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Zeitlose Zeit

Zeitlose Zeit

Titel: Zeitlose Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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erlebte. Niemand konnte es. Ein Instinkt, der primitivste Antrieb, und gleichzeitig der edelste und vielschichtigste. Beides zugleich.
Und die Ironie dabei ist, dachte er, daß die Leute sagen, Gott habe nie gewollt, daß wir durch den Weltraum reisen.
Die ›Lunies‹ haben recht, denn sie wissen, daß es nichts damit zu tun hat, wie gewinnbringend die Erzkonzessionen sein werden. Wir tun nur so, als schürften wir Erz auf dem Mond. Es ist keine politische Frage, nicht einmal eine ethische. Aber du mußt etwas antworten, wenn sie dich fragen. Du mußt so tun, als wüßtest du Bescheid.
Eine Woche lang hatte er in den warmen Mineralbädern auf der Venus gebadet, in Roosevelt Hot Springs. Dann war er auf die Erde zurückgebracht worden. Und kurz danach hatte er angefangen, immer wieder an seine Kindheit zu denken. An die friedliche Zeit, als sein Vater im Wohnzimmer die Zeitung gelesen hatte, während die Kinder sich im Fernsehen ›Captain Kangaroo‹ ansahen. Als die Mutter den neuen Volkswagen gesteuert hatte und die Nachrichten im Radio nicht von Krieg sprachen, sondern von den ersten Erdsatelliten und den Hoffnungen auf Atomkraft für friedliche Zwecke.
Vor den großen Streiks und Wirtschaftskrisen und Unruhen, die später kamen.
Das war seine letzte Erinnerung: die fünfziger Jahre. Und eines Tages hatte er sich dorthin zurückversetzt gesehen. Das war ihm großartig erschienen. Ein atemberaubendes Wunder. Schlagartig verschwanden die Sirenen, die KL-Gebäude, Konflikt und Haß, die Aufkleber ›Glückliche Welt‹. Die Soldaten, die den ganzen Tag um ihn waren, die Angst vor dem nächsten Raketenangriff, der Druck und die Anspannung, und vor allem der Zweifel, der sie alle bedrückte. Die schreckliche Schuld eines Bürgerkrieges mit immer größerer Brutalität. Bruder gegen Bruder. Familie gegen sich selbst.
    Ein Volkswagen rollte heran und hielt. Eine sehr hübsche, lächelnde Frau stieg aus und sagte: »Können wir dann heimfahren?«
Wirklich ein vernünftiges, kleines Auto, dachte er. Guter Kauf. Hoher Wiederverkaufswert.
»So ungefähr«, sagte er zu seiner Mutter.
»Ich möchte noch etwas im Drugstore einkaufen«, sagte sein Vater und schloß die Wagentür.
Elektrorasierer im Sonderangebot, der alte wurde für sieben Dollar fünfzig in Zahlung genommen, dachte er, als seine Eltern ins Einkaufszentrum gingen. Die Freude des Kaufens. Über ihm die Neonschriften. Er ging auf dem Parkplatz herum, vorbei an den langen, pastellfarbenen Autos, las die Angebote in den Schaufenstern. Schilling-Kaffee 69 Cent. Mensch, dachte er. Prima.
Er sah die Waren, die Autos, die Leute. Was es da alles zu sehen gibt, war zu untersuchen. Praktisch ein Jahrmarkt. Im Lebensmittelgeschäft kostenlose Proben Käse. Gelber Käse auf einem Tablett. Umsonst. Die Aufregung. Er betrat den Laden und griff nach einer Probe, mit zitternder Hand. Die Frau, die den Käse anbot, lächelte.
»Wie sagt man?«
»Danke«, sagte er.
»Gefällt dir das?« fragte die Frau. »In den Läden herumzuwandern, während deine Eltern einkaufen?«
»Klar«, sagte er kauend.
»Liegt es daran, daß du meinst, es gäbe hier alles, was man brauchen kann? Ein großer Laden, ein Supermarkt, ist eine Welt für sich.«
»Denke schon.«
»Also gibt es nichts zu fürchten«, sagte die Frau. »Keinen Grund, Angst zu haben. Du kannst aufatmen. Frieden finden.«
»Richtig«, sagte er, ein wenig erbost über die Befragung. Er schaute wieder auf das Tablett.
»In welcher Abteilung bist du jetzt?« fragte die Frau.
Er schaute sich um und sah, daß er in der Drogerieabteilung war. Zahnpasta, Zeitschriften, Sonnenbrillen, Hautcreme. Aber ich war doch in der Lebensmittelabteilung, dachte er erstaunt. Wo es die Kostproben gibt. Gibt es hier kostenlose Proben von Kaugummi und Bonbons? Das wäre fein.
    »Sie sehen, man hat mit Ihnen, mit Ihrem Gehirn nichts gemacht«, sagte die Frau. »Sie sind selbst zurückgeglitten. Eben jetzt auch, als Sie darüber gelesen haben. Sie wollten immer zurück.« Sie hatte kein Tablett mit Käseproben mehr. »Wissen Sie, wer ich bin?«
»Ich kenne Sie«, sagte er ausweichend, weil er sich nicht erinnern konnte.
»Ich bin Mrs. Keitelbein«, sagte die Frau.
»Richtig«, sagte er. Er entfernte sich. »Sie haben mir sehr geholfen«, sagte er dankbar.
»Sie lösen sich davon«, sagte Mrs. Keitelbein. »Aber es wird seine Zeit dauern. Der Druck ist stark. Der Druck, in die Vergangenheit zurückzukehren.«
    Am Samstag nachmittag drängten sich viele

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