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Zelot

Zelot

Titel: Zelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reza Aslan
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Historiker Flavius Josephus (†nach 100  n. Chr.). In einer kurzen, beiläufigen Passage in
Jüdische Altertümer
schreibt Josephus von einem teuflischen jüdischen Hohepriester namens Hannas, der nach dem Tod des römischen Statthalters Festus unrechtmäßig einen gewissen «Jakobus, Bruder des Jesus, den sie Messias nennen» als Gesetzesbrecher zur Steinigung verurteilen ließ. In dem Abschnitt wird weiter berichtet, was mit Hannas geschah, als der neue Statthalter Albinus schließlich in Jerusalem ankam.
    So kurz und abschätzig diese Anspielung auch sein mag (die Erklärung «den sie Messias nennen» ist ganz offensichtlich spöttisch gemeint), besitzt er doch enorme Bedeutung für all jene, die nach irgendeiner Spur des historischen Jesus forschen. In einer Gesellschaft ohne Nachnamen erforderte ein so häufiger Name wie Jakobus einen besonderen Zusatz – einen Geburtsort oder Vatersnamen etwa –, um ihn von all den anderen Männern namens Jakobus in Palästina zu unterscheiden (daher auch «Jesus von Nazaret»). In diesem Fall lieferte Jakobus’ Verwandtschaft mit jemandem, der nach Meinung des Josephus seiner Leserschaft womöglich bekannt war, den Namenszusatz. Der Abschnitt belegt also nicht nur, dass «Jesus, den sie Messias nennen» wirklich gelebt hat, sondern auch, dass er im Jahr 94  n. Chr., als
Jüdische Altertümer
geschrieben wurde, weithin als Gründer einer neuen und fortbestehenden Bewegung anerkannt war.
    Es ist jene Bewegung, nicht ihr Gründer, die die Aufmerksamkeit von Historikern des 2 . Jahrhunderts wie Tacitus († 118 ) und Plinius dem Jüngeren († 113 ) erregt. Beide erwähnen Jesus von Nazaret, berichten aber abgesehen von seiner Verhaftung und Hinrichtung kaum etwas über ihn – es sind wichtige historische Belege, wie wir sehen werden, die aber wenig Licht auf die Einzelheiten des Lebens Jesu werfen. Wir alle sind deshalb auf die Informationen angewiesen, die wir aus dem Neuen Testament zusammentragen können.
    Das erste schriftliche Zeugnis überhaupt stammt aus den Briefen des Paulus, eines frühen Anhängers Jesu, der um 66  n. Chr. herum starb (man kann Paulus’ ersten erhaltenen Brief, den 1 . Brief an die Thessalonicher, auf die Jahre zwischen 48 und 50  n. Chr. datieren, also etwa auf die Zeit zwei Jahrzehnte nach Jesu Tod). Paulus zeigt allerdings bemerkenswert wenig Interesse am historischen Jesus. Nur drei Szenen aus dem Leben Jesu finden überhaupt in seinen Briefen Erwähnung: das Letzte Abendmahl ( 1  Kor  11 , 23 – 26 ), die Kreuzigung ( 1  Kor  2 , 2 ) und, besonders wichtig für Paulus, die Auferstehung, ohne die, wie er sagt, «unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos» wäre ( 1  Kor  15 , 14 ). Paulus mag eine hervorragende Quelle für all jene sein, die sich für die frühe Geschichte des Christentums interessieren, aber er ist ein schlechter Führer, wenn man sich auf die Suche nach dem historischen Jesus begibt.
    Damit bleiben uns nur die Evangelien, die ihre eigenen Probleme mit sich bringen. Zunächst einmal wurde keines von ihnen – mit der möglichen Ausnahme des Lukas-Evangeliums – von dem Mann geschrieben, nach dem es benannt ist. Das trifft im Übrigen auf die meisten Bücher des Neuen Testaments zu. Solche sogenannten
pseudepigraphischen
Werke, also Werke, die einem bestimmten Autor zugeschrieben, aber nicht von ihm verfasst wurden, waren in der antiken Welt sehr häufig und sollten ganz sicher nicht als Fälschungen aufgefasst werden. Ein Buch nach einer Person zu benennen war ein üblicher Weg, um die Glaubensüberzeugungen dieser Person wiederzugeben oder ihre Denkschule zu repräsentieren. Davon einmal abgesehen sind die Evangelien keine historische Dokumentation des Lebens Jesu und waren auch nie als solche gedacht. Es sind keine Augenzeugenberichte über Jesu Worte und Taten von Menschen, die ihn wirklich kannten, sondern vielmehr Glaubenszeugnisse von Glaubensgemeinschaften, die viele Jahre nach den Ereignissen, die sie schildern, niedergeschrieben wurden. Einfach gesagt, die Evangelien erzählen uns von Jesus Christus, nicht vom Menschen Jesus.
    Die weithin akzeptierte Theorie zur Entstehung der Evangelien, die sogenannte Zweiquellentheorie, besagt, dass Markus’ Bericht erstmals irgendwann nach 70  n. Chr. niedergeschrieben wurde, also etwa vier Jahrzehnte nach Jesu Tod. Markus stand eine Sammlung mündlicher und vielleicht auch eine Handvoll schriftlicher Überlieferungen zur Verfügung, die schon

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