Zombie-Ballade
Fluggäste passiert hatten, erhob auch er sich und schritt zum Ausgang.
Das Lächeln und der Abschiedsgruß der Stewardess begleiteten ihn. Die Maschine stand weit draußen. Ein Bus wartete schon, in den die Passagiere einstiegen. Auch hier fiel der Mann nicht auf. Er hatte sich im Heck des Busses in die hinterste Ecke verdrückt und wartete dort ab. Der Wagen schaukelte dem Terminal entgegen. Auf der Fahrt bekamen die Passagiere etwas von der Weiträumigkeit des Flughafens mit. Beim Aussteigen hielt sich der Mann wieder zurück. Er war auch der letzte an der Passkontrolle.
Der Beamte in der Kabine schaute ihn sich an, blickte auf die Papiere und gab sie dem Mann nach einigen Sekunden mit einem Nicken zurück.
»Alles in Ordnung, Mr. Wang. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt hier in London.«
»Danke sehr.« Wang steckte seinen Ausweis wieder weg. Er durchlief noch eine Kontrolle und musste seine Tasche öffnen. Es wurde nichts Verdächtiges gefunden. Weiteres Gepäck hatte er nicht abzuholen. Und so tauchte er im Menschengewimmel unter, betrat eine der Telefonzellen und wählte eine Nummer, die er auswendig wusste.
Es war der Anschluss einer Frau. Sie hieß Mary Ann Baxter…
***
Spiro dachte auch daran, dass Zombies oft genug als Kannibalen bezeichnet wurden. Bevor ihm etwas Schreckliches widerfuhr, würde er schießen und auch auf Mary Ann Baxter keine Rücksicht nehmen. Drei waren es. Sie gerieten in den flackernden Schein der Kerzen, deren unruhiges Licht über die Gestalten floss und sie dabei noch schrecklicher aussehen ließ, als sie es tatsächlich schon waren. Sie gingen noch jeweils einen Schritt und blieben dann stehen. Auch Spiro rührte sich nicht. Er hatte seinen rechten Arm ausgestreckt, unterstützte dessen Handgelenk mit der Linken und zielte auf den mittleren der lebenden Toten.
Spiro schwitzte. Bisher hatte er die Geschichte für einen makabren Witz gehalten, nun wurde er eines Besseren belehrt. Das war auch kein Film, hier erlebte er eine grausame Wirklichkeit, die ihm Schauer der Beklemmung über den Körper trieb.
Die lebenden Leichen waren unterschiedlich alt. Links von ihm stand Mary Ann Baxters erster Mann. Er sah am schrecklichsten aus, und der Geruch, der von ihm ausströmte, drehte dem Mann den Magen um. Die Gestalt trug ein lappiges Leichenhemd. Ein Teil der Haut war verwest, der andere sah dunkel aus. Das rechte Auge war hervorgedrückt worden, der Mund völlig verfault.
Der zweite Mann wirkte kaum besser. Nur besaß er dichteres Haar. Es ähnelte total verfilzter Putzwolle.
Der dritte hielt einen Arm ausgestreckt. Die Fingernägel waren weitergewachsen. Das Gesicht wirkte wie aufgequollener Teig, und der Mund stand offen.
Ein Anblick, der Spiro unter die Haut ging. Und er fragte sich, ob er nicht allmählich wahnsinnig wurde.
Die Zombies gaben keinen Laut von sich. Sie blieben stumm, schwankten nur leicht, fielen jedoch nicht. Sie blieben auf den Füßen, und die Frau war es, die sich rührte. Sie trat dicht an die drei lebenden Leichen heran. Flackerndes Kerzenlicht tanzte durch den Raum. Schatten zuckten über die Wände des Grabmals.
Mary Ann Baxter lachte leise. Es war das Gelächter einer Wissenden, die sich über Spiros Entsetzen freute. »Das sind sie«, erklärte sie flüsternd. »Das sind meine drei Männer, die ich überlebte, die aber nicht tot sind, obwohl sie starben. Sie leben weiter…« Mary Ann begann zu kichern. »Ich habe sie zurückholen können.«
Spiros Kehle war rauh, als hätte er eine Säure getrunken. »Verdammt, das ist kein Spaß mehr. Was soll das?«
Die Frau ging auf seinen Einwand nicht ein. »Ich möchte dir meine Lieben vorstellen«, erklärte sie und wechselte den Kerzenleuchter in die Linke. Sie trat zwischen Spiro und den Zombie, bevor sie über das Gesicht des Untoten strich. »Das ist mein lieber Ted. Ihn heiratete ich als ersten. Er ist am längsten tot. Ich glaube, man sieht es sehr deutlich.«
Sie lachte und ging einen kleinen Schritt zur Seite, um vor dem mittleren der drei Zombie stehen zu bleiben. »Grüß dich, Wayne. Du warst früher ein schöner Mann. Nur hast du mich zu oft betrogen. Das habe ich dir übelgenommen. Bis heute weiß niemand, wie du ums Leben gekommen bist…«
Spiro glaubte, sich in einem Kabinett für Irre zu befinden. Er packte es einfach nicht. Da stand seine Chefin, sie hatte ihre drei verstorbenen Männer aus den Särgen geholt und sprach mit ihnen, als würden sie noch leben.
Sie ging zum
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