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Zwanghafte Gier

Zwanghafte Gier

Titel: Zwanghafte Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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die Brechstange, die inzwischen auf dem Beifahrersitz lag. Sie war die einzige Waffe, das einzige Einbruchswerkzeug, das er auf die Schnelle hatte finden können – und wahrscheinlich auch nur deshalb, weil sie aus der Werkzeugtasche gefallen sein musste und in eine dunkle Ecke gerutscht war.
    Ein Glasschneider wäre nett gewesen. Oder ein Vorschlaghammer.
    Bereit oder nicht.
    Jude fragte sich erneut, wie Suzy mit der Polizei zurechtkam. Hätte er ein Telefon zur Hand gehabt, er hätte sie gern angerufen und ihr gesagt, dass Alex’ Wagen hier parkte.
    Aber kein Telefon und keine Zeit.
    Jude sah sein Spiegelbild im Rückspiegel, sah erneut, warum die Frau im Stau ihn so angestarrt hatte.
    Mit seinem schmutzigen, blutverschmierten Gesicht und den vom Kanalwasser glatten Haaren sah er aus wie ein Monster aus einem B-Movie der Fünfzigerjahre.
    Er atmete tief durch und öffnete die Tür.
    Bereit oder nicht.
    Nicht.

134
    »Bo«, sagt Frankie und folgt ihm in die Küche.
    Mit dem Rollstuhl zu fahren bereitet ihr größere Mühe als bisher. Alles fällt ihr von Minute zu Minute schwerer.
    »Bo, bitte«, sagt sie und bemüht sich nach besten Kräften, nicht zu jammern, wohl wissend, dass es ihn wütend macht. »Hilf mir wenigstens, bevor du gehst.«
    »Ich würde sagen, ich habe dir schon genug geholfen. Findest du nicht?«
    Er öffnet den Kühlschrank, holt ein Bier heraus und schlägt den Kronkorken an der Tischkante ab. Er wirbelt durch die Luft und landet auf dem Boden.
    »Pflege«, sagt er. »Putzen. Leichen beseitigen.« Er trinkt einen kräftigen Schluck und nimmt die Flasche wieder herunter. Seine schwarzen Augen funkeln kalt. »Mord.«
    »Mach mich sauber«, bettelt Frankie leise. »Bitte, Bo. Auch wenn du danach nichts mehr für mich tust ... bitte, bitte , hilf mir dieses letzte Mal.«

135
    Jude ging hinten herum.
    Das war der gleiche Weg, den Bolin vergangene Nacht mit der Leiche genommen hatte.
    Durch das Tor in der Hecke.
    Falls Bolin oder Frankie ihn beobachten sollten ...
    Jetzt ist es zu spät für eine Umkehr.
    Er war im Garten und ging über den Weg zum Wintergarten.
    Dann blieb er stehen, bückte sich und nahm einen großen Stein aus einem Blumenbeet.
    Die Brechstange in der rechten, den Stein in der linken Hand.
    Die Brechstange, um eine Tür oder ein Fenster aufzuhebeln.
    Der Stein, um Glas einzuschlagen.
    Oder Bolins Schädel.
    Was immer als Erstes nötig würde.

136
    Beide hören gleichzeitig das Geräusch.
    Aus dem Wintergarten.
    »Ich dachte, du hättest die Falltür zugemacht«, sagt Frankie verwirrt.
    »Natürlich habe ich das, verdammt«, erwidert Bo.
    Das nächste Geräusch ist unverkennbar.
    Berstendes Glas.
    »Scheiße«, sagt Bo.
    Er stellt das Bier auf den Tisch, schnappt sich ein Küchenmesser aus der Spüle und winkt Frankie, zu bleiben und still zu sein.
    Und langsam schleicht er in den Flur hinaus.

137
    Alex hörte es auch.
    Unter dem Boden, wo sie saß. Nur gedämpft zwar, doch es war eindeutig das Geräusch von zerbrechendem Glas.
    Bitte, Gott, bitte.
    Eine Fliege landete auf ihrer Lippe, und sie spie angewidert aus.
    Dann verstärkte sie ihren Kampf gegen den verknoteten Gürtel.
    Dabei lauschte sie aufmerksam und verzweifelt auf jedes weitere Geräusch.
    Bitte.
    Ihre rechte Hand war so plötzlich und überraschend frei, dass sie kaum glauben konnte, es geschafft zu haben.
    Sie bewegte die Finger, um wieder Blut hineinzupumpen.
    Danke.

138
    Jude ging hinein. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
    Er ließ den Blick durch den Wintergarten schweifen: rechts, links, oben, unten.
    Alles sah normal aus.
    Nett.
    Niemand zu sehen.
    Er hatte noch immer keinen richtigen, vernünftigen Plan.
    Er wusste nur, dass er Alex finden wollte.
    Und nach dem Lärm, den er beim Zerschlagen des Glases erzeugt hatte, rechnete er damit, dass Bolin – sollte er im Haus sein – jeden Augenblick mit einem ganzen Arsenal von Waffen auf ihn losstürmen würde. Und selbst mit seiner trauten Brechstange, das wusste Jude, würde er in seiner jetzigen körperlichen Verfassung nicht in der Lage sein, Bolin mehr als einen Kratzer zuzufügen.
    Also blieb ihm nur eins.
    Er atmete tief durch.
    »Alex!« , brüllte er, so laut er konnte.

139
    Alex hörte ihn, als sie gerade ihre andere Hand losband.
    Sie wusste , dass er es war.
    Freude und Erleichterung erfüllten sie.
    Dann Angst.
    »Jude!«
    Ihre Stimme hallte in der schwarzen stinkenden Leere wider.
    Sie bewegte beide Hände, rieb sich die Linke mit der

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