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Zu cool für dich

Zu cool für dich

Titel: Zu cool für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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sein. Mit stoischer Miene betrachtete sie Pattys Gesicht, ihren aufgesetzten, verführerischen Schmollmund; Patty erwiderte den Blick starr.
    »Mom?« Behutsam legte ich meine Hand auf ihre. »Alles okay?«
    Sie schluckte, nickte. Ich konnte sehen, dass sie geweint hatte. Schwarze Wimperntuschebögen verschmierten die Umrisse ihrer Augen. Das beunruhigte mich fast am meisten. Denn selbst in schlimmsten Krisenzeiten sah meine Mutter eigentlich immer top aus.
    »Das Foto entstand in meinem Schlafzimmer. Auf meinem Bett«, sagte sie.
    »Ich weiß«, antwortete ich. Sie wandte sich um und warf mir einen verwunderten Blick zu. Ich ruderte sofort zurück. Es war besser, wenn ich die Tatsache, dass es noch einen Abzug von diesem Bild gab, für mich behielt. »Ich meine, das hinter ihr ist sein Wandteppich, nicht wahr?«
    Wieder richtete sie ihren Blick auf das Foto; einen Augenblick lang betrachteten wir es gemeinsam. Das einzige Geräusch kam von der Eiswürfelmaschine nebenan, die gerade munter und unbeschwert eine neue Ladung Eiswürfel in den Behälter spuckte. »Wenn ich ihn doch bloß getroffen hätte   ...«
    Ich zog einen Stuhl ran, setzte mich dicht neben sie und nahm erneut ihre Hand. »Ich weiß«, sagte ich. »Du bist extra eher aus Florida zurückgekommen, weil du es gar nicht erwarten konntest, ihn wiederzusehen. Und dann ist er nicht da und du erfährst plötzlich, was für ein Schwein er ist   ...«
    Sie unterbrach mich: »Nein, ich habe ihn nicht
getroffen
.« Beim Sprechen blickte sie geistesabwesend vor sich hin. »So viele Dosen, aber kein einziges Mal getroffen. Ich bin eine miserable Werferin.« Ein tiefer Seufzer. »Wenn wenigstens eine einzige   ... das hätte schon geholfen. Zumindest etwas.«
    Ich brauchte eine Sekunde, um zu kapieren. »Du hast die Dosen nach ihm geworfen?«
    »Ich war außer mir.« Sie schniefte und putzte sich die Nase. »Ach, Remy. Ich bin so traurig. Er hat mir das Herz gebrochen.«
    Wenn mir zum Lachen zumute gewesen wäre   – die Vorstellung, wie meine Mutter Don mit leeren
Gesundheit-garantiert -Dosen
bombardierte, hätte mich dazu bringen können. Aber als sie das sagte, verging mir das Lachen endgültig.
    Sie schniefte noch mal und hielt meine Hand ganz fest, klammerte sich geradezu daran. »Und nun?« Sie gestikulierte hilflos mit dem Taschentuch in der Hand. »Was soll ich denn jetzt machen?«
    Mein Magengeschwür, das sich seit langem nicht mehr gemeldet hatte, rumorte in meinem Bauch, als wollte es ihre verzweifelte Frage beantworten. Hilfe! Ich war so dicht davor gewesen zu entkommen; und nun trieb meine Mutter haltlos mitten auf dem Meer herum und brauchte mich mehr denn je. Eine neuerliche Woge von Hass durchflutete mich: Wie konnte Don nur so selbstsüchtig sein und mich mit diesem Desaster allein lassen, während er sich selbst verpisste, unbehelligt und frei? Wäre ich bloß hier gewesen, als das Ganze aufflog. Ich war nämlich eine gute Werferin. Ich hätte ihn nicht verfehlt. Kein einziges Mal.
    »Als Erstes solltest du vermutlich diesen Anwalt anrufen«, schlug ich vor. »Mr Jacobs. Oder Mr Johnson? Hat Don irgendwas mitgenommen?«
    »Nur eine Reisetasche.« Sie wischte sich über die Augen.
    Schon ging es wieder los. Klick. Als würde bei mir ein Schalter umgelegt, als wäre ich ein Roboter für Krisenbewältigung. Schließlich war es noch gar nicht solange her, dass Martin sie verlassen hatte. »Okay, wir müssen Don sagen, dass er zu einer bestimmten Zeit auftauchen und seinen Krempel abholen soll«, legte ich los. »Auf jeden Fall kann er nicht einfach kommen, wann es ihm passt. Und einer von uns muss während dessen im Haus sein. Außerdem sollten wir vorsichtshalber die Bank informieren und euer gemeinsames Konto sperren lassen. Er hat zwar genügend eigenes Geld, aber gerade in den ersten Tagen nach so einem Bruch ist es ja ganz normal, wenn jemand plötzlich komische Dinger abzieht.«
    Sie antwortete nicht, sondern blickte aus dem Fensterin den Garten, wo die Bäume im Wind schwankten, ganz leicht.
    »Also, ich suche jetzt die Nummer von dem Anwalt raus.« Ich stand auf. »Heute ist Samstag, er ist wahrscheinlich sowieso nicht in der Kanzlei. Aber wir kön nen ihm zumindest eine Nachricht hinterlassen, damit er sich so bald wie möglich   ...«
    »Remy.«
    Ich merkte jetzt erst, dass sie sich umgedreht hatte und mich ansah. »Ja?«
    »Lass gut sein, Liebling«, sagte sie leise.
    »Ich weiß, du bist durcheinander, Mom, aber wir müssen echt  

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