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Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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den bereitgelegten Leinen festgemacht. Noch bevor Bolitho das Niedergangsluk erreicht hatte, holte die Spite unter dem Segeldruck über und nahm schäumend Fahrt auf.
    Die Messe war überfüllt von Offizieren, und der Zahlmeister brachte mit dem Steward Flaschen und Gläser für die zusätzlichen Gäste herbei.
    Als sie Probyn Wein anboten, schüttelte er den Kopf und sagte abrupt: »Für mich nicht, danke! Später vielleicht.«
    Bolitho wandte sich ab, um den inneren Kampf des Mannes nicht mit ansehen zu müssen. Noch nie hatte er erlebt, daß Probyn einen Drink ablehnte, es mußte ihn jetzt gewaltige Anstrengung kosten.
    Aber es war sehr wichtig für ihn, Erfolg zu haben, und dafür gab er einiges auf, offensichtlich sogar das Trinken.
    Während der Nacht und des folgenden Tages kreuzte die Spite außer Sichtweite der Küste und ; näherte sich nur langsam ihrem Ziel.
    Fort Exeter lag auf einer sandigen, vier Meilen langen Insel, die etwa die Form einer Axt hatte. Bei Niedrigwasser war sie durch einen nicht sehr zuverlässigen Damm aus Sand und Kies mit dem Festland verbunden. Daneben lag die Einfahrt zu einer Art Lagune, ein vom Fort aus mühelos zu verteidigender Ankerplatz, den sorgsam postierte Geschütze bestreichen konnten.
    Sobald die Landungstruppen abgesetzt waren, sollte die Spite sich zurückziehen und vor der Morgendämmerung wieder außer Sicht sein. Wenn es zu stark abflaute, würde der Angriff verschoben werden, bis wieder genügend Wind aufkam. Auf keinen Fall sollte er aufgegeben werden, außer wenn der Feind mißtrauisch wurde und sich verteidigungsbereit machte.
    Bolitho dachte an Major Samuel Paget, den Mann, der den Angriff führen sollte; es schien ihm nicht einmal sicher, daß er in diesem Fall das Unternehmen abbrach.

Fort Exeter
    Die Landung um ein Uhr nachts verlief ohne Zwischenfälle. Ein günstiger Wind ermöglichte es der Korvette, bis dicht unter Land zu segeln, wo sie ankerte. Dann wurde mit der Ausschiffung der Truppen begonnen, als sei es ein Übungsmanöver in Friedenszeiten.
    Major Paget fuhr mit dem ersten Boot an Land, und als Bolitho schließlich auf den nassen Strand watete, bewunderte er seine geschickte Planung. Er hatte zwei Kanadier mitgebracht, wild aussehende, bärtige Männer in grober Trapperkleidung und nach Fellen riechend, von denen er behauptete, sie seien besser als jeder Spürhund.
    Einer der beiden, ein traurig dreinblickender Schotte namens Macdonald, hatte früher eini ge Jahre in South Carolina gelebt, bis er nach der Niederlage der Loyalisten von seinem Grund und Boden vertrieben worden war. Er erinnerte Bolitho an den einfallsreichen Moffitt.
    Paget grüßte Bolitho mit der ihm eigenen Abruptheit. »Alles ruhig.
    Ich will unsere Leute in Stellung bringen, bevor es hell wird.
    Wir geben hier Verpflegung und Wasser aus.« Dann musterte er den sternenklaren Himmel und knurrte: »Zu verdammt heiß für meinen Geschmack.«
    Stockdale krächzte: »Mr. Couzens kommt mit der letzten Gruppe, Sir.«
    »Gut.« Bolitho beobachtete Probyn, der aus einem dunklen Gebüsch stolperte und nach allen Richtungen wie ein Fuchs witterte.
    »Alles an Land, Sir!«
    Hinter ihnen stapften die Seesoldaten vorbei, die Waffen sorgsam verhüllt, wie die stummen Gespenster einer längst vergessenen Schlacht.
    Probyn ließ sich vernehmen: »Wenn man bedenkt – hier stehen wir jetzt, Meilen von unserem Schiff entfernt, und marschieren wer weiß in was hinein… Wofür?«
    Bolitho lächelte. Er hatte dasselbe gedacht. Die Seesoldaten schienen an Land genauso zu Hause zu sein wie an Bord, aber er spürte die Vorsicht der Seeleute und ihre Neigung, dicht zusammenzubleiben, als würden sie bereits bedroht.
    D’Esterre erschien von irgendwoher und zeigte grinsend die Zähne. »Geh zur Marine, und du siehst die Welt, Dick!« Damit lief er weiter, um seinen Leutnant zu suchen, den Säbel wie einen Spazierstock schwingend.
    Bolitho blickte hinunter zum Strand, der in der Dunkelheit schwach heraufschimmerte. Die Boote waren schon weg, und er meinte, die Geräusche des Segelsetzens hören zu können. Dann wurde ihm bewußt: an dieser unbekannten Küste waren sie nur auf die Geschicklichkeit zweier kanadischer Späher angewiesen, die Paget sich von der Armee »entliehen« hatte.
    Wenn sie nun schon belauert wurden? Wenn ihr Vormarsch in einen vorbereiteten Hinterhalt hineinführte? Doch die Nacht blieb bis auf das Säuseln des Windes in den Bäumen und den gelegentlichen Schrei eines

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