Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
Vom Netzwerk:
gekommen. Eine verschleierte Stadt. Nebel stieg aus den Strömungen des Potomac. Auf dieser Reise, so fiel ihm ein, hatte er Dinnerpartys mit Physikern gemieden, vor allem, weil Penny sie langweilig fand; und er konnte nie voraussagen, wann sie sich wieder in politische Streitereien stürzte oder, schlimmer noch, in blasiertes Schweigen versank. Sie hatten Bereiche, über die sie in stiller Übereinkunft nicht sprachen; Bereiche, die sich mit der Zeit ausdehnten. Jeder hatte seine Reibungspunkte - Du bist ein Unrechtsverdreher, hatte Penny ihm einmal vorgeworfen –, aber gerade die guten Perioden zwischen den schlimmen strahlten vor neu entdeckter Energie. 1967 und 1968 unterlag er erheblichen Stimmungsschwankungen. Pennys Freud-getränkte Reparaturrezepte akzeptierte er nicht, entdeckte aber auch keine Alternative. Sagt deine Feindseligkeit gegenüber der Analyse nicht genug? hatte sie einmal gefragt, und er hatte ihr im Innern zugestimmt; er fühlte, daß die klirrende, maschinengleiche Sprache ein Verrat, eine Falle war. Die Psychologie hatte sich nach dem Vorbild der Naturwissenschaft modelliert, allen voran die Physik. Aber sie hatte das alte Newtonsche Uhrwerk als Beispiel gewählt. Für die moderne Welt gab es keine vom Beobachter unabhängige Ticktack-Welt, keine unbeeinflußten Mechanismen, keine Möglichkeit, ein System zu beschreiben, ohne darin einbezogen zu werden. Seine Institution hatte ihm gesagt, daß keine Analyse von außen erfassen konnte, was zwischen ihnen so aufreizend und aufreibend war. Und so hatte sich sein persönlicher Nukleus im ausgehenden 1968 gespalten, und ein Jahr später war er Marsha Gould aus der Bronx begegnet; Marsha, klein und dunkelhäutig, und ein unausweichliches Paradigma hatte sich erfüllt. Wenn er jetzt an die Ereignisse zurückdachte, sie in Bernstein gefangen sah, lächelte er, während Marsha neben ihm übersprudelte.
    Die Westfenster des langgestreckten Raums ließen jetzt Licht wie getriebenes Kupfer hereinfallen. Die Größen der Zuschußgeber trafen ein, aus Tradition verspätet. Gordon nickte, schüttelte Hände, plauderte gefällig. In Marshas Gesprächshalbkreis trat Ramsey, eine dünne Zigarre rauchend. Gordon begrüßte ihn mit einem verschwörerischen Zwinkern. Dann sagte ein Gesicht: »Ich wollte Sie unbedingt kennenlernen, und jetzt falle ich wohl mit der Tür ins Haus.« Gordon, in seinen Erinnerungen gefangen, lächelte interesselos, und dann sah er das selbstbeschriftete Namensschildchen des jungen Mannes: Gregory Markham. Er erstarrte, seine Hand blieb in der Luft hängen. Das Geplauder um ihn herum schwand, und deutlich konnte er sein Herz klopfen hören. Einfältig entgegnete er: »Ach, äh, ja.«
    »Ich habe meine Dissertation in Plasmaphysik geschrieben, aber ich habe Tanningers Aufsätze gelesen und natürlich Ihre, und, nun, ich glaube, da wird die eigentliche, die wirkliche Physik gemacht. Ich meine, es gibt ein ganzes Bündel kosmologischer Konsequenzen, glauben Sie nicht? Mir scheint…« Und Markham, der, wie Gordon sah, nur etwa zehn Jahre jünger als er selbst war, ließ sich fortreißen, während er seine Vorstellungen zu Tanningers Arbeit skizzierte. Markham hatte ein paar interessante Anschauungen über die nichtlinearen Lösungen, Ideen, die Gordon noch nie zuvor gehört hatte. Trotz seines Schocks folgte er den technischen Teilen voller Interesse. Er konnte erkennen, daß Markham das richtige Gespür für die Arbeit hatte. Tanningers Nutzung der neuen höheren Analyse für äußere Differentialformen hatte es der älteren Physikergeneration erschwert, seinen Ideen näherzukommen, aber für Markham stellte das kein Problem dar; er war nicht durch die mehr verbreiteten Formelsysteme gefesselt. Die essentiellen Abbilder paradoxer Kurven, die sich mit elliptischer Logik auf die Ebene physikalischer Realität herabsenkten, sichtbar nur vor dem geistigen Auge, hatte Markham gemeistert. Gordon bemerkte, daß er erregt wurde; er sehnte sich nach einem Platz, an den er sich setzen und für sich einige Argumente notieren konnte, um die gedrängten Symbole der Mathematik für ihn sprechen zu lassen. Aber dann näherte sich ein Diener mit weißen Handschuhen, nickte respektvoll, aber entschlossen und sagte: »Dr. Bernstein, wir bitten nun um Ihre Anwesenheit.« Markham zuckte die Achseln, grinste schief und war, so schien es, in Sekundenbruchteilen in der Menge untergetaucht. Gordon sammelte sich und nahm Marshas Arm. Der Diener machte den Weg

Weitere Kostenlose Bücher