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Zwei bemerkenswerte Frauen

Zwei bemerkenswerte Frauen

Titel: Zwei bemerkenswerte Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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Malen hatte ich über diese Felsen geschaut und nichts gesehen. Es war immer wieder überraschend, was sich hier finden ließ. Wir waren von unzähligen Tierkörpern umgeben, die nur auf ein Paar aufmerksame Augen warteten, um entdeckt zu werden.
    «Wir wollten gerade unsere Ladung nach Charmouth tragen, da ist Billy über die Kante gestolpert», erklärte Davy.
    «Du bist drüber gestolpert, nicht ich», erwiderte Billy.
    «Nein, du warst’s, du Tölpel.»
    «Nein, du …»
    Ich ließ die Brüder streiten und betrachtete die Wirbel genauer. Ich wurde immer aufgeregter. Die Wirbel waren länger und dicker als die von einem Ichie. Ich verfolgte die Umrisse und suchte die Stelle, wo die Flossen sein mussten. Tatsächlich entdeckte ich dort genügend Hinweise auf lange Paddelknochen. «Es ist ein Plesiosaurier», verkündete ich. Die Days hörten zu streiten auf. «Eine Schildkröte», erklärte ich, denn das lange fremde Wort würden sie nie lernen.
    Davy und Billy blickten erst einander an und dann mich. «Das ist die erste Riesenbestie, die wir finden», sagte Billy.
    «So ist’s», stimmte ich zu. Die Days hatten schon Riesenammoniten freigelegt, aber noch nie einen Ichie oder Plesi. «Jetzt seid ihr auch Fossilienjäger.»
    Beide Days traten gleichzeitig einen Schritt zurück, wie wenn sie davon nichts wissen wollten. «O nein, wir sind Steinbrucharbeiter», sagte Billy. «Wir handeln mit Steinen, nicht mit Bestien.» Er nickte auf den Steinstapel, der nach Charmouth gebracht werden musste.
    Ich konnte mein Glück kaum fassen. Möglicherweise lag dort unten ein vollständiges Fossil, und die Days wollten es nicht! «Dann nehme ich es euch ab und bezahle euch die Stunden, die ihr fürs Ausgraben braucht», schlug ich vor.
    «Weiß nicht. Wir müssen die Steine liefern.»
    «Dann eben später. Allein krieg ich den nicht raus, du hast doch gesehen, dass ich an einem Ich … an einem Krokodil arbeite.» Ich war mir nicht sicher, ob ich mir das nur einbildete, aber ausnahmsweise schienen die Days sich nicht völlig einig zu sein. Billy wirkte dem Plesi gegenüber noch ablehnender, er wollte nichts damit zu tun haben. Ich glaubte den Grund zu kennen. «Lässt du dir etwa von Fanny vorschreiben, was du tun sollst, Billy Day? Glaubt sie, eine Schildkröte oder ein Krokodil könnten sich umdrehen und dich beißen?»
    Billy ließ den Kopf hängen, während Davy lachte. «Du bist ihm auf die Schliche gekommen!» Er wandte sich an seinen Bruder. «Also, was ist? Graben wir den jetzt für Mary aus, oder willst du lieber bei deiner Frau sitzen und dir die Eier halten lassen?»
    Billy knüllte seinen Mund zusammen wie ein Stück Papier. «Wie viel zahlst du uns?»
    «Eine Guinee», antwortete ich ohne zu zögern. Ich kam mir großzügig vor und hoffte, diese Summe würde auch die meckernde Fanny zum Schweigen bringen.
    «Aber erst müssen wir diese Ladung nach Charmouth bringen», meinte Davy. Das war seine Art, ja zu sagen.
    Besonders bei gutem Wetter waren mittlerweile so viele Leute am Strand unterwegs und suchten Fossilien, dass ich Mam holen und bei dem Plesi sitzen lassen musste, damit niemand anderes Anspruch darauf erhob. Ich war selbst schuld daran, dass es hier im Sommer so voll war, denn ich hatte die Strände von Lyme berühmt gemacht. Nur im Winter, wenn der bitterkalte Wind und der Regen alle vertrieben, waren die Strände noch menschenleer. Dann konnte ich den ganzen Tag draußen unterwegs sein und keiner Menschenseele begegnen.
    Die Days arbeiteten schnell und gruben den Plesi in zwei Tagen aus, ungefähr die gleiche Zeit, die ich für meinen Ichie brauchte. Da die beiden Ausgrabungsstellen nicht weit voneinander entfernt waren, konnte ich zwischen ihnen hin und her laufen und den Days Anweisungen geben. Es war kein schlechter Fund, auch wenn der Kopf fehlte. Anscheinend verloren Plesis leicht ihre Köpfe.
    Wir hatten gerade beide Funde in der Werkstatt abgeladen, als Mam von ihrem Tisch draußen auf dem Platz rief: «Hier sind zwei Fremde für dich, Mary!»
    «Um Gottes willen, jetzt wird es aber ganz schön eng hier unten», murmelte ich. Ich dankte den Days und schickte sie zu Mam hoch, die sie auszahlen würde, dann bat ich die beiden Besucher herein. Was für ein Anblick sich denen geboten haben muss! Die Fossilien von zwei Riesentieren lagen in verschiedenen Steinplatten auf dem Boden ausgebreitet – sie nahmen sogar so viel Platz ein, dass die Männer gar nicht reinkommen konnten, sondern mit großen

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