Zwei Herzen im Einklang
einen neuen Weg zu finden. Und dann wirst du eine Abenteuergeschichte in deiner Beziehung schreiben. Das wird dich so viel mehr erfüllen als die Pläne und Ziele deines Egos. Du kannst die Wahrheit des Pionier -Archetyps und deine Abenteuergeschichte nutzen, um mit allen deinen Abwehrmechanismen in Berührung zu kommen und sie abzuschmelzen.
Lektion 2
Die Waise
Theresa war eine Frau Ende fünfzig. Sie hatte in einem Rollenspiel am Morgen während des Kurses die Mutter einer anderen Person gespielt und fühlte, dass sie jetzt bereit wäre, zur Fokusperson zu werden. Das Los traf sie dann auch. Obwohl sich zweihundert Namen im Lostopf befanden, wurde Theresas Name als Nächster gezogen. Sie begann, etwas über ihre Hautprobleme zu berichten, sprach dann aber davon, wie unzulänglich sie sich fühlte. Sie meinte, dass sie die nächsthöhere Ebene auf dem Weg zum Erfolg nicht würde erreichen können, weil sie damit einfach nicht klarkäme.
Ich erklärte ihr, dass, egal, was andere Leute als Ursache dafür ansahen, in Wahrheit ein Teufelskreis von Angst und Unzulänglichkeit dahinterstecken würde. Oft bringt dieser Teufelskreis die Menschen dazu, ihn mit Perfektionismus zu kompensieren und sich selbst laufend anzutreiben. Ich legte dar, dass Perfektionismus eine Kompensation für Unzulänglichkeit sei, und unabhängig davon, wie viel ein Perfektionist auch leisten würde und wie gut er auch alles machte, das Gefühl von Unzulänglichkeit nie verschwinden würde.
Ich bat Theresa, die Rolle ihrer eigenen Mutter zu spielen. Dann fragte ich sie, in der Rolle ihrer Mutter: »Was hast du gespürt, als Theresa geboren wurde?«
»Nichts, ich habe nichts gefühlt.«
»Hast du deine Tochter geliebt?«
»Nein«, antwortete sie.
»Ich weiÃ, dass Menschen entweder etwas fühlen oder sie wehren gewisse Gefühle ab«, sagte ich. »Ich frage mich, welche Gefühle du abwehrst?«
»Mädchen haben wir in unserer Familie nicht geschätzt. Wir wollten nur Jungen. Wir hatten einen Jungen und schon drei Mädchen.«
Ich sagte zu Theresa, die ja in diesem Rollenspiel ihre Mutter verkörperte: »Wenn du Mädchen nicht geschätzt hast, dann deshalb, weil du dich als Frau nicht geschätzt hast.«
Dann bat ich Theresa, wieder ganz sie selbst zu sein, und fragte sie, wie sie sich damals als Kind gefühlt hatte.
»Ich habe mich verlassen gefühlt. Ich hatte ein gebrochenes Herz. Wertlos. Fürchterlich.«
Ich habe in meiner Arbeit mit so vielen Menschen und ihren Traumata festgestellt, dass, wenn ein Kind traumatisiert worden ist, es in seinem Inneren dasselbe Gefühl gespürt hat, das alle anderen Beteiligten auch empfunden haben.
Als Nächstes berichtete Theresa, dass sie als einjähriges Kleinkind in sehr heiÃes Wasser gefallen und ihre Haut durch die Verbrennungen vernarbt war. HeiÃes Wasser symbolisiert Wut, und so fragte ich sie, auf wen sie mit einem Jahr so sauer war. Theresa sagte: »Auf meine Eltern.«
Theresas Eltern hatten schon vier Kinder und sie konnten ein fünftes nicht auch noch ernähren. Sie schafften es gerade so, sich in dem armen lateinamerikanischen Land, aus dem Theresa stammte, über Wasser zu halten.
»Dein Vater und deine Mutter haben genau dasselbe gefühlt wie du. Für deine Mutter war es eine Frage des Ãberlebens. Sie gab dich fort, weil die Bindung mit dir noch nicht so stark war wie mit den anderen Kindern, die schon drei Jahre
vor dir da waren. Aber du weiÃt ja genau, was sie gespürt hat. Stelle dir selbst die Frage, wie du dich fühlen würdest, wenn du eines deiner Kinder abgeben müsstest.«
Ich sagte Theresa: »Ich für meinen Teil würde alles tun, um nur ja kein einziges meiner Kinder zu verlieren. Ich würde lieber einen Arm hergeben. Stell dir vor, wie sich dein Vater gefühlt haben muss, dass er nicht in der Lage war, seine ganze Familie zu ernähren. Denk mal dran, wie sehr er sich als Versager empfunden haben muss.«
Ich weiÃ, dass es für Kinder nur eine Sache gibt, die wertvoller ist als ihre Träume, ihre Gesundheit, ihre sexuelle Integrität und sogar wertvoller als ihr eigenes Leben. Das ist ihre Familie. Sie lieben ihre Familie sogar mehr als ihr Leben und sie sind bereit, alles zu tun, um die Familie zu retten. Sie werden den Helden spielen oder den Märtyrer, der sich aufopfert, oder
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