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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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noch Glück gehabt. So, und jetzt ist Zeit, daß Sie etwas essen.«
    »Essen?« fragte er entsetzt. Die Erinnerung an seine letzte Mahlzeit mit Laura ließ Übelkeit in ihm aufsteigen. »Schwester!«
    »Müssen Sie sich erbrechen?« Sie klang so heiter wie immer. Geschickt brachte sie die nierenförmige Schale unter seinem Kinn an und stützte seinen Kopf. Er würgte. Grünlicher Schleim rann über sein Kinn und hinterließ einen bitteren Geschmack in seinem Mund. Sein Magen schmerzte höllisch.
    »Nichts mehr drin, sehen Sie. So, und jetzt bleiben Sie ganz ruhig liegen und regen sich nicht mehr auf!«
    »Sie sagten ›essen‹«, keuchte er vorwurfsvoll.
    Sie lachte vergnügt. »Ja, das habe ich, aber ich habe nicht Essen gemeint. Es ist Zeit, Ihre IV-Flasche zu wechseln, das ist alles.«
    Er schloß die Augen. Sein Kopf pochte. Er hörte ihre geschäftigen Bewegungen. Dann schloß die Tür sich. Durch die Doppelglasfenster hörte er das feine Summen des Londoner Verkehrs. Wo war er eigentlich? Guy’s Hospital, vielleicht? Jetzt erinnerte er sich klarer. Es hatte ihn ganz plötzlich gepackt. Auf dem Heimweg hatte er sich prächtig gefühlt. Nach einigen Stunden Schlaf war er mit einem vagen Gefühl der Übelkeit aufgewacht und aufgestanden. Nach einigen Schritten packte ihn der lähmende Krampf. Er erinnerte sich, wie er verkrümmt auf dem Schlafzimmerboden lag, unfähig zu rufen. Er hatte kaum zu atmen gewagt. Sarah war natürlich ausgegangen. Er hätte sterben können, nahm er an, wenn die Haushälterin ihren freien Abend gehabt hätte.
    Als er aufwachte, fühlte er sich klarer. In seinem Kopf pochte ein langsamer Schmerz. Er läutete nach der Schwester. Jetzt kam eine andere, eine junge Inderin. Er wußte, daß er sich besser fühlte, als er sich dabei ertappte, wie er die Größe ihrer Brüste unter der weißen, gestärkten Tracht schätzte.
    »Wie fühlen Sie sich jetzt, Mr. Peterson?« fragte sie mit trällernder Stimme und beugte sich über ihn.
    »Besser. Wieviel Uhr ist es?«
    »Halb sechs.«
    »Ich hätte gern meine Uhr zurück. Und ich habe Hunger. Könnte ich etwas Leichtes essen?«
    »Ich erkundige mich, was erlaubt ist«, sagte sie und verließ leise das Zimmer.
    Mühsam brachte er sich in eine sitzende Haltung. Die Schwester kam mit einem Radio und einem Brief herein.
    »Sie hatten eine Besucherin, Mr. Peterson«, sagte sie lächelnd. »Sie wollte nicht bleiben, hat aber diese Notiz hinterlassen. Und Sie können etwas Fleischbrühe haben. Ich bin bald zurück.«
    Er erkannte Sarahs geschwungene Schrift auf dem Umschlag und öffnete ihn.
     
    Ian – Dir muß schrecklich langweilig sein. Ich kann Krankenhäuser nicht ausstehen, deshalb besuche ich Dich nicht, aber ich dachte, Du könntest das Radio brauchen. Freitag fliege ich nach Cannes. Ich hoffe, Dich vorher noch zu sehen. Wenn nicht, ruf mich an. Wahrscheinlich bin ich Mittwochabend zu Hause. Bis dann, Sarah.
     
    Er zerknüllte den Brief und warf ihn in den Papierkorb. Dann schaltete er das kleine, handliche Transistorradio ein. Auf allen Kanälen schien es nur Musik zu geben. Automatisch blickte er auf die Uhr und stellte fest, daß er sie nicht umhatte. Wieviel Uhr, hatte die Schwester gesagt, war es? Sein Magen gab ein lautes Gurgeln von sich. Plötzlich unterbrachen drei Pieptöne die Musik.
    »Hier ist BBC, viertes Programm«, sagte eine Frauenstimme, »mit den Sechs-Uhr-Nachrichten. Zuerst die Schlagzeilen: Fünfzig Menschen starben heute nach schweren Ausschreitungen in der Pariser Innenstadt. Ein Flugzeug der United Airlines von London nach Washington stürzte ab; alle Insassen wurden getötet. Die Blüte, die sich im Atlantik ausbreitet, wächst täglich um Meilen. Trotz eines Vetos der OPEC-Länder hat der Weltrat einen Energieplan gebilligt. Energieausfall von über sechs Stunden erzwang heute die Schließung von Fabriken in den Midlands. Der Vergleichskampf auf dem Lord’s Cricket Ground wurde abgesagt, nachdem zehn Mitglieder der australischen Mannschaft mit Lebensmittelvergiftung in die Klinik eingeliefert wurden. Das Wetter morgen: stellenweise sonnig, zunehmend stürmisch.« Eine Pause. »Aufrührerische französische Studenten wurden heute in Paris von Arbeitern unterstützt…«
    Peterson hörte nicht zu. Er fühlte sich beunruhigt. Die Schwester kam mit einem Tablett herein. Irgend etwas in den Nachrichten hatte ihn stutzen lassen, und er war sich nicht ganz sicher, was es war. Es mußte die Nachricht über die Blüte gewesen

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