Wie vernascht man einen Millionär?
1. KAPITEL
„So was sieht man auch nicht alle Tage.“
„Was meinst du?“ Lucas King trat aus der Haustür auf die Veranda und gab seinem jüngeren Bruder ein Bier. Einen Augenblick lang ließ er den Blick über den Pazifik schweifen. Die untergehende Sonne tauchte das Wasser in rotgoldenes Licht. Er setzte sich auf den nächstbesten Stuhl und nippte an seinem Bier.
Sean lächelte und wies mit dem Zeigefinger nach links. „Das da. Guck mal, was für ein merkwürdiges Gefährt vor dem Haus deiner Nachbarin steht.“
Lucas blickte auf den Ocean Boulevard und schüttelte erstaunt den Kopf. Vor dem Nachbarhaus stand ein dunkelblauer Minivan. So weit noch nichts Besonderes. Aber auf dem Dach des Fahrzeugs war eine riesige Bratpfanne montiert.
„Was ist das denn, um Himmels willen?“
„Steht seitlich auf dem Schild“, sagte Sean lachend.
„‚Kochkurse bei Ihnen zu Hause‘“, las Lucas halblaut vor und kratzte sich am Kopf. „Die knallgelbe Schrift hat wohl nicht gereicht? Es musste auch noch die riesige Nachbildung einer Bratpfanne sein?“
Lachend nahm Sean einen Schluck Bier. „Werbung ist eben alles. Obwohl … windschnittiger wird die Karre dadurch nicht.“
„Sieht total lächerlich aus“, kommentierte Lucas. Wer wohl so wenig Stolz besaß, dass er freiwillig mit so einem Monstrum durch die Gegend fuhr? „Überhaupt – ‚Kochkurse bei Ihnen zu Hause‘. Was ist das für eine Geschäftsidee? Wer macht so was bloß?“
Als sich die Tür des Minivans öffnete und die Fahrerin ausstieg, schnalzte Sean anerkennend mit der Zunge. „Da hast du die Antwort. Also, von der Lady würde ich mir auch gern was beibringen lassen. Muss nicht unbedingt Kochen sein.“
Lucas verdrehte die Augen. Typisch Sean. Immer bereit für die nächste Frau in seinem Leben. Wahrscheinlich müsste er sich nur fünf Minuten mit der Pfannenfrau unterhalten, um sich mit ihr fürs nächste Wochenende zu verabreden. Na ja, es sei Sean gegönnt, dachte Lucas. Eine Frau nach der anderen – wenn es ihm so gefällt …? Ich habe lieber ein bisschen mehr Ruhe und Beständigkeit in meinem Leben.
Er hörte kaum zu, während Sean weiterredete. Stattdessen blickte er hinaus aufs Meer. Ja, deswegen wohnte er so gern hier. Jeden Abend nach der Arbeit konnte er sich auf die Veranda setzen, ein Bierchen trinken, auf die unendlichen Weiten des Ozeans blicken und dabei wunderbar abschalten. Normalerweise war er dabei allein. Ohne seinen quasselnden Bruder.
Hier fiel die große Verantwortung, die er für die Baufirma King Construction trug, von ihm ab. Hier behelligte ihn niemand wegen der nächsten Konferenz oder irgendwelcher fehlender Baugenehmigungen. Keine Kunden, die besänftigt werden mussten, kein Stress, kein Druck.
Nicht dass er seine Arbeit nicht mochte. Im Gegenteil, er mochte sie sogar sehr. Zusammen mit seinen Brüdern Rafe und Sean hatte er aus King Construction die größte Baufirma an der Westküste gemacht. Trotzdem genoss er es, abends nach Hause zu kommen und einfach abzuschalten.
„Ich hatte schon immer eine Schwäche für Blondinen“, merkte Sean an. „Schadet auch nichts, wenn sie hochgewachsen sind.“
„Blondinen, Rothaarige, Brünette“, schimpfte Lucas. „Dein Problem ist: Du hast für alle eine Schwäche.“
„Ach ja?“, gab sein Bruder zurück. „Und weißt du, was dein Problem ist? Du bist zu wählerisch. Wann hast du denn das letzte Mal eine Frau angerufen? Ich meine abgesehen von unseren Kundinnen.“ Sean lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
„Das geht dich gar nichts an“, murmelte Lucas.
„Siehst du, muss schon sehr lange her sein. Kein Wunder, dass du in letzter Zeit so gereizt bist. Wirklich unausstehlich.“ Sean nahm einen Schluck Bier. „Du musst einfach mal wieder ein bisschen Zeit mit einem weiblichen Wesen verbringen. Schau dir doch nur mal diese Blondine näher an. Dann kommst du schon wieder auf den Geschmack.“
Lucas wusste, dass sein Bruder keine Ruhe geben würde, also fügte er sich ins Unvermeidliche und nahm die junge Frau ins Visier. „Auch das noch“, murmelte er.
„Hä?“ Verständnislos sah Sean ihn an.
„Ich glaub’s einfach nicht“, sagte Lucas, mehr zu sich selbst als zu seinem Bruder. Er erhob sich, ohne die große, gut gebaute Blondine aus den Augen zu lassen. Sie hatte ihr langes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, ihre Haut war hell. Aus der Entfernung konnte er zwar ihre Augen nicht sehen, aber er wusste, dass sie blau waren. Außerdem war
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