Zu cool für dich
Jennifer Anne: Käsemakkaroni, Eisbergsalat mit Thousand-Island-Dressing und Wackelpudding in Förmchen mit je einem Sahneklecks drauf. Es war nicht zu leugnen – hier waren Welten aufeinander geprallt; doch als das Gespräch schließlich auf Hochzeitspläne und -vorbereitungen kam, wurde rasch deutlich, dass es durchaus Gemeinsamkeiten gab.
»Ich weiß überhaupt nicht, wo ich anfangen soll«, sagte Jennifer Anne. Sie und Chris hielten während der gesamten Mahlzeit über Händchen, was ich ein bisschen übertrieben fand. Man konnte es ihnen nur durchgehen lassen, weil sie sich gerade erst verlobt hatten. »Hochzeitstorte, Einladungen, welcher Saal ... eben alles. Es gibt einfach zu viel zu bedenken.«
»So schlimm ist es auch wieder nicht.« Ich spießte etwas Salat auf meine Gabel. »Leg dir einen Aktenordner an, vergiss nie dein Notizbuch, hol immer mindestens zwei Angebote ein. Und feiert auf keinen Fall im
Inverness Inn
; die zocken einen nur ab und es gibt nicht mal genügend Klopapier in den Toiletten.«
»Hochzeiten machen Spaß«, flötete meine Mutter und nippte an ihrem Weinglas. Eine Spur von Traurigkeit huschte über ihr Gesicht. Sie schüttelte das Gefühl allerdings gleich wieder ab und lächelte Chris an.»Wenn ihr etwas braucht, egal was, Hilfe, Geld ... lasst es mich wissen. Versprich mir, dass du Bescheid sagst.«
»Mach ich«, antwortete Chris.
Ich räumte die Teller ab, während die drei anfingen über mögliche Daten, Orte et cetera zu diskutieren. All die Dinge, über die ich mir vor etwa einem Jahr den Kopf zerbrochen hatte, als meine Mutter die künftige Braut gewesen war. Mir kam es irgendwie unpassend vor, dass die eine Ehe am selben Tag geplant wurde, an dem die andere zu Ende ging. Als ob es eine Art perverses Austauschprogramm im Universum gab, damit die Ehengesamtzahl konstant blieb.
Mit den Tellern in der Hand drehte ich mich, bevor ich ins Haus ging, noch mal um und sah zurück in den Garten. Es war schon fast dunkel. Ich schloss kurz die Augen. Lauschte ihren Stimmen, dem Klang, der mal höher, mal tiefer durch die Abendluft schwebte. In Momenten wie diesem wurde mir nicht nur klar, dass ich wegging, sondern vor allem auch, dass das Leben ohne mich weitergehen würde. Ganz real. Meine Familie würde ihr eigenes Leben weiterleben. Wieder fühlte ich diese Leere in mir aufsteigen, wieder unterdrückte ich sie. Blieb trotzdem stehen, dort im Türrahmen, prägte mir den Klang ein. Den Augenblick. Versteckte ihn an einem sicheren Ort, damit ich ihn hervorholen konnte, wenn ich ihn mal brauchen würde.
Nach dem Essen packten Jennifer Anne und Chris ihre Tupperware ein und fuhren nach Hause. Ich gab ihnen alle Hochzeitsunterlagen mit, die ich aufbewahrt hatte: Broschüren, Preislisten, Telefonnummern (vom Abholservice bis zum besten Visagisten der Stadt). Als routinierteZynikerin hatte ich nicht dran gezweifelt, dass wir das alles noch mal brauchen würden. Und hatte Recht behalten. Allerdings anders als erwartet.
Meine Mutter gab mir einen Gutenachtkuss und ging ins Bett; sie wirkte noch ein wenig verheult, aber einigermaßen stabil. Ich ging in mein Zimmer, überprüfte, ob wirklich alles richtig einsortiert war, räumte ein paar Kartons um, packte letzte Kleinigkeiten ein. Dann setzte ich mich aufs Bett. Lauschte dem Summen der Klimaanlage, bis ich es nicht mehr aushielt.
Ich folgte dem Ruf einer extragroßen Cola light und fuhr zum
Quik Zip.
Als ich bei der Tanke ankam, entdeckte ich zu meiner Überraschung Lissas Wagen. Ich ging zu Lissa in den Laden und schlich mich von hinten an; sie stand vor dem Süßigkeitenregal und hielt in je der Hand eine Tüte, weil sie sich nicht zwischen Smarties und Maoam entscheiden konnte. Als ich sie in den Hintern kniff, schrie sie auf und die Tüten flogen ihr in hohem Bogen aus der Hand.
»Remy!« Sie gab mir einen Klaps auf die Finger. Und tatsächlich – sie errötete. »Mann, hast du mich erschreckt.«
»Tut mir Leid, ich konnte nicht widerstehen.«
Sie bückte sich und hob die Tüten auf. »Sehr witzig«, grummelte sie. »Was machst du überhaupt hier? Ich dachte, heute war dein großer Familienabend.«
»War er ja auch.« Ich ging zum Softdrink-Automaten rüber. Derzeit bekam ich schon beim kleinsten Detail nostalgische Gefühle. Jedenfalls war ich geradezu andächtiger Stimmung, als ich einen extragroßen Becher nahm und mit Eisstückchen füllte. »Er war sogar noch größer als geplant. Für dich auch
Weitere Kostenlose Bücher