Zelot
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Vorbemerkung des Autors
Ich war 15 Jahre alt, als ich Jesus kennenlernte.
Den Sommer meines zweiten Highschool-Jahres verbrachte ich in einem evangelikalen Jugendcamp im Norden Kaliforniens mit seinen Wäldern, Feldern und dem weiten blauen Himmel, wo man mit genug Zeit und Stille und leise gesprochener Ermutigung gar nicht anders konnte, als die Stimme Gottes zu hören. Inmitten der künstlich angelegten Seen und majestätischen Kiefern sang ich mit meinen Freunden Lieder, spielte Spiele und tauschte Geheimnisse aus. In vollen Zügen genossen wir die Freiheit von den Zwängen, die uns Elternhaus und Schule sonst auferlegten. Abends trafen wir uns alle im Versammlungssaal in der Mitte des Camps, das Kaminfeuer prasselte, und ich hörte eine merkwürdige Geschichte, die mein Leben verändern sollte.
Vor 2000 Jahren, so erzählte man mir, wurde in einem Land namens Galiläa der Gott des Himmels und der Erde als hilfloses Kind geboren. Dieses Kind wuchs zu einem Mann ohne Sünde heran. Der Mann wurde zum Christus, zum Erretter der Menschheit. Durch seine Worte und Wundertaten provozierte er die Juden, die sich als das von Gott auserwählte Volk sahen, und dafür ließen ihn die Juden an ein Kreuz schlagen. Er hätte sich dieser grauenvollen Strafe entziehen können, doch er wählte aus freiem Willen den Tod. Sein Tod gab dem Ganzen erst einen Sinn, denn sein Opfer befreite uns alle von der Last unserer Sünden. Aber damit endete die Geschichte noch nicht, denn drei Tage später stand er wieder auf, erhöht und göttlich, sodass jetzt alle, die an ihn glauben und ihn in ihre Herzen aufnehmen, das ewige Leben haben werden.
Für ein Kind, das in einer zusammengewürfelten Familie aus lauen Muslimen und dezidierten Atheisten aufwuchs, war das wahrhaft die größte Geschichte, die es je gehört hatte. Nie zuvor hatte ich die Anziehungskraft Gottes so deutlich gespürt. In meinem Geburtsland Iran war ich Muslim etwa so, wie ich eben Perser war. Meine Religion und meine ethnische Herkunft waren eng miteinander verbunden. Wie den meisten Menschen, die in eine religiöse Tradition hineingeboren werden, war mein Glaube mir so vertraut wie meine Haut und etwa ebenso gleichgültig. Nachdem meine Familie durch die Revolution 1979 zur Flucht gezwungen worden war, wurde Religion im Allgemeinen und der Islam im Besonderen zu einem Tabu in unserem Haushalt. Der Islam stand stellvertretend für alles, was wir an die jetzt im Iran herrschenden Mullahs verloren hatten. Meine Mutter betete noch, wenn niemand es sah, und man stieß vielleicht mal auf einen Koran irgendwo ganz hinten in einem Schrank oder einer Schublade. Aber insgesamt waren alle Spuren Gottes gründlich aus unserem Leben getilgt.
Das war für mich ganz in Ordnung. Schließlich war ein Muslim im Amerika der achtziger Jahre etwa so fremd wie ein Marsianer. Mein Glaube war eine Art blauer Fleck, das auffälligste Symbol meiner Andersartigkeit; er musste verborgen werden.
Jesus dagegen
war
Amerika. Er war die zentrale Gestalt im nationalen Drama Amerikas. Wenn ich ihn in mein Herz aufnahm, konnte ich mich so wahrhaft amerikanisch fühlen wie nur möglich. Ich will damit nicht sagen, dass ich mit meiner Bekehrung einen bestimmten Zweck verfolgte. Ganz im Gegenteil, ich brannte mit absoluter Hingabe für meinen neu gefundenen Glauben. Ich bekam einen Jesus präsentiert, der weniger «Herr und Heiland» als bester Freund war, jemand, zu dem ich eine tiefe und persönliche Beziehung aufbauen konnte. Für mich als Teenager, der versuchte, einer nicht klar umrissenen Welt, deren ich mir gerade erst bewusst geworden war, einen Sinn abzugewinnen, war dies eine Einladung, die ich nicht ausschlagen konnte.
Sofort nach meiner Rückkehr aus dem Camp versuchte ich eifrig, die gute Nachricht von Jesus Christus weiterzutragen: zu meinen Freunden und meiner Familie, meinen Nachbarn und Klassenkameraden, Menschen, die ich gerade kennengelernt hatte, und Leuten, die ich auf der Straße traf; zu jenen, die gern zuhörten, und jenen, die überhaupt kein Interesse hatten. Doch während ich mich so heiß bemühte, die Seelen der Welt zu retten, geschah etwas Unerwartetes: Je gründlicher ich die Bibel studierte, um mich gegen die Zweifel der Ungläubigen zu wappnen, desto größere Diskrepanzen entdeckte ich zwischen dem Jesus der Evangelien und dem Jesus der Geschichte – zwischen Jesus dem Christus und Jesus von Nazaret. Und als ich im College begann, mich
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