Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)
Prolog
Ich war eine Greisin. Zumindest dem Alter nach, denn seit meiner Geburt waren über 100 Jahre vergangen. Da ich jedoch mit 25 Jahren in eine Vampirin verwandelt wurde, sah man mir dies nicht an.
Der Vampir, der für meine Verwandlung verantwortlich war, hieß Giles. Ich hatte ihn zunächst für einen Feind gehalten und erst spät begriffen, dass er so gehandelt hatte, um mein Leben zu retten. Bald darauf hatten wir uns ineinander verliebt, was mich jedoch nicht davon abgehalten hatte, mich erneut mit ihm zu überwerfen. Mittlerweile wusste ich, dass ich Giles unrecht getan hatte, doch da hatte ich ihn bereits verloren.
Die Sybarites hingegen waren in der Tat meine Feinde. Für die Vampirsekte stand der Genuss menschlichen Blutes im Vordergrund und sie zelebrierten ihn auf die dekadenteste und abscheulichste Weise. Wer sich ihnen nicht anschließen wollte oder sich gar – wie meine Freunde und ich – nur von tierischem Blut ernährte, den verachteten und bekämpften sie.
Mein Plan, etwas gegen die grausamen Machenschaften der Sybarites zu unternehmen, hatte Giles und mich einst entzweit, doch ich war noch nicht so ganz bereit von dem Vorhaben abzulassen. Meine Freundin Maddy unterstützte mich dabei. In ihr hatte ich eine Gefährtin gefunden, auf die ich mich stets verlassen konnte, die mich aber dennoch auch sanft kritisierte, wenn es mal nötig war. Nachdem wir mit Francisco und Miguel zwei weitere Mitstreiter im Feldzug gegen die Sybarites aufgetan hatten, war es uns tatsächlich gelungen, uns als neue Mitglieder in die Sekte einzuschleusen. Zu diesem Zweck hatten Francisco und ich uns als Liebespaar ausgeben müssen und schon bald war aus dem Spiel Ernst geworden. Diese Affäre mit Francisco vereinfachte mein Gefühlsleben zwar nicht gerade, doch gab sie mir auch die Kraft, meine Maskerade vor den Sybarites aufrechtzuerhalten.
Jene Kraft hatte ich nicht zuletzt bei dem Festbankett benötigt, welches die Sybarites zu Ehren unserer Aufnahme in ihren Reihen veranstaltet hatten. Zu unserem Aufnahmeritual hatte es gehört, vor den Augen aller Mitglieder eine Jungfrau – unser sogenanntes Gastgeschenk – komplett auszusaugen. Und wenngleich es uns auch gelungen war, für diese Aufgabe zwar noch unberührte, aber dennoch keineswegs unschuldige Opfer aufzutreiben, so wussten wir gleichwohl, dass dies erst der Auftakt einer Reihe von Grausamkeiten mit unserer Beteiligung sein würde.
Bündnis
Am Morgen nach unserer Aufnahme bei den Sybarites besuchten uns Francisco und Miguel, um mit uns die Geschehnisse des Festbanketts zu besprechen.
»Sonderlich viele neue Informationen hat uns ja der gestrige Abend nicht unbedingt gebracht«, eröffnete ich das Gespräch.
»Hast du das erwartet?«, fragte Francisco überrascht. »Es war doch klar, dass wir zunächst einmal diese Aufnahmefeierlichkeiten über uns ergehen lassen mussten.«
»Ich weiß«, entgegnete ich missmutig. »Aber die ganze Verstellung angesichts dieser Abscheulichkeiten wäre mir ein wenig leichter gefallen, wenn wir wenigstens schon etwas mehr über die Organisation der Sybarites hätten erfahren können.«
»Immerhin sind wir ja alle morgen im Jardin du Luxembourg mit dem Marquis de Momboisse verabredet. Und er hat versprochen, uns alle ausführlich über die ›Freuden und Genüsse‹ der Sybarite-Mitgliedschaft zu unterrichten«, erklärte Maddy beschwichtigend.
»Richtig. Und da der Duc de Longueville ihn angewiesen hat, uns mit jeglicher Information, ›nach der es uns gelüstet‹, zu versorgen, können wir ihn mit unseren Fragen regelrecht löchern«, pflichtete Miguel ihr bei.
»Meinst du nicht, dass ihn das misstrauisch machen wird?«, gab Francisco zu bedenken.
»Nun, in deinem Fall vielleicht schon«, schaltete ich mich ein, »da du dich früher ja so oft dagegen gewehrt hast, ein Sybarit zu werden. Aber wenn Maddy und ich ihm wieder mit naiver Einfalt begegnen, wird er unsere Fragen für begeisterte Neugierde halten.«
Francisco sah mich ernst an. »Du weißt aber, dass dies wiederum viel Theaterspiel von dir verlangt?«, fragte er.
Ich seufzte resigniert. »Ich weiß. Aber uns allen war klar, dass wir jetzt auf lange Zeit sehr viel Theater spielen müssen.«
»Dann lasst uns besprechen, welche Informationen wir Momboisse entlocken wollen«, verkündete Miguel entschlossen. »Ich denke, zuallererst ist es wichtig, mehr über die Rangfolge und hierarchischen Strukturen der Organisation herauszufinden, nicht wahr?
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