ZEITLOS (German Edition)
nur die Bewilligung der beantragten Fördergelder zeigen. Wir können mit dem neuen Projekt beginnen.«
»Wunderbar, das hatte ich mir nach deinem Kommentar von heute Vormittag schon gedacht und eine Liste mit Stichpunkten habe ich schon geschrieben, damit du dich darauf vorbereiten kannst. Genaueres folgt noch.«
»Und, wo ist diese Liste?«
»Tja, gute Frage.« Er ging noch einmal zum Schrank, in dem er seine Garderobe aufbewahrte und durchwühlte seine altertümliche Aktentasche. »Na, also! Wusste ich’s doch, dass ich sie heute schon einmal in der Hand gehalten habe.« Er hielt die Kieler Nachrichten in der Hand, aus deren einem Ende der linierte Notizzettel lugte.«
»Das hab ich jetzt aber nicht gesehen – in der Zeitung! Um ein Haar hättest du ihn weggeworfen.«
»Sei nicht so streng mit mir, ich hab schließlich noch mehr im Kopf, da kann so etwas schon einmal passieren.«
»Wie gut, dass wir nicht in der Rüstungsindustrie arbeiten, da wärst du ein fulminantes Sicherheitsrisiko!«
»Rüstungsindustrie«, erboste er sich, »das wäre wohl so ungefähr die letzte Branche, für die ich arbeiten würde. Außerdem sind wir schon seit Jahren zu gläsernen Menschen geworden. Du kennst meine Meinung dazu. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen!« Die Einstellung kannte sie wirklich. Er schien von dem Gedanken besessen, dass Geheimhaltung im Zeitalter der Computer nicht mehr möglich wäre. Sie hatte schon einmal nachgeforscht, ob er in Ostdeutschland geboren war, denn dann hätte sie sich seinen Verfolgungswahn schlüssig erklären können, aber nein, sie fand heraus, dass er in Hannover geboren und aufgewachsen war. Sie teilte seine Auffassungen zu diesem Thema nicht, hielt sich aber klug zurück, denn das war eines seiner Reizthemen, die man besser vermied.
Während er die Zeitung zurück in die Tasche stopfte, überflog Nele die handgeschriebene Notiz. Zum Glück konnte sie seine Schrift mittlerweile entziffern, die meisten Kollegen hielten sie für Hieroglyphen. Mit dem Finger fuhr sie über die einzelnen Positionen, während sich in ihrem analytischen Verstand erste Ideen einstellten.
Ihre Lippen formten tonlose Worte, das war ihre Eigenart des lautlosen Selbstgesprächs. »Meine Güte«, hörte sie ihn sagen und sah auf. »Die hatte ich ja ganz vergessen, wollte sie schon vorgestern auf unseren Server laden.« Er hielt eine DVD in der Hand.
»Was ist denn da drauf?«
»Du kennst doch meine Vorbehalte unserem Servernetz gegenüber, deshalb speichere ich viele Dinge in meinem häuslichen Büro ab. Leider ist man dort auch nicht vor unvorhergesehenen Störungen sicher. Mein Backup-Speicher hat vorige Woche den Geist aufgegeben und mein Laptop macht auch schon Sperenzchen. Ich muss ihn wohl wieder einmal platt machen und ganz neu aufbauen. Und nun wäre es mir lieber die Arbeitsdaten und Endauswertungen des letzten Projekts, das fast abgeschlossen ist, hier auf unseren Server zu laden. Könntest du das bitte gleich übernehmen?« Sie nickte und nahm ihm die Silberscheibe aus der Hand. Bevor sie die DVD ins Laufwerk legte, sah sie noch einmal prüfend im Gegenlicht auf die Datenoberfläche. »Na, ganz einwandfrei ist die nicht. Was hast du damit gemacht?«
»Sie ist mir runter gefallen und beim Aufheben hab ich sie versehentlich mit dem Fuß unter den Schrank gefegt, wo sie sich unter einem der Stellfüße verklemmte.«
»Und da hast du sie mit Gewalt wieder hervorgezogen, stimmt’s? Ich glaube, die ist unbrauchbar.«
»Rede nichts herbei! Ich habe im Augenblick keine Möglichkeit eine neue zu erstellen. Versuch es einfach!« Sie hatte Glück, der Datenträger wurde erkannt. Markus sah ihr über die Schulter. »Na, also – du immer mit deiner Unkerei! Leg einen neuen Ordner an und benenne ihn Projektabschluss Cluster-5. Du kannst auf alles kopieren gehen und das dahinein übertragen.« Nele gab die erforderlichen Tastaturbefehle ein und der Fortschrittsbalken arbeitete sich langsam voran, noch 5:35 Minuten. »Na, mir scheint, da hast du Glück gehabt. Du weißt doch, wie empfindlich die Dinger auf Verunreinigungen und leichteste Beschädigungen reagieren.«
»Ist eben alles keine alltagstaugliche Technik mehr, viel zu empfindlich.«
»Nur für Grobmotoriker wie dir.«
»Danke, danke, deshalb lasse ich ja dich diese filigrane Arbeit machen.« Nele beugte sich vor, der Fortschrittsbalken stand bei 4:24 still. Nichts rührte sich. »Mist, es geht nicht weiter. «
»Brich ab und versuche es einfach
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