Zwei bemerkenswerte Frauen
gemeinschaftlichen Ausflügen entschuldigte und ich zunehmend gereizter reagierte. Allein Margaret machte es Spaß, diese neuen Städte zu erkunden, und sei es nur, um sich über die matschigen Straßen von Lymington oder das bescheidene Provinztheater in Eastbourne lustig zu machen. Am besten gefiel es ihr in Weymouth. Da König George diese Stadt sehr mochte, war sie populärer als die anderen, und es trafen täglich mehrere Kutschen aus London und Bath ein, die einen niemals versiegenden Zustrom vornehmer Gäste ausspuckten.
Ich selbst war während unserer Reise meistens schlecht gelaunt. Die Vorstellung, gegen den eigenen Willen in einen bestimmten Ort übersiedeln zu müssen, kann einem diesen als Urlaubsziel verleiden. Im Vergleich zu London musste natürlich jede andere Stadt den Kürzeren ziehen. Selbst Brighton und Hastings, Seebäder, die ich früher gern besucht hatte, schien es plötzlich an Esprit und Eleganz zu mangeln.
Bis wir Lyme Regis erreichten, waren von unserer Gesellschaft nur noch Louise, Margaret und ich übrig geblieben: John musste zurück in die Kanzlei und hatte seine Verlobte samt deren Mutter mitgenommen; unser Onkel hatte einen Gichtanfall bekommen, so dass er humpelnd mit unserer Tante die Rückreise nach Brighton antrat. Begleitet wurden wir jetzt von den Durhams, einer Familie, die wir in Weymouth kennengelernt hatten. Wir nahmen zusammen eine Kutsche, und sie halfen uns, eine Unterkunft in der Broad Street zu finden, der Hauptstraße von Lyme Regis.
Von allen Orten, die wir in jenem Sommer besucht hatten, war Lyme in meinen Augen der ansprechendste. Mittlerweile war es September geworden, ein Monat, in dem es überall schön ist, weil die milde Luft und das goldene Licht selbst den trostlosesten Ferienort aufhellen. Wir genossen das gute Wetter – und dass wir von unserer Familie und deren Erwartungen befreit waren. Endlich konnte ich mir eine eigene Meinung darüber bilden, wo ich gerne leben würde.
Lyme Regis ist eine Stadt, die sich ihrer geographischen Umgebung eher angepasst hat, als sich die Landschaft zu unterwerfen. Die steilen Pässe, über die man den Ort erreicht, sind für Kutschen unpassierbar, weshalb die meisten Reisenden beim Wirtshaus Queen’s Arms in Charmouth oder an der Straßenkreuzung von Uplyme aussteigen und sich von kleineren Wägen weiter befördern lassen. Eine schmale Straße führt bis an den Meeresstrand hinab, macht dort eine scharfe Biegung von der Küste weg und steigt gleich wieder hügelauf, als habe sie nur einen kurzen Blick auf die Wellen werfen wollen, um dann schnell zu fliehen. Unten an der Küste, wo der kleine Fluss Lym ins Meer mündet, hat sich das quadratische Stadtzentrum gebildet. Dort befindet sich das größte Wirtshaus des Ortes, das Three Cups , dem das Zollamt und der Ballsaal gegenüber liegen, der bei aller Bescheidenheit immerhin mit drei Kristallkronleuchtern und einem schönen Erkerfenster zum Strand hin aufwarten kann. Von diesem Zentrum aus erstrecken sich entlang der Küste und des Flusses die Wohnhäuser, während sich alle Geschäfte und die Stände des Shambles-Marktes an der Broad Street befinden. Im Unterschied zu Bath, Cheltenham oder Brighton wurde Lyme nicht geplant, sondern wucherte mal in diese, mal in jene Richtung, als habe es vergeblich versucht, den Hügeln und der See zu entkommen.
Aber Lyme hat noch eine zweite Seite, denn es sieht so aus, als grenzten unten am Meer zwei verschiedene Gemeinden aneinander, verbunden durch einen schmalen Strand, an dem sich in Erwartung der Besucherströme die Badekarren drängen. Dieses andere Lyme am westlichen Ende des Strandes scheint die See nicht zu fliehen, sondern sie zu suchen und zu umarmen. Dominiert wird dieser Stadtteil vom «Cobb», einer langen grauen Steinmauer, die wie ein gekrümmter Finger ins Meer hineinragt. Hinter dieser Mauer finden die Fischerboote und Handelsschiffe, die von überall her kommen, einen geschützten und ruhigen Ankerplatz. Der Cobb ist mehrere Meter hoch und so breit, dass man zu dritt Arm in Arm über ihn schlendern kann, wie es viele Feriengäste tun, um von dort den schönen Ausblick auf die Stadt und die dramatische Küstenlinie mit ihren sanften Hügeln und den grünen, grauen und braunen Klippen zu genießen.
Bath und Brighton sind trotz ihres Umlands schön, da sie das Auge mit ihren glatten Steinfassaden und dem gleichmäßigen Stadtbild erfreuen. Lyme jedoch ist wegen seines Umlands schön und trotz seiner langweiligen
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