Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hohner
Vom Netzwerk:
ooooooommmmm!«
    Ich habe die Schulterblätter nur so eng zusammengepresst und den Po dabei in die Forsythie gedrückt, um das Brandloch an meinem hinteren Orient zu verbergen, aber ich omme einfach mal für einen Atemzug mit, und wedle dann versuchsweise noch einmal mit meinen Schuhen.
    »Ich muss!«
    Und bevor sich der Gorvinder zu sehr seinen asketischen Kopf zerbricht, was eine Frau mit Abendkleid und verschmiertem Make-up um diese Tageszeit auf dem Uferweg zu suchen hat, füge ich noch mit spitzem Mund hinzu:
    »Mein Mann wartöt am Fröhstöcksbüffö darauf, dass öch von meinem Morgönspaziergang ins Hotel zöröckkehre.«
    Gorvinder entknittert abrupt seine Glatze, kramt aber in seiner ausgewaschenen roten Stoffhose und drückt mir eine Visitenkarte, vorne Elefantengott, hinten Telefonnummer, in die Hand.
    »Wenn der Pfad des Lebens Sie wieder einmal auf unser erleuchtetes Eiland führen sollte – kommen Sie in meinen Kurs, dann können wir unsere spirituelle Reise gemeinsam fortsetzen!«
    Ganz sicher.
    Ich halte die Visitenkarte vor mich hin und stehe stocksteif da, bis es sogar dem Gorvinder zu unbehaglich wird und er auf leisen Sohlen weiterläuft. Geschafft. Oder auch nicht. Er hat mich zwar nicht erkannt, das ganze Intermezzo hat mich aber wertvolle Minuten gekostet. Wenigstens bin ich nur noch ein paar Schritte von zu Hause entfernt. Ich zerquetsche etwas Schleimiges zwischen meinen Zehen und schüttle mich angewidert. Nacktschnecken sind so ziemlich das Einzige, was mich nervt, wenn es endlich Frühling wird.
    Plötzlich höre ich Schreie und bleibe kurz erschrocken stehen. Von Weitem höre ich Jannis überkippende Stimme, der seine Männer anfeuert wie in einem Agententhriller.
    »Go go go go go go!«
    Ich lobe mich für meine Geistesgegenwart, vor meiner Flucht das Corpus Delicti in Form der verschmorten Nachttischlampe weit unter das Bett befördert und Nils eine brennende Zigarette in den Aschenbecher geklemmt zu haben, und schleiche mich leise an der Hortensienhecke unseres Biergartens vorbei.
    Die grünen Fensterläden vor dem Doppelfenster rechts hinten sind zugeklappt. Mein Vater schläft demnach noch, und das ist gut so. Aber er muss nachts einmal aufgestanden sein, das schmiedeeiserne Kastenschloss unserer Haustür ist von innen abgesperrt, obwohl ich schwören könnte, dass ich die Tür nur hinter mir zugezogen habe. Ich wühle in Fränzis ausgedientem Handtäschchen herum, finde Blasenpflaster und einen »Hofbräuhaus Traunstein«-Bierdeckel mit der Telefonnummer von Nils. Kein Schlüssel. Gott sei Dank befindet sich im Schlachtraum alles, was ich jetzt brauche. Nur kein Kaffee, leider. Meine Hände zittern, als ich den Schalter für das Neonlicht suche, feuchte, kalte Luft und der ewige Fischgeruch schlagen mir entgegen, und als ich die Augen schließe und den Kopf kurz an die kalte Stahltür zum Kühlraum lehne, ist mir ziemlich schwindlig. Ein Kater, Müdigkeit und der Adrenalinschub nach meiner kleinen Brandstiftung liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen, bis mein Pflichtbewusstsein mit Mühe die Oberhand gewinnt.
    Als Erstes versenke ich den Bierdeckel mit Nils’ Telefonnummer in der blauen Tonne mit den stinkigen Fischabfällen. Ein ausgeleierter, rotfleckiger Fleecepulli kommt direkt über den trägerlosen BH. Den Fischen wird es garantiert egal sein, was ich drunter trage, also ziehe ich meine khakigrüne Gummi-Latzhose der Einfachheit halber ebenfalls über die Dessous von heute Nacht. Die Stiefel sind an den Hosenbeinen gleich mit dran. Satinpumps, Täschchen und das ruinierte Kleid kommen in den alten Metallspind, fertig. Im Spind steht auch eine griffbereite Box mit Abschminktüchern, die ich dort gestern Abend weitsichtig platziert habe.
    »Brennt’s?«
    Ich knalle die blecherne Tür zu, dass der hohe schmale Spind wackelt, und fahre herum, ein braunrosa verfärbtes Abschminktuch in der Hand.
    »Nicht dass ich wüsste.«
    In der schiefen Holztür lehnt mein Vater, umrahmt von Knöterichzweigen und Frühmorgenlicht. Sein weißer Haarschopf steht wild und von hinten beleuchtet vom Kopf ab.
    »Das war bestimmt nur eine Übung.«
    Mein Vater hat doppelt so viele Stirnfalten wie der Inselyogi Gorvinder, und zwar nicht nur in der Horizontalen, sondern auch in der Vertikalen.
    »Geh weida. Als tät da einer aufstehen um die Zeit, für eine Feuerwehrübung!«
    »Sind auch nur vier Männer gekommen.«
    Mein Vater legt seine Stirn in Karos.
    »Ja, woher weißt jetzt des?«
    »So halt.

Weitere Kostenlose Bücher