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Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Titel: Zuckerpüppchen - Was danach geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hassenmüller
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reichlich sein Paco Rabanne über sich ausgoß, leise singend vor dem Spiegel seine Seidenkrawatte zum Knoten band. Wenn er zurückkam, wartete sie auf ihn. Stundenlang hatte sie mit blinden Augen vor dem Fernseher gesessen und versucht, an alle seine lieben Worte zu denken. Sie sah ihn forschend an. Er roch fremd. Aber er strich ihr zärtlich über die Haare. “Wie schön, daß du noch wach bist. Ich habe den ganzen Abend nur daran gedacht, daß ich mit dir schlafen will. Komm, ich habe großes Verlangen nach dir.” Und sie hatte gedacht...! Wie konnte sie nur! Sie hatte einfach zu wenig Vertrauen. Auch nur daran zu denken, daß er sie hintergehen würde. Er sagte doch immer wieder, daß er alles nur mit ihr erleben wolle. Er hatte es ihr auf den Knien geschworen. Nur Träume hatte er noch, Phantasien. Die erzählte er ihr. Das verstörte sie, sie wußte sie nicht einzuschätzen, aber Phantasien waren doch nur Hirngespinste, etwas, das jeder hatte? Sie selbst auch. Wenn er sie liebte, wünschte sie, daß es nie enden möge. Immer wieder dieses totale Glücksgefühl spüren, das ihren Körper erbeben ließ. “Ich wünsche dir die Erfüllung all deiner Wünsche”, raunte er an ihrem Ohr.
    “Schande”, rief die Menschenmauer um sie herum. “Schande.” Verzweifelt bäumte Gaby sich auf, riß an ihren Ketten. “Wir wollen ihre Hände”, forderten die Menschen auf der Tribüne. “Wir wollen ihre Füße”, schrien Menschen hinter ihr. Kraftlos sank sie auf die steinerne Pritsche zurück. Habt Mitleid, wollte sie rufen, so habt doch Mitleid, aber ihr Mund war zugeklebt. Sie sah zu der hochgewölbten Stuckdecke über sich, an der hervorquellende Augen jede ihrer zuckenden Bewegungen verfolgten. Mit gespreizten Beinen und weit auseinandergereckten Armen lag sie festgekettet auf der kalten Bank. Ein gesichtsloser Mann kam auf sie zu, in der Hand ein Beil. “Nein”, wimmerte sie tonlos, “nein!” Voller Panik warf sie ihren Kopf hin und her. Der Mann hob das Beil. Die Schneide blinkte. “Nein”, schrie sie gellend, “nein, nein!” Sie fuhr hoch, sie konnte sich bewegen, “nein, nein, nein!” Ihr Schrei nahm kein Ende. “Gaby”, jemand rüttelte an ihrer Schulter. “Gaby, so hör doch, du hast geträumt.” Jemand knipste das Licht an. Sie fuhr zusammen, blinzelte in die helle Deckenleuchte, legte ihre Hand vor ihre nassen Augen. “Meine Hände”, weinte sie, “sie wollten mir meine Hände abschlagen. Meine Füße.” — “Gaby, du hast geträumt!” Hubert rüttelte noch immer an ihrer Schulter. “So werde doch wach.” Sie sah ihn an. Hubert, ja, Hubert lag neben ihr. In ihrem Bett. Sie war nicht gefesselt. Niemand wollte ihr etwas tun. Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen, um die schrecklichen Bilder zu verdrängen. Es war nur ein Traum. Aber ihre Hand- und Fußgelenke schmerzten noch von den Ketten. In ihrem Kopf dröhnte noch der Ruf des Pöbels. “Schande, Schande!”
    “Bist du jetzt wach? Du hast geträumt. Träume sind Schäume.” Sie atmete tief durch. Ja, sie war wach. Nur ein Traum. Langsam sank sie auf ihr Kissen zurück, die Augen weit offen. “Du solltest abends nicht fernsehen”, sagte Hubert. “Dann geht nachts deine Phantasie nicht mit dir durch. Kann ich das Licht ausmachen?” — “Ja”, sagte sie und starrte weiter zur Decke. Nach einem Augenblick der Dunkelheit konnten ihre Augen langsam wieder Konturen erkennen. Ein voller Mond sandte einen milchigen Lichtschein durch die geschlossenen Gardinen. Nur nicht einschlafen. Diese Träume! Es war die Hölle. Alles war so echt, der Schmerz, die Angst, die Menschen. Früher hatte sie nie Alpträume gehabt. Nicht mehr, seit sie von zu Hause fort war. Robbie hatte sie oft gefragt: “Was hast du geträumt, Mausi?” — “Nichts”, hatte sie dann gesagt, “ich träume nicht.” Sie wollte auch nicht träumen. In ihren Träumen war sie immer hilflos gewesen. Sie wollte nicht hilflos sein. Wenn man hilflos war, war man dem anderen ausgeliefert, dann konnte man sich nicht wehren.
    Bei Robbie hatte sie sich wehren können. Sie stritten oft. Wutentbrannt standen sie sich gegenüber, zwei junge Kampfhähne, die ihre Krallen schleifen wollten. Hinterher mußten sie beide lachen. Es bedeutete nicht viel. Sie stritten sich, sie fielen sich in die Arme, er küßte sie. “Wenn du wütend bist, werden deine Augen ganz schwarz”, hatte er sie geneckt. “Schwarz wie die Nacht.” Dann schliefen sie miteinander. Sie hatte nie Angst

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