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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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für Tachyonen in einer ebenen Raum-Zeit aus und wandte sie auf einen begrenzten Fall an. Er nickte. Da waren die vertrauten quantenmechanischen Wellengleichungen. Wohin sie führten, wußte er. Die Tachyonen konnten eine Wahrscheinlichkeitswelle hervorrufen, die in der Zeit vor und zurück reflektiert wurde. Die Gleichungen zeigten auf, wie diese Wellenfunktion pendelte, Vergangenheit -Zukunft, Zukunft – Vergangenheit. Ein Paradox einzuführen bedeutete, daß die Welle kein Ende hatte, sondern statt dessen die Struktur einer stehenden Welle bildete, wie die Kabelwellen um eine Mole, die Spitzen und Wellentäler veränderten, aber stets zurückkamen; eine ordnende Struktur auf der leeren Oberfläche des schäumenden Meers. Die einzige Methode, das Paradox zu lösen, war, die Struktur aufzubrechen; wie ein Schiff, das die Wellen durchschnitt und in seinem Kielwasser Strudel hinter sich herzog. Das Schiff war der klassische Beobachter. Aber jetzt fügte Markham die Wickham-Begriffe hinzu, machte die Gleichungen im Austausch der Tachyonen symmetrisch. Er durchstöberte seine Aktentasche nach dem Aufsatz von Gott, den Cathy ihm gegeben hatte. Hier: Eine Zeitsymmetrie, Tachyonenkosmologie von Materie und Antimaterie. Auf diesem Gebiet war alles Neuland. Aber Gotts Lösungen leuchteten ihm von dem Papier entgegen. Die Wheeler-Feynmann- Energien waren da, mischten die Lösungen vorgerückter und verzögerter Tachyonen mit nicht-euklidischen Summen. Markham blinzelte. Er saß unbewegt in seiner baumwollenen Stille. Seine Augen flogen über das Papier, seine Gedanken eilten voraus, um zu erkennen, wo die Gleichungen sich kreuzten und teilten und neue Ergebnisse hervorbrachten.
    Die Wellen standen still. Aber für das Schiff, den klassischen Beobachter, war kein Platz. In der althergebrachten Quantenmechanik herrschte die Vorstellung, den Rest des Universums zum Beobachter zu machen; es sollte die Wellen zwingen, zusammenzufallen. In den neuen Tensorbegriffen gab es diese Zuflucht nicht; sie ließen keine Möglichkeit, Universum als Ganzes zu einer Konstante zu machen, von der aus alle Dinge gemessen wurden. Nein, das Universum war fest eingeschlossen. Das Tachyonenfeld verknüpfte jedes Materiefragment mit jedem anderen. Weitere Teilchen in dieses Netzwerk einzuflechten, verschlimmerte alles nur. Die alten Quantentheoretiker, angefangen bei Heisenberg und Bohr, hatten an diesem Punkt metaphysische Vorstellungen einfließen lassen, erinnerte Markham sich. Die Wellenfunktion brach zusammen, und das war die unverrückbare Tatsache. Die Wahrscheinlichkeit, eine sichere Lösung zu bekommen, war proportional zur Amplitude jener Lösung innerhalb der vollständigen Welle, so daß man am Ende nur eine statistische Gewichtung des späteren Resultats eines Experiments erhält. Aber mit Tachyonen mußte dieses Stückchen Dialektik weichen. Die Wickham-Begriffe…
    Eine plötzliche Bewegung zog seinen Blick auf sich. Ein Passagier in der nächsten Reihe klammerte sich mit glasigen Augen an den Steward. Sein Gesicht war schmerzverzerrt. Ein aufgerissener Mund, fahle Lippen, braune Zähne. Sein Gesicht war mit rosa Flecken gesprenkelt. Markham zog die Ohrstöpsel heraus. Ein sprödes Kreischen schreckte ihn auf. Der Steward legte den Mann auf den Gang und hielt seine hektisch krallenden Hände fest. »Ich kann… kann nicht… atmen!« Beruhigend redete ein anderer Steward auf ihn ein. Der Mann zuckte in einem Krampf zusammen, seine Augen verdrehten sich. Die beiden Stewards trugen ihn an Markham vorbei. Von dem Kranken ging ein beißender Geruch aus. Markham verzog die Nase. Der Mann keuchte. Markham steckte die Stöpsel wieder in die Ohren.
    Erneut ergab er sich der einhüllenden Stille, nahm nur das beruhigende Summen der Motoren wahr. Ohne die Höhen und Tiefen des Schallpegels vermittelte die Welt ein ausgestopftes Schwammgefühl, als sei der Maxwellsche klassische Äther Realität und könne mit den Fingerspitzen erspürt werden. Einen Moment entspannte Markham sich und dachte darüber nach, wie sehr er diesen Zustand mochte. Konzentration auf ein verzwicktes Problem konnte einen Menschen in eine isolierte, feinkörnige Perspektive erheben. Es gab viele Dinge, die man nur aus einiger Entfernung wahrnehmen konnte. Seit seiner Kindheit hatte er dieses Gefühl des Freiwerdens angestrebt; das Gefühl, sich harmonisch aus der engen Zentrifuge der Welt zu lösen. Er hatte seinen versteckten Humor dazu benutzt, die Menschen auf Distanz zu

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