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Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Titel: Zuckerpüppchen - Was danach geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hassenmüller
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wurde. In der Nacht vor seiner Geburt hatte Pappi bei ihr gelegen. Angst hatte sie gehabt vor dem Fremden und Hartem an ihrem Oberschenkel. Mein Gott, sie war nie ein Kind gewesen.
     
    “Ist mir bei meinem ersten auch öfter passiert”, hörte sie eine dieser wunderbaren Frauen sagen. “Schwindelanfälle und Sodbrennen. Ach ja, man muß als Frau schon etwas dafür übrig haben.”
    Gaby sah sie dankbar an. Sie hatte dieselben Beschwerden. Schwindelanfall und Sodbrennen. Es war beinahe, als wenn sie so wäre wie andere Frauen.
    Langsam entspannte sie sich. Man sah ihr nichts an. Sie war schwanger. Schwanger sein war normal. War wunderbar. Man mußte schon etwas übrig haben für ein Kind.
     
    Das weitere Geschäftsessen war gut verlaufen. Das hatte Hubert auch gesagt. Er war auch nicht böse gewesen wegen ihres Schwächeanfalls. “Schließlich hast du ja mich zum Festhalten.”
    Aber gestern war es ihr wieder passiert. Und da war er nicht dagewesen. Sie hatte nur schnell ein Päckchen Kaffee und ein paar Kekse aus dem Supermarkt holen wollen. An der Kasse mußte sie warten. Stehen. Die Kassiererin sah sie gleichgültig an. Oder doch nicht? Die dachte doch hoffentlich nicht, daß sie den Kaffee stehlen wollte, weil sie keinen Korb genommen hatte? Demonstrativ hielt sie den Kaffee sichtbar vor sich. So etwas konnte man schon von ihr denken. Es wurde ja so viel gestohlen. Ihre Beine begannen zu zittern. Sie konnte sich nirgendwo festhalten. Doch, da, der Süßwarenständer bei der Kasse. Er schwankte unter ihrem krampfhaften Griff. Sie fühlte kleine Schweißperlen auf ihrer Oberlippe. “Ist Ihnen nicht gut?” — “Nein, ja, es ist nichts, nichts!” Endlich, sie war an der Reihe. Den Kaffee aufs Band legen, die Kekse daneben. Sie wollte nichts stehlen. Sie war nicht schlecht. Mit staksigen Beinen ging sie zum Ausgang, fühlte Blicke in ihrem Nacken, endlich, frische Luft, nur weg. Nie wieder ohne Einkaufswagen, schwor sie sich. An einem Einkaufswagen konnte man sich prima festhalten. So ein Schwindelanfall konnte schon einmal Vorkommen. Sie war ja schwanger. Das erklärte alles.
    Jeden Donnerstag erledigte sie nun zusammen mit Dagmar die wöchentlichen Einkäufe. Ein vertrautes Ritual. Am Einkaufswagen konnte sie sich gut festhalten. Niemand merkte dann, wenn sie zitterte. Hinterher fuhren sie zu Ursel zum Kaffee. Ursel war Dagmars andere deutsche Bekannte, die sich schon auf den deutschen Zuwachs in der Nachbarschaft gefreut hatte. Vom ersten Augenblick an fühlte Gaby sich zu ihr hingezogen. Sie war nicht so hübsch wie ihre einzige Kinderfreundin Elli, die sie damals mit ihrem glucksenden Lachen, den dunklen Kräusellocken und den dunklen Kohlenaugen bezaubert hatte. Sie hatte Elli geliebt. Aber dann hatte Elli sie verachtet, hatte gesagt, ich dachte, du seist meine Freundin, so eine wie du. Das war, nachdem Pappi auch etwas mit ihr getan hatte. Und Elli die Wahrheit ahnte.
    Ursel würde so etwas nie zu ihr sagen. Vielleicht nicht einmal, wenn sie etwas wüßte. Sie war so geradlinig, so durch und durch sauber, immer freundlich und lieb. “Ist doch kein Wunder, wenn du zitterst”, sagte sie, als Gaby ihr Andeutungen über ihre Schwäche machte, und bestrich ein frisches Brötchen mit Butter. “Wer geht auch einkaufen, ohne zu frühstücken? Komm, iß und ruhe dich aus.” Fürsorglich schob sie sie zu einem Lehnstuhl. “Setze dich hier an den Kamin, lege die Füße hoch. Das wird dir gut tun.” Gaby kuschelte sich dankbar in den Lehnstuhl und sah Ursel hinterher, die frisch gebrühten Kaffee aus der Küche holte. Ursel war nicht hübsch. Dünne, blonde Haare im praktischen Herrenschnitt, ein breitkantiges Gesicht, eine zu große Nase. Aber strahlend blaue Augen. Helle, klare Augen. Keine dunklen Bergseen. Solche Augen verbargen nichts. In ihrer Gegenwart entspannte Gaby sich. Ihre mütterliche Fürsorge hüllte sie in einen warmen Mantel von Geborgenheit ein. Sie hatte herrliche Backrezepte. “Ursels Apfelkuchen” notierte Gaby zärtlich auf dem handgeschriebenen Rezept. Einfach und doch köstlich, ideal, wenn Huberts drei Kinder aus seiner ersten Ehe kamen. Alle vierzehn Tage kamen sie, erst zum Kaffee, bitte mit selbstgebackenem Kuchen, und anschließend zum warmen Abendessen. Da war es schon gut, wenn man Freundinnen hatte, die so perfekte Hausfrauen waren. Sie mußte noch so viel lernen, um allen Ansprachen gerecht zu werden. “Liebe geht durch den Magen”, sagte Ursel und lächelte

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