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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Wellen wie der Verkehrslärm auf der Second Avenue; das ferne Geräusch des Lebens anderer Menschen, dem er in seinem Apartment stets mit Erfolg ausgewichen war. So war es jeden Morgen ein kleiner Schock für ihn, wenn er forschen Schritts das Haus verließ, nervös und gedankenverloren mit den Wagenschlüsseln spielte und plötzlich von der Palme in seine neue Realität zurückgestoßen wurde.
    An den Wochenenden war es leichter, sich daran zu erinnern, daß dies Kalifornien war. Dann sah er Pennys langes blondes Haar auf dem Kissen neben sich ausgebreitet. Die Woche über mußte sie früh zum Unterricht und ging, während er noch schlief. Sie bewegte sich so leise, daß sie ihn nie aufweckte. Jeden Morgen war es so, als wäre sie nie dagewesen. Sie ließ nie etwas liegen. Es blieb nicht einmal eine Vertiefung im Bett, in dem sie geschlafen hatte.
    Gordon ließ die klimpernden Schlüssel in die Tasche gleiten und ging an der Zinnkrauthecke vorbei, um auf die breiten Boulevards von La Jolla hinauszutreten. Auch das war ihm immer noch ein wenig fremd. Die Straßen waren breit genug, seinen 58er Chevy dort zu parken, und es blieb immer noch reichlich Raum für die beiden mittleren Fahrspuren. Die Straßen waren so groß wie die bebauten Grundstücke. Sie schienen der Landschaft ihren Stempel aufzudrücken; großzügige Tummelplätze für die dominierende Spezies: Autos. Verglichen mit der Second Avenue, die mehr wie ein Lüftungsschacht zwischen braunen Ziegelreihen wirkte, war das hier von extravaganter Maßlosigkeit. In New York hatte Gordon, wenn er die Treppe hinunterging, sich stets innerlich darauf einstellen müssen, daß Dutzende von Menschen um ihn herum waren, sobald er die Tür aus verdrahtetem Glas aufstieß. Sie bewegten sich hektisch, stellten wirbelndes Leben dar. Er konnte sich immer darauf verlassen, in diese menschliche Enge zu geraten. Hier dagegen: nichts. Nautilus Street war eine weiße Ebene, unbevölkert, die in der Morgensonne buk. Er stieg in seinen Chevy. Das Aufheulen des Motors zerbrach die Stille und schien in seinem Rückspiegel einen langen, niedrigen Chrysler herbeizuzaubern, der über die Anhöhe kam und mit surrendem Geräusch an ihm vorbeifuhr.
    Auf dem Weg zum Campus lenkte er mit einer Hand und drehte mit der anderen am Radio. Flüchtig glitt er über die disharmonischen Geräuschblöcke, die hier als Popmusik galten.
    Eigentlich bevorzugte er Folkmusik, hatte aber eine merkwürdige Sympathie für einige alte Songs von Buddy Holly; und er hatte sich kürzlich dabei ertappt, wie er unter der Dusche summte – Every day is agittin doser… Well, that’ll be the day… Er fand ein hochstimmiges Stück der Beach Boys und ließ den Knopf los. Die Tenortriller über Sand und Sonne beschrieben perfekt die Dia-Ansichten, die draußen vorbeihuschten. Er rollte den La Jolla Boulevard hinab und betrachtete die fernen kleinen Punkte, die auf einem sich langsam ausbreitenden Brandungsfächer ritten. Kinder, die unerklärlicherweise nicht in der Schule waren, obwohl der Unterricht schon vor zwei Wochen begonnen hatte.
    Unten angekommen, geriet er in eine langsame Schlange, die überwiegend aus großen schwarzen Lincolns und Cadillacs bestand. Er bremste ab und bemerkte neue Gebäude auf dem Mount Soledad. Die Erde war aufgerissen und terrassiert, Lastwagen krochen wie Insekten über den geschundenen Boden. Gordon lächelte verzerrt. Er wußte, selbst wenn er das Experiment erfolgreich abschloß, einen festen Lehrauftrag und dadurch ein höheres Gehalt bekam, könnte er sich trotzdem die Häuser aus Zedernholz und Glas nicht leisten, die einmal hier am Hang aufragen würden. Jedenfalls nicht, wenn er nicht nebenberuflich als Berater tätig wurde und an der Universität schnell Karriere machte, vielleicht auch noch eine Teilzeitanstellung als Dekan ergatterte, um seinen monatlichen Gehaltsscheck in die Höhe zu treiben. Aber das war so unwahrscheinlich wie sonst nur was.
    Er zog eine Grimasse hinter seinem dichten schwarzen Bart und legte einen höheren Gang ein, als das Dirt’s out, Tide’s in der Beach Boys verklang. Der Chevy steuerte mit einem vollen, kehligen Brummen auf die University of California in La Jolla zu.
     
    Geistesabwesend tippte Gordon auf das Dewarsche Gefäß mit flüssigem Stickstoff. Er versuchte zu überlegen, wie er seinen Wunsch formulieren sollte, und vage wurde ihm bewußt, daß er Albert Cooper einfach nicht leiden konnte. Eigentlich war er ein angenehmer Typ:

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