Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
heftig, daß es ihn fast an Deck geschleudert hätte.
    So ging es seit drei Tagen. Der Wind war ihr Feind geworden und hatte sie gezwungen, immer wieder über Stag zu gehen, viele Meilen zu segeln, um einen geringen oder oft gar keinen Fortschritt zu machen. Sparke war fast verzweifelt, als sie Tag für Tag mühsam nach Süden und dann in südwestlicher Richtung auf das Land und die Mündung des Delaware zu kreuzen mußten.
    Selbst der disziplinierteste Seemann an Bord war inzwischen verdrossen, mürrisch und aufgebracht über Sparkes Benehmen. Er benahm sich unduldsam gegen jedermann und schien völlig besessen von der Aufgabe, mit der man ihn betraut hatte. Und nun die Aussicht auf Mißerfolg… Bolitho überquerte die glitschigen Decksplanken und schrie gegen den Wind: »Sie haben mich rufen lassen, Sir?«
    Sparke fuhr herum und hielt sich dabei am Luvwant fest, das üblicherweise makellos sitzende Haar vom Wind zerzaust, als er ärgerlich antwortete: »Natürlich, verdammt noch mal! Sie haben lange genug geschlafen!«
    Bolitho beherrschte sich nur mühsam, da ihm klar war, daß dieser laute Rüffel von den meisten an Deck gehört werden mußte. Angesichts der schlechten Laune des Zweiten Offiziers und seiner Besessenheit, das Schiff so schnell wie möglich und mit jedem Fetzen, den es tragen konnte, vorwärts zu treiben, konnte man nur abwarten.
    Sparke sagte abrupt: »Der Steuermannsmaat schlägt vor, daß wir bis Mittag auf diesem Bug weitersegeln.«
    Bolitho zwang sein Gehirn, sich ihren Zickzackkurs auf der Karte vorzustellen, und antwortete nach kurzem Zögern: »Mr. Frowd ist wohl der Ansicht, daß wir dann weniger örtlichen Schiffen begegnen, oder, noch schlimmer, unseren eigenen Patrouillen.«
    »Mr. Frowd ist ein Idiot!« Sparke schrie wieder. »Und wenn Sie ihm beistimmen, sind auch Sie einer, verdammt noch mal!«
    Bolitho schluckte und zählte die Sekunden wie nach dem Abfeuern eines Geschützes.
    »Ich muß ihm beistimmen, Sir. Er ist ein Mann von großer Erfahrung.
    «
    »Und ich nicht?« Sparke hob die freie Hand. »Machen Sie sich nicht die Mühe, mich überzeugen zu wollen. Ich bin fest entschlossen: Wir werden in einer Stunde wenden und den Treffpunkt direkt ansteuern. Das verkürzt die Zeit beträchtlich. Auf diesem Bug würden wir einen vollen Tag länger brauchen.«
    Bolitho versuchte es noch einmal. »Der Feind weiß unsere genaue Ankunftszeit nicht, Sir, oder ob wir überhaupt kommen. Im Krieg besteht keine Möglichkeit zu so exakter Planung.«
    Sparke hatte gar nicht zugehört. »Bei Gott, diesmal lasse ich sie nicht entkommen. Ich habe lange genug zugesehen, wie andere goldverbrämte Kommandos bekamen, nur weil sie jemanden in der Admiralität oder bei Hofe kannten. Ich nicht, Mr. Bolitho, ich habe mich hochgearbeitet, mir jede Sprosse der Leiter mühsam verdient!
    «
    Er schien erst jetzt zu merken, was er sagte: daß er sein Innerstes preisgegeben hatte vor einem Untergebenen; deshalb fügte er sachlicher hinzu: »Lassen Sie alle Mann an Deck rufen! Sagen Sie Mr.
    Frowd, er soll seine Karten vorbereiten.« Er starrte Bolitho fest an, sein Gesicht wirkte im Dämmerlicht sehr blaß. »Ich habe keine Lust zu argumentieren, sagen Sie ihm auch das!«
    »Haben Sie es mit Hauptmann d’Esterre besprochen, Sir?«
    Sparke lachte. »Bestimmt nicht. Er ist ein Marineinfanterist, kein Seemann!«
    In dem kleinen Raum neben der Kapitänskajüte, dem Kartenraum der Faithful, traf Bolitho auf Frowd und sah sich dessen Berechnungen und Koppelkurse auf der Karte an, ihre täglich zurückgelegten Strecken seit der Trennung von der Trojan.
    Frowd bemerkte ruhig: »So kommen wir natürlich schneller hin, Sir, aber…«
    Bolitho bückte sich wegen der niedrigen Decke und der heftigen Bewegungen des Schiffes tief.
    »Aye, Mr. Frowd, es gibt immer ein Aber. Wir können nur auf unser Glück vertrauen.«
    Frowd lächelte bitter. »Ich habe keine Lust, von meinen eigenen Landsleuten umgebracht zu werden, auch wenn es nur irrtümlich wäre, Sir.«
    Eine Stunde später, mit allen Mann an Deck, schwang die Faithful durch den Wind und die schwere See nach Steuerbord und hielt nun Kurs auf das unsichtbare Land. Je ein Reff in Großsegel und Fock war alles, was Sparke trotz des schweren Wetters zuließ.
    Das Schiff krängte stark nach Lee, Brecher wuschen über Bug und Luvreling und brachen sich an dem Neunpfünder wie Brandung an einem Felsblock.
    Es war noch immer äußerst kalt, und das dürftige Essen, das der Koch

Weitere Kostenlose Bücher