Zug der Traeume
braven Kindern, aber wenn er je hier feiern sollte, wird er Dreck machen, und er wird ganz definitiv versuchen, die Züge zu stibitzen. Er wird kreischen und spielen und eine Menge Spaß haben.
Und Tyler wird ihn dafür hassen.
»Komm, Kleiner!«, flüstere ich, gebe ihm einen Kuss hinters Ohr und halte ihn fester als nötig, so fest, dass es zu meinen zusammengebissenen Zähnen passt. »Gehen wir raus, auf der Holzlok spielen!«
Ich trage ihn weg, um nicht noch mehr hören zu müssen.
Es war ein Fehler herzukommen. Und das ist längst nicht der größte Fehler, den ich gemacht habe.
»Aber das ist einfach blöd«, sagt Lisa zu mir.
»Danke.«
Sie lehnt im Türrahmen meines Büros, nachdem sie in meine Sprechstunde geplatzt ist, um mich über mein Leben zu belehren. »Nein, im Ernst. Du hast gehört, wie er zu einer Kollegin irgendetwas dahergesagt hat. Er war dabei, einen Haufen Kinderdreck wegzumachen, und hat irgendeine herzlose Bemerkung über Kinder fallen lassen. Das bedeutet doch nicht, dass er ein Mistkerl ist. Ich wette, du hast so was ständig gesagt, bevor du Josh hattest.«
Das stimmt. Früher konnte ich Kinder immer nur in kleinen Dosen vertragen. Ich habe eine tiefe Abscheu vor Körperflüssigkeiten. Ich konnte noch nicht einmal eine Katze halten, so eklig fand ich es, wie sie alles herunterschlingen oder Körperteile von sich ablecken, an die ich noch nicht mal denken will.
»Ich sage so was heute noch«, gestehe ich.
»Na also, und warum darf er das dann nicht?«
»Darf er.«
Lisa runzelt die Stirn. Sie versteht nicht, warum ich ihr zustimme. »Genau. Und warum hast du dann beschlossen, dass du mit dem Kerl keine Zukunft hast?«
»Er ist sieben Jahre jünger als ich. Er arbeitet nur in Teilzeit. Er wohnt bei seinem Vater – ach je, er schläft bestimmt in seinem alten Kinderzimmer. Er hat was gegen Kinder …«
»Soweit du weißt.«
»Soweit ich weiß, ja. Und als ich ihm in der Öffentlichkeit begegnet bin, hat er so getan, als würde er mich nicht kennen. All das sagt mir, dass er nicht die emotionale Reife besitzt, die ich vernünftigerweise bei einem Partner suchen sollte.«
»Aber er ist gut im Bett, oder?«
Ich wende mich ab und widme mich intensiv dem Abrufen meiner E-Mails.
»Ach, komm schon! Er muss ein Gehänge haben wie ein Hengst, sonst würdest du bei diesen Dates nicht so durchdrehen.«
»Das ist geschmacklos.«
»Dann sag mir, dass er ein Cocktailwürstchen hat!«
Ich bin in Tylers Namen empört. »Er hat kein Cocktailwürstchen. Er ist … seiner Größe angemessen bestückt.«
Lisa fächelt sich Luft zu. Sie hat ihn auf dieser Fakultätsparty gesehen, weiß also, dass er groß ist. Sie weiß eine Menge über Tyler, denn sie hat mich ja von Anfang an auf dieser bizarren Reise begleitet. »Wenn er so gut ist, ist er es wert, ihn nicht aufzugeben.«
»Bis auf die vielen Gründe, die ich dir gerade genannt habe, aus denen er es
nicht
wert ist.«
»Gott, du bist so ein Feigling!«
Sie sagt es, als meinte sie es wirklich so, überhaupt nicht scherzhaft, und mir stehen die Haare auf den Armen zu Berge.
»Ich bin kein Feigling.«
»Doch. Weißt du, wie viele Dates ich hatte, seit wir uns bei dieser Partnerbörse angemeldet haben? Dreiundzwanzig. Ich habe nachgezählt. Ich habe die Latte so oft niedriger gelegt, dass sie schon im Dreck herumrollt, und immer noch keinen Typen gefunden – nicht
einen einzigen
–, der mich auch nur ein Zehntel so glücklich gemacht hätte, wie du an jedem einzelnen Morgen nach einem Date mit diesem Spinner aussiehst.«
Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das Argument
Außerdem bin ich in ihn verliebt
scheint mir irgendwie in die falsche Richtung zu zielen.
»Du suchst Ausreden, um nicht weiterzugehen, weil du Angst hast. Das ist feige. Einfach nur feige.«
»Nur keine falsche Scheu! Sag ruhig, was du denkst!«
»Ach, scheiß drauf!« Sie lächelt bei diesen Worten. »Scheiß auf dich und deinen angemessen bestückten Spinner! Selbst wenn er bei seinen Eltern im Keller wohnt und den lieben langen Tag Retro-Atari-Spiele spielt, du solltest ihm von Josh erzählen, und du solltest ihn nach einem Date fragen, irgendwo anders als im Eisenbahnmuseum. Selbst wenn er ein Unterwäscheschnüffler ist, solltest du das tun.«
»Ein Unterwäscheschnüffler?«
»Oder irgendein anderer zwielichtiger Perverser. Du findest es nur raus, indem du es versuchst. Und ich habe die Nase voll, ständig neue Kostüme für dich zu suchen.«
Ich wirbele
Weitere Kostenlose Bücher