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Zeitlos

Zeitlos

Titel: Zeitlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Finnings
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Studenten durften sich über ihre Semesterferien freuen. Nicht für alle bedeutete es die Freizeit in vollen Zügen genießen zu können. Viele der mehr als zweitausend Studierenden aus über einhundert Ländern machten in dieser Zeit unerledigte Hausaufgaben, trafen Vorbereitungen für den Beginn des Wintersemesters oder gingen jobben, um ihr Budget aufzubessern.
    Nele freute sich auf diese Zeit immer ganz besonders. Endlich hatte sie wieder Gelegenheit noch nicht zu Ende gebrachte Arbeiten und Protokolle auszuwerten und sich ihren eigenen Forschungen zu widmen.
    Ihre Doktorarbeit hatte sie einem Thema aus dem Bereich der Nanowissenschaften gewidmet. Vor zwei Jahren war diese Arbeit mit einem magna cum laude bewertet worden. Ihr Dissertations-Thema überschnitt sich mit Forschungen, die Professor Stettner betrieb, weshalb er sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin vorschlug.
    Obwohl sie Männern gegenüber eine distanzierte Haltung einnahm, hätte sie sich niemals vorstellen können, eine Frau als Chefin zu haben. Das hing sicher mit ihren androgynen Wesenszügen zusammen, die man ihr gern nachsagte. Mit Markus kam sie gut zurecht, sie respektierte seine hohe Fachkompetenz und glücklicherweise war er auch ein umgänglicher, motivierender Chef, zwar ein wenig zerstreut, wie es sich für einen ordentlichen Hochschulprofessor gehörte, jedoch niemals arrogant. Auf dem Weg zu ihrer eigenen Habilitation, die sie in einigen Jahren anstrebte, würde diese Stelle eine blendende Ausgangsposition darstellen.
     
    Sie begegnete ihrem Chef im Flur, der im Eiltempo an ihr vorüber hastete. »Guten Morgen Nele, ich bin auf dem Weg zur Vorlesung, könntest du bitte um elf Uhr in mein Büro kommen? Ich habe bemerkenswerte Neuigkeiten!«
    »Geht klar , ich werde….«
    Er verschwand bereits um die nächste Ecke. Na, wunderbar! Das konnte nur eins bedeuten, dass die beantragten Fördergelder endlich bewilligt worden waren. Von dieser guten Nachricht beflügelt, betrat sie den Lift, der sie zum Labor in die zwölfte Etage hinaufbringen würde.
    Sie wartete Punkt elf Uhr vor seinem Büro. Markus verspätete sich um acht Minuten. »Entschuldigung, Nele, ich wurde aufgehalten«
    »Macht doch nichts«, log sie und verzog die Mundwinkel zu einem Lächeln.
    Er schloss die Tür auf und sie gingen hinein. Das kleine Büro war vollgestopft mit Bergen von Ordnern, Endloscomputerlisten und Schnellheftern. Die Längsseite des Büros bestand aus einem deckenhohen Bücherregal. Auf der Fensterbank stand eine Kaffeemaschine zwischen Ordnerstapeln, daneben gab es ein kleines Handwaschbecken. Hinter dem Schreibtisch standen, wie aufgereiht, mehrere Monitore und Desktops auf einer langen Konsole. »Setz dich!« Nele nahm einen Stoß Papiere von dem Besucherstuhl und hielt ihn fragend in den Händen. »Leg das dort hin, aber pass auf, dass nichts durcheinander gerät!« Nele musste schmunzeln, denn für sie sah es jedes Mal so aus, als ob bereits alles durcheinander war. Sie wusste jedoch um seine Macken und darum, dass er fast immer wusste, in welchem der unzähligen Stapel sich welche Papiere befanden, weshalb es immer heikel war, eigenmächtig und ungefragt die Lage dieser Stapel zu verändern.
    Als sie saß, fiel ihr Blick auf den Wandkalender, der immer noch den alten Monat anzeigte, obwohl der schon seit einer Woche abgelaufen war. Sie stand noch einmal auf, um ihn auf den neuesten Stand zu bringen. Sie klappte ihn um. Das neue Juni-Bildmotiv zeigte das Atomgitter monokristallinen Siliziums. Die perfekte Ordnung des Gitters schien dem allgegenwärtigen Chaos in diesem Büro trotzig die Stirn bieten zu wollen. Markus sah es und bemerkte ihr Tun mit belustigtem Grinsen. »Ich habe gewusst, dass du das als erstes tun würdest.
    »Ach, tatsächlich? Du weißt, dass ich anders strukturiert bin als du. Ich würde in einem solchen Durcheinander, wie hier, in deinem Büro, total den Überblick verlieren.«
    »Wahrer Genius erkennt selbst im Chaos, die ihm innewohnende Ordnung.« Sie seufzte, solche Wortgeplänkel liebte er. Während er noch hantierte und einen Stapel Papier durchsah, fiel ihr Blick auf den Silberrahmen auf seinem Schreibtisch, der ihn mit seiner Familie im Garten zeigte. Allerdings musste es schon einige Jahre alt sein, denn Svenja saß noch in der Karre.
    Markus suchte immer noch. Sie konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen: »Wie war das doch gleich mit dem Genius?«
    »Ja, ja, der Vorführeffekt. Du hast gewonnen, ich wollte dir

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