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Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Titel: Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Schuld?
    – In einer Laune der Natur, nicht in der Unerfahrenheit der Menschen. Bei unseren Manövern ist kein Versehen vorgekommen. Doch die Wirkung der Gleichgewichtsgesetze läßt sich nicht hemmen. Man kann wohl menschlichen Gesetzen Trotz bieten, aber nicht den Naturgesetzen sich widersetzen.«
    Diese Antwort gab mir keine Auskunft.
    »Darf ich wissen, mein Herr, fragte ich ihn, was diesen Unfall veranlaßt hat?
    – Ein ungeheurer Eisblock, ein ganzer Berg, hat sich umgewendet, erwiderte er. Wenn die Eisberge durch wärmeres Wasser oder wiederholte Stöße an ihrer Basis untergraben sind, verändert sich ihr Schwerpunkt. Dann wendet sich die ganze Masse, sie stürzen um. Dieser Fall ist eingetreten. Ein solcher Eisblock ist beim Umstürzen wider den Nautilus, der unter’m Wasser schwamm, gefallen. Dann glitt er darunter, hob ihn mit unwiderstehlicher Gewalt in die Höhe und brachte ihn in minder dichte Schichten, wo er jetzt auf der Seite fest liegt.
    – Aber kann man den Nautilus nicht durch Entleeren seiner Behälter frei machen, so daß er wieder in’s Gleichgewicht kommt?
    – Das geschieht in diesem Augenblick, mein Herr, Sie können hören, wie die Pumpen arbeiten. Sehen Sie auf den Zeiger des Manometer. Er zeigt an, daß der Nautilus im Steigen begriffen ist, aber der Eisblock steigt mit ihm zugleich, und bis daß ein Hinderniß seine steigende Bewegung hemmt, bleibt unsere Lage unverändert.«
    In der That, der Nautilus lag fortwährend auf der rechten Seite. Ohne Zweifel würde er sich aufrichten, wenn der Block selbst fest läge. Aber in diesem Augenblick, wer weiß, ob wir nicht an die Eisdecke oben anstoßen, ob wir nicht erschrecklich zwischen die beiden Eisoberflächen gedrängt wurden?
    Ich überdachte alle Consequenzen dieser Lage. Der Kapitän Nemo beobachtete unablässig das Manometer. Der Nautilus war seit dem Herabsturz des Eisberges um etwa hundertundfünfzig Fuß gestiegen, aber er blieb stets in demselben Winkel zur senkrechten Linie.
    Plötzlich spürte man im Schiffsraum eine leichte Bewegung. Offenbar richtete sich der Nautilus ein wenig auf. Die hängenden Gegenstände nahmen allmälig ihre richtige Lage wieder ein. Die Wände wurden fast wieder senkrecht. Keiner von uns sprach nur ein Wort. Mit unruhigem Gemüth beobachteten, spürten wir das Wiederaufrichten. Der Fußboden wurde wieder wagerecht.
    »Endlich sind wir aufrecht! rief ich aus.
    – Ja, sagte der Kapitän Nemo, und ging nach der Thüre des Salons zu.
    – Aber werden wir wieder flott? fragte ich.
    – Zuverlässig, erwiderte er, da die Behälter noch nicht leer sind; und sind sie leer, so muß der Nautilus wieder zur Meeresoberfläche aufsteigen.«
    Der Kapitän ging hinaus, und ich sah bald, daß man auf seinen Befehl die aufsteigende Bewegung des Nautilus gehemmt hatte. Wirklich würde er bald wider die untere Seite der Eisdecke gestoßen sein, und es war besser, ihn etwas tiefer sich bewegen zu lassen.
    »Wir sind gut davon gekommen! sagte darauf Conseil.
    – Ja, wir konnten zwischen diesen Eisblöcken erdrückt oder wenigstens eingesperrt werden. Und dann, Luftmangel … Ja! wir sind gut durchgekommen!
    – Wenn jetzt alles zu Ende ist!« brummte Ned-Land.
    Ich wollte mich nicht mit dem Canadier in eine unnütze Erörterung einlassen, und gab ihm keine Antwort. Uebrigens öffneten sich in diesem Augenblick die Läden, und durch das freie Glas drang das äußere Licht ein.
    Wir befanden uns, wie gesagt, im freien Wasser; aber in einer Entfernung von zehn Meter ragte auf beiden Seiten des Nautilus eine glänzende Eiswand. Ueber und unter uns eine gleiche Wand. Ueber uns, weil die untere Seite der Eisdecke gleichsam einen ungeheuren Plafond bildete. Unter uns, weil der herabgestürzte Block, indem er allmälig hinabrutschte, an den Seitenwänden auf zwei Stützpunkte gestoßen war, welche ihn in dieser Lage fest hielten. Der Nautilus war in einem wahrhaften Eistunnel eingesperrt. Es war ihm jedoch leicht, durch Vorwärts-oder Rückwärtsfahren aus demselben herauszukommen, um dann einige hundert Meter tiefer freie Bahn unter der Eisdecke zu finden.
    Die Leuchte am Plafond war erloschen, und dennoch war der Salon von starkem Licht zum Blenden erhellt, weil die Lichtströme des Fanal von den Eiswänden in großer Stärke zurückgestrahlt wurden. Unbeschreiblich war die Wirkung der Voltaischen Strahlen auf die großen, launenhaft gestalteten Eisblöcke mit ihren verschiedenen Winkeln, Spitzen, kleinen Flächen, welche

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