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Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Titel: Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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erwiderte der Kapitän Nemo mit ernster Stimme, indem er mich in das Fernrohr sehen ließ, welches zeigte, wie das Tagesgestirn vom Horizont genau in zwei gleiche Theile geschnitten war.
    Ich sah, wie die letzten Strahlen auf die Anhöhe fielen, und das Dunkel allmälig sich ihrem Abhang hinauf zog.
    Darauf legte der Kapitän Nemo seine Hand auf meine Schulter, und sprach zu mir:
    »Mein Herr, im Jahre 1600 erreichte der Holländer Gherrick, durch Stürme verschlagen, den 64° südlicher Breite, und entdeckte New-Shetland. Im Jahre 1773 kam der berühmte Cook längs dem achtunddreißigsten Meridian bis zum 67°30’, und 1774 auf dem hundertneunten Meridian bis 71°15’ Breite. Im Jahre 1819 befand sich der Russe Bellinghausen auf dem neunundsechzigsten, und 1821 auf dem sechsundsechzigsten Parallelkreis unter 111° westlicher Länge. Im Jahre 1820 fuhr der Amerikaner Morrel, dessen Berichte zweifelhaft sind, auf dem zweiundvierzigsten Meridian, und entdeckte das freie Meer unter’m 70°14’ der Breite. Im Jahre 1825 konnte der Engländer Powell nicht über den zweiundsechzigsten Grad. In demselben Jahre drang ein einfacher Robbenjäger, der Engländer Weddel bis zum 72°14’ der Breite auf dem fünfunddreißigsten Meridian, und bis zu 74°15’ auf dem sechsunddreißigsten. Im Jahre 1829 nahm der Engländer Forster, Commandant des Chanticleer, Besitz vom Südpolcontinent unter 63°26’ Breite und 66°26’ Länge. Im Jahre 1831 entdeckte der Engländer Biscoe am 1. Februar das Land Enderby unter 68°50’ Breite, 1832 den 5. Februar das Land Adelaide unter 67° Breite und am 21. Februar das Graham-Land unter 64°45’ Breite. Im Jahre 1838 mußte der Franzose Dumont d’Urville vor der Eisdecke unter 62°57’ Breite halt machen, nahm jedoch das Land Louis-Philippe auf; zwei Jahre später unter 66°30’ das Land Adelie und gleich darauf unter 64°40’ die Küste Clarie. Im Jahre 1838 kam der Engländer Wilkes bis zum 69. Breitegrad auf dem hundertsten Meridian; 1839 entdeckte der Engländer Balleny das Land Sabrina an der Grenze des Polarkreises. Endlich entdeckte der Engländer James Roß mit dem Erebus und Terror unter 76°56’ Breite und 171°7” Länge das Land Victoria; sodann nahm er unter’m 74° Breite den höchsten damals erreichten Punkt auf; nachher kam er noch zu 76°8’; 77°32’ und 78°4’; im Jahre 1842 kam er wieder, konnte aber nicht über den 71. Grad dringen. Nun aber habe ich, Kapitän Nemo, am 21. März 1868 den Südpol unter’m 90. Grad erreicht, und ich nehme von diesem Theil des Erdkreises Besitz.
    – In wessen Namen, Kapitän?
    – In meinem eigenen, mein Herr!«
    Und bei diesen Worten entfaltete der Kapitän Nemo eine schwarze Flagge mit einem goldenen
N
.
    Darauf zum Tagesgestirn gewendet, dessen letzte Strahlen den Horizont des Meeres berührten, rief er aus:
    »Lebe wohl, Sonne, und lasse eine sechsmonatliche Nacht ihre Schatten über mein neues Reich breiten!«
Fünfzehntes Capitel
Unfall oder Zwischenfall.
    Am folgenden Tage, den 22. März, wurden um sechs Uhr früh die Vorbereitungen zur Abreise begonnen. Der letzte Dämmerschein zerfloß in Nacht.
     

    Polargevögel. (S. 365.)
     
    Es war streng kalt; die Sternbilder schimmerten in auffallend starkem Glanz. Im Zenith strahlte das wunderschöne Südkreuz, der Polarstern der antarktischen Gegenden.
     

    Den Pic hinaus. (S. 373.)
     
    Das Thermometer zeigte zwölf Grad unter Null, und wenn frischer Wind wehte, verursachte er stechenden Schmerz. Die Eisblöcke vermehrten sich auf dem freien Wasser; das Meer fing an überall zu gefrieren. Zahlreiche schwärzliche Platten auf seiner Oberfläche kündigten die bevorstehende Bildung frischen Eises an. Offenbar war das südliche Becken, wenn es während der sechs Wintermonate gefroren war, durchaus unzugänglich. Was wurde aus den Wallfischen während dieser Zeit? Ohne Zweifel zogen sie unter der Eisdecke in andere Meere, die mehr Verkehr gestatten. Die Robben und Wallrosse, welche in so strengem Klima zu leben gewohnt sind, blieben in den Eisgegenden. Diese Thiere werden durch Instinct getrieben, Löcher in die Eisfelder zu bohren und sie beständig offen zu halten, um an denselben Luft zu schöpfen. So sind denn, wenn auch die Vögel vor der Kälte nach Norden wandern, diese Seesäugethiere die einzigen Herren des Polarcontinents.
    Unterdessen waren die Wasserbehälter gefüllt worden, und der Nautilus tauchte langsam hinab und machte in einer Tiefe von tausend Fuß Halt.

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