Zores
zu bedauern, den Kontakt zur Raczek nach dem Krieg nicht wieder aufgenommen zu haben. Aber in jenen Tagen war alles so schnell gegangen, und ehe er es sich versehen hatte, war er mit Jelka im Bett gelandet. Und danach war er primär damit beschäftigt gewesen, ebendieser nachzutrauern. Da war keine Zeit, an ein lernwilliges Stubenmädel zu denken. Außerdem hätte er auch gar nicht gewusst, wo er hätte suchen sollen. Daswäre bei Marie Caroline schon leichter gewesen, die wohnte heute noch in der Residenz der Familie Ritter, wie er aus guter Quelle wusste. Ihre Eltern waren in ihre Villa nach Kierling gezogen, und so hatte das einzige Kind die Wiedener Bleibe für sich reklamiert.
„Was lachst denn?“
Bronstein blickte überrascht auf und sah in das neugierige Gesicht der Raczek.
„Ach so, na, nix. Ich hab nur grad an früher denken müssen.“
„Fakt?“
„Ja. Als ich dich kennengelernt hab, da hatte ich mich gerade von meiner damaligen … nun … Begleiterin getrennt gehabt. Und an die hab ich jetzt denken müssen. Die ist schon seit fünfzehn Jahren verheiratet, hat zwei Gschratzen am Hals und wird immer dicker.“
„Na, da ist dir ja was erspart geblieben.“
„Ja, wirklich. Die hat ned zu mir passt, weißt. Die war was Besseres. Und so hat sie auch in die allerhöchsten Kreise eingeheiratet. Einen Offizier, der keinen einzigen Tag an der Front war. Ned sonderlich gebildet, ned wirklich vif, aber offenbar recht bauernschlau, der Herr Generalleutnant.“
„Generalleutnant! Na, da kommandiert der ja das halbe Bundesheer, was?“ Die Raczek lachte herzerfrischend.
„Nicht wirklich. Sektionschef im Ministerium ist er, der Ségur-Cabanac. Aber natürlich mit ausgezeichneten Verbindungen. Kein Wunder, bei dem Namen!“
„Alter Adel?“
„Das auch. Aber der Vater war schon eine große Nummer im Kriegsministerium der Monarchie, und der ältere Bruder war seinerzeit Finanzminister.“
„Ach ja, ich erinnere mich dunkel. Aber der ist schon tot, oder?“
„Ja, ein echtes Vorbild für alle anderen Finanzminister.“ Dabei zwinkerte Bronstein rasch mit dem rechten Auge.
Markantes Gurgeln zeigte an, dass der Kaffee nun servierfertig war.
„Milch und Zucker?“
„Ja. Beides.“
Die Raczek stellte zwei Tassen auf den Tisch und setzte sich dann nieder. Wie selbstverständlich ergriff sie Bronsteins Hand. „Du bist sicher nicht wegen der alten Zeiten gekommen? Also warum bist du da?“
„Deinen Hausherrn haben s’ um die Ecken bracht.“
„Den Suchy? Na, servas. Das hätt ich mir jetzt ned denkt. Wer und wieso?“
„Genau das herauszufinden ist mein Ressort da.“
Die Raczek nickte.
„Also, …“ Bronstein suchte nach der richtigen Anrede.
Der Raczek entging sein Zögern nicht. „Nenn mich Asia, so nennen mich meine Freunde.“
In Bronsteins Blick zeigte sich Dankbarkeit. „Also, Asia, was kannst du mir über den Suchy sagen?“
„Nicht viel eigentlich. Ich hab ja gleich nach dem Krieg alles hing’schmissen und hab zu studieren begonnen. Zuerst an der Graphischen und dann an der Kunstgewerbeschule. Da hab ich natürlich vom Fensterkitt gelebt, aber dann hab ich die ersten Fotoaufträge bekommen, und bald konnte ich von denen ganz gut leben. Der Vorteil von Fotos ist natürlich, dass du sie überall verkaufen kannst. Da brauchst keine Übersetzungen oder so, und daher hab ich mich bald nach einer repräsentativen Wohnung umg’schaut. Durch einenZufall bin ich auf die da gestoßen, die damals überraschend billig war.“
„Und weißt auch, warum?“
„Mittlerweile ja. Weil da ein Mann g’wohnt hat, in dem der Suchy einen Juden gesehen hat. Drum hat er dem gekündigt. Und ich hatte das Glück, dass der Suchy die Wohnung gleich wieder anbringen wollt und keine wirkliche Ahnung hatte, wie viel er dafür verlangen kann. Sonst hätt ich mir das damals eh nicht leisten können.“
Jetzt nickte Bronstein.
„Und, na ja, mit dem Suchy hab ich so ja nix zu tun gehabt. Den hast auch kaum einmal zu Gesicht bekommen. Aber du hast natürlich G’schichten g’hört.“
„So? Welche denn?“
„Na ja, einerseits natürlich die über sein Nazitum, nicht wahr, und andererseits solche, wonach der Suchy …, na ja, … es halt mit kleinen Buben hat. Aber ob das stimmt, darfst mich nicht fragen. Ich hab so etwas nicht bemerkt, allerdings hab ich mich auch nicht dafür interessiert. In meiner Position bist von Haus aus skeptisch, wennst solche Gerüchte hörst.“
„In deiner
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