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Zorn

Zorn

Titel: Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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hastig um, klingelte ein drittes Mal, schob den Dietrich ins Schloss, öffnete es, drehte den Türknauf und rief: »Hey, Roger. Sind Sie daheim?«
    Keine Reaktion. Lucas trat ein, drückte die Tür zu und schaltete das Licht an. Merke: Wenn man einbricht, darf man keinesfalls im Dunkeln, nur mit einer Taschenlampe bewaffnet, durchs Haus gehen, denn dann rufen die Nachbarn die Polizei. Wenn hingegen das Licht angemacht wird, empfinden sie das als völlig normal.
    Lucas rief noch einmal: »Hey, Hanson? Hey …«
    Stille.
    Er bewegte sich zügig durchs Wohnzimmer und durch die Küche zur hinteren Tür, entriegelte sie und ließ sie einen Spaltbreit offen stehen. Dann ging er zurück und sah sich in den drei Zimmern um. Eines diente als Büro, eines war voll mit Trödel, im dritten stand ein Bett mit zerknüllten Laken.
    Lucas verbrachte drei Minuten im Schlafzimmer, zog hastig Schubladen heraus und fand ein Schnappmesser und zwei Kugeln mit dem Durchmesser einer Fünfzig-Cent-Münze in einem Strumpf. Ähnliche Kugeln hatte Lucas schon als Schlagwaffe benutzt gesehen; diese waren so schwer, dass man damit jemandem den Kopf einschlagen konnte.
    Im Schlafzimmerschrank entdeckte er einen etwa einen Meter zwanzig hohen Stapel alter Pornohefte in schlechter Druckqualität aus Asien, die sehr junge Mädchen zeigten.
    Ja , dachte Lucas.
    Und versuchte, sich an die Pornos zu erinnern, die er damals in Scrapes Behausung gefunden hatte. Die hier waren ähnlich, jedoch ein oder zwei Jahrzehnte neuer.
    Sie hatten ihn. Es wurde Zeit, dass er aus dem Haus verschwand.
    Doch er ging nicht. Durch seinen Fund im Schlafzimmer motiviert, überprüfte er den Arbeitsraum und stieß auf einen unordentlichen Haufen Steuererklärungen. Er überflog die neuesten und stellte fest, dass Hansons Jahreseinkommen zwischen 30.000 und 40.000 Dollar betrug. Visitenkarten wiesen Roger Hanson als Antiquitätenhändler aus, was den Trödel im Schlafzimmer erklärte.
    Außerdem fand Lucas einen Aktenordner mit Bankauszügen; auf dem aktuellsten betrug der Kontostand 789 Dollar. Die Belege für seine Visa-Karte wiesen hingegen einen Gesamtbetrag von 4.560 Dollar aus. Hanson war faktisch pleite. Lucas entdeckte eine Schublade voller Rechnungen, ging sie durch, stieß auf eine Handy-Rechnung von Verizon und schob sie in die Tasche.
    Außerdem stolperte er über einen dicken Ordner mit Farblaserbroschüren für Sexreisen nach Thailand, in denen Mädchen im Teenageralter angeboten wurden. Er legte sie an ihren Platz zurück.
    Lauschte. Nichts. Noch kein Anruf von Del. Die Gefahr wuchs von Sekunde zu Sekunde. Lucas sah auf seine Uhr: Er war jetzt acht Minuten im Haus; eigentlich hatte er maximal fünf riskieren wollen und somit das Maximum bereits um drei Minuten überschritten.
    Noch zwei Minuten …
    Lucas eilte durch die Küche zur hinteren Tür, zog sie zu, verschloss sie wieder. Warf einen Blick in einen Schrank, sah nichts Interessantes. Öffnete eine Tür, entdeckte eine steile Treppe in den Keller. Schaltete das Licht an und lief die Stufen hinunter, so schnell er konnte. Zwei Räume: einer mit Waschmaschine, Trockner, Waschzuber, Heizkessel, Boiler und Tiefkühltruhe.
    Die andere Seite war voll mit Trödel – alt, aber keine richtigen Antiquitäten. Weil Weather sich für echte Antiquitäten interessierte, kannte Lucas den Unterschied. Das Zeug hier war wertlos.
    Blick auf die Uhr: zehn Minuten. Zeit zu verschwinden. Sein Handy klingelte: Del.
    »Ja?«
    »Raus«, sagte Del. »Du bist jetzt schon zehn Minuten drin.«
    »Kommt jemand?«
    »Noch nicht.«
    »Bin gleich da.«
    Von der Treppe aus fiel sein Blick auf die Tiefkühltruhe. Er ging hin, öffnete sie, sah einen Haufen weißer Fleischverpackungen darin, einige Päckchen mit Mais und einen Schuh.
    Wie bitte? , sagte sein Gehirn.
    Als er die Verpackungen beiseiteschob, kam Brian Hansons mit Raureif bedecktes Gesicht zum Vorschein.
    Heilige Scheiße , dachte Lucas, legte die Verpackungen wieder darüber, schloss den Deckel der Gefriertruhe und rannte die Treppe hinauf. Erinnerte sich gerade noch, das Kellerlicht auszuschalten und die Tür zu schließen. Auf dem Weg zur Vordertür wählte er Dels Nummer.
    »Ja?«
    »Ich komme jetzt raus.«
    »Fünfzehn Sekunden.«
    Lucas schaltete das Licht oben aus, trat auf die Veranda, zog die Tür zu, schlenderte so entspannt wie möglich zu dem Wagen, den Del an den Gehsteigrand lenkte, und stieg in den Lexus.
    »Alles ruhig«, teilte Del Lucas beim Losfahren mit.

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