eimer, die er nacheinander auskippte, direkt auf den brennenden Teppich, worauf die Flammen auf einen Schlag verloschen. Gott sei Dank! Er hatte es geschafft!
Doch das war ganz offensichtlich ein Irrtum.
»Wir brauchen mehr Wasser!«, rief Sebastiano. »Du musst mir löschen helfen! Im Obergeschoss!« Und schon war er wieder weg. Ich raffte mit beiden Händen mein Kleid und lief ihm nach, vorbei an Mr Turner, der endlich seinen Vater gefunden und ihn zur offenen Haustür geführt hatte, wo die beiden nach Luft schnappend stehen geblieben waren.
»Wer ist dieses blonde Mädchen?«, wollte der alte Mann von Mr Turner wissen. »Und warum läuft sie in unserem Haus herum? Ist sie eine neue Bekanntschaft von dir?«
»Sie dürfen nicht wieder hinein, und schon gar nicht nach oben!«, japste ich im Vorbeirennen. »Denn da brennt es auch!«
»Fürwahr, ein liebliches Geschöpf«, hörte ich den Alten sagen. »Wenngleich sie etwas in Eile zu sein scheint.«
Das Fuhrwerk kam rumpelnd um die Ecke gerollt, Sebastiano brachte den Gaul direkt vor dem Haus zum Stehen und sprang vom Kutschbock. Auf der Ladefläche stand José neben einem offenen Fass und füllte mehrere Kübel mit Wasser. Zwei davon reichte er Sebastiano, einen dritten drückte er mir in die Hand. Sein hageres, zerfurchtes Gesicht war ausdruckslos, genau wie sein Auge, mit dem er alles im Blick hatte. Das andere Auge war wie immer unter der schwarzen Klappe verborgen, die ihm das Aussehen eines alten, aber noch kampftüchtigen Piraten verlieh.
Sebastiano rannte mit den zwei randvollen Wassereimern ins Haus, und ich folgte ihm mit meinem überschwappenden Kübel, allerdings deutlich langsamer. Das war einer jener Augenblicke, in denen ich mir eingestehen musste, dass ich, wenn es drauf ankam, nur halb so effizient arbeitete wie Sebastiano. Er konnte zwei volle Wassereimer tragen, ich bloß einen. Und außerdem rannte er doppelt so schnell die Treppe hoch. Zum Teil lag das natürlich daran, dass ich ständig über den Saum meines Kleides stolperte. Es sah zwar toll aus, vor allem die schöne Spitze an den Ärmeln und am Ausschnitt, aber für einen rustikalen Feuerwehreinsatz war es eindeutig zu lang.
Schnaufend erreichte ich den ersten Stock, wo ich den Eimer durch einen mit persischen Teppichen ausgelegten Gang schleppte, bis ich unversehens von Mr Turner überholt wurde, der sich ebenfalls zwei volle Kübel bei José abgeholt hatte. Aus einem Zimmer am Ende des Flurs drangen Rauchwolken. Mr Turner stolperte mit seinen beiden Eimern hinein, und ich folgte ihm ohne zu zögern, obwohl ich kaum noch Luft bekam.
In dem von Qualm erfüllten Zimmer erkannte ich schemenhaft die Gestalten von Sebastiano und Mr Turner, und dazwischen flackernde Flammen. Gleich darauf ertönte ein Zischen: Mr Turner schüttete in hohem Bogen Wasser ins Feuer, und Sebastiano nahm mir den Kübel aus der Hand und tat es ihm gleich, dann stürzte er zum Fenster und riss es weit auf.
»Geschafft!«, rief er, laut genug, dass José es unten auf der Straße hören konnte. Der Brand war gelöscht.
»Komm her!«, befahl Sebastiano mir. »Hier ist frische Luft. Atme nichts von dem Rauch ein, hörst du!«
Ich nickte hustend und taumelte an seine Seite, um tief Luft zu holen. Es war dunkel im
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