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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Die kosmetischen Illusionen verschlissen sich.
    Er sprach mit verschiedenen Mitgliedern der Physikabteilung, aber nirgends kam eine interessante Unterhaltung in Gang. Penny fand ein paar Literaturvertreter, während er ziellos von einer Gruppe zur anderen streifte. Die Leute von der Englischabteilung schienen bereits angetrunken zu sein, sie zitierten zeitgenössische Dichter und uralte Filme. Heitere, lässige Menschen waren versammelt, die er noch nie gesehen hatte; Goy-Prinzen, blond und unerträglich selbstsicher, die Art von Leuten, deren Kühlschränke mit Joghurt und Champagner vollgestopft waren. Er sah einen Besucher von Berkeley in der Menge, hochgewachsen und gepflegt gekleidet, ein Nobelpreisträger von vor einigen Jahren. Gordon war ihm schon einmal begegnet. Er drängte sich in den Halbkreis, der sich um den Mann gebildet hatte, und als der Blick des Preisträgers zu ihm wanderte, nickte er ihm zu. Die Augen setzten ihren Weg fort. Kein Nicken, nichts. Gordon stand da, einen Plastikbecher in der Hand, ein eingefrorenes Lächeln auf dem Gesicht. Die Augen kamen zurück. Keine Pause, kein Zeichen des Wiedererkennens. Mit rotem Kopf zog Gordon sich aus dem plappernden Halbkreis zurück. Vielleicht hat er mich nicht erkannt, dachte Gordon im Weggehen. Er füllte den Becher mit Wodka nach. Vielleicht aber auch doch.
    »Tolles Gesöff, was?« sagte ein Mann neben ihm. »Versuchen Sie mal, ganz schnell dreimal ›Spektroskopie‹ zu sagen!« Gordon versuchte es, ohne Erfolg. Der Mann hieß Book. Er war von General Atomic und erwies sich als weit freundlicher als die Leute von der Universität. Sie standen unter einem Schild mit der Aufschrift: WENN DU LESEN KANNST, VERDANKST DU ES EINEM LEHRER. Books Leichtigkeit konnte Gordons Stimmung nicht durchdringen. Der Wodka jedoch begann, die Welt von ihrer gräßlichen Starre zu befreien. Allmählich begriff er, warum die Goys so viel tranken. Book gesellte sich zu anderen Leuten, und Gordon geriet mit einem Teilchenphysiker, Steingruber, ins Gespräch. Beiden sagte der Wodka zu, sie begannen, das zeitlose Thema Frauen zu diskutieren. Gordon machte einige Bemerkungen über Penny. Auf eine merkwürdige Weise, die er selbst nicht verstand, vertauschte Gordon ihre Rollen; Penny wurde zur sexuellen Schülerin, die von ihm, dem Weltmann aus New York, in die Erwachsenenwelt eingeführt worden war. Steingruber akzeptierte das als verständlich. Gordon kam zu der Erkenntnis, daß Steingruber in der Tat ein prima Kerl war, fähig zu tiefer Einsicht. Sie tranken noch ein Glas zusammen. Steingruber zeigte auf eine Blondine in der Nähe und fragte: »Was halten Sie von der da?« Gordon musterte sie und erklärte: »Wirkt ziemlich billig, o ja.« Steingruber blickte Gordon scharf an. »Das ist meine Frau.« Noch bevor Gordon eine passende Antwort formulieren konnte, war er fort.
    Freundschaftlich lächelnd kam Lakin vorbei, zusammen mit Bernhard Carroway. »Ich habe gehört, Sie wiederholen das Cooper-Experiment?« sagte er ohne Einleitung.
    »Von wem haben Sie das gehört?«
    »Das konnte ich selbst sehen.«
    Gordon nahm sich Zeit. Er nahm einen Schluck aus seinem Becher und entdeckte, daß er leer war. Dann blickte er Lakin an. »Verpiß dich!« sagte er deutlich vernehmbar. Dann ging er weg.
    Er fand Penny in einer Gruppe, die sich um Marcuse geschart hatte. »Der frisch bestallte Renommierkommunist?« fragte Gordon, nachdem er vorgestellt worden war. Zu seiner Überraschung lachte Marcuse. Eine schwarze Studentin, die danebenstand, fand es alles andere als lustig. Es stellte sich heraus, daß sie Angela hieß und daß die Revolution nicht von Leuten auf Cocktailpartys vorangetrieben wurde; mehr konnte Gordon dem Gespräch nicht entnehmen, zumindest war das alles, an das er sich erinnern konnte. Er nahm Penny bei der Hand und ging ein Stück fort.
    Jonas Salk stand in einer entfernten Ecke. Gordon überlegte, ob er zu ihm gehen sollte. Vielleicht konnte er herausfinden, wie Salk über Sabin dachte – ob der wirklich den Pockenimpfstoff entwickelt hatte? Eine interessante Frage. »Eine wissenschaftliche Parabel!« murmelte er zu sich selbst. »Was?« fragte Penny. Er steuerte mit ihr eine Gruppe von Physikern an. Eine nagende Stimme in ihm mahnte ihn, den Mund zu halten, deshalb ließ er Penny ihren Anteil an dem Gespräch bestreiten. Die Leute um ihn schienen entrückt und vage. Er versuchte, zu entscheiden, ob es an ihm oder an ihnen lag. Das ewige Problem der Relativität.

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