Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt
Ehemänner sind unbedingt zu meiden
Es war eine schöne Gegend. Eine echte Silberhochzeitsgegend. Irgendwann in den nächsten 25 Jahren würden sie hier alle ihre Silberhochzeit feiern. In der Zwischenzeit fährt er täglich mit der M-Klasse ins Büro. Außer am Wochenende, weil er dann ihr freches Cabrio oder den kleinen Geländewagen in die Waschstraße fährt. Und abends geht man um den Block. »Is noch so mild draußen«, wird er sagen, und dann nimmt sie ihre dünne Kaschmirstrickjacke und ruft in den Garten: »Mitzi, komm, wir gehen um den Block.« Und dann ziehen die drei los. Das Silberpaar und die Hauskatze. Gemächlich auf dem wöchentlich geharkten Sandweg. Und als die drei an mir vorbeigingen und ich mit meinen Stilettos im Grünstreifen versank, weil ich die Katze nicht erschrecken wollte, wurde mir plötzlich bewusst, wie gefährdet ihre heile Welt ist.
Schuld sind die Singles. Sie verderben den Silberhochzeitstraum. Ich war auf dem Weg zu der Grillparty eines sehr netten Paares, von dem ich mir ziemlich sicher bin, dass sie in etwa 21 Jahren silberne Hochzeit feiern würden. Und ich war allein. Wenn man einen entspannten Grillabend verleben möchte, sollte man das nicht tun. Allein sein, meine ich. Denn falls es stimmt, dass Männer und Frauen von unterschiedlichen Planeten stammen, liegt zwischen Single- und Ehefrauen ein ganzes Sonnensystem. Deshalb lautet Regel Nummer eins für einen gelungenen Grillabend: Ehemänner sind unter allen Umständen zu meiden.
Es sei denn, man hat einen Walker dabei. Einen netten, kultivierten, seiner Begleitung gegenüber völlig geschlechtsneutralen Mann. Ja, so was gibt es, aber sie sind so rar, dass sich meist mehrere Frauen einen teilen müssen, was für den Walker den Vorteil hat, dass er sich unter allen Abendeinladungen immer die beste herauspicken kann. Bei Veranstaltungen wie Grillpartys in Zehlendorf sind Walkerbesonders wichtig, weil der Single sich sonst wie eine leere Hand fühlt, die es gewohnt ist, eine Zigarette zu halten.
Mein Walker hatte an diesem Abend etwas Besseres zu tun. Und ich hätte wirklich gern Regel Nummer eins beherzigt, aber was soll man tun, wenn man das einzige Nicht-Pärchen des Abends ist? Es geschah, was in solchen Fällen immer passiert. Nehmen wir mal an, man unterhält sich mit einem vergebenen Mann. Ich garantiere, dass keine drei Minuten vergehen, bis seine Frau/Freundin/Verlobte Lammkotelett und Rucola stehen lässt und sich mit diesem »Er gehört mir«-Ausdruck an seine Seite stellt, die vermeintliche Rivalin fixiert und schließlich die Hand so entschlossen herüberreicht, als gelte es, einen Nichtangriffspakt zu besiegeln. »Hallo, und ich bin die Anne.« Und dann beginnt sie zu wiren. »WIR essen so gerne Lamm, seit WIR auf unserer Hochzeitsreise in Neuseeland waren … WIR müssen morgen ganz früh raus … WIR hatten gedacht, hier wären nur WIR Nachbarn eingeladen …«
Alles ist WIR. Immer höher errichtet sie die Wir-Barriere. Man könnte sagen: »Jetzt entspannen wir uns mal alle, weil niemand außer dir etwas von deinem Mann will, dem übrigens gerade Ketchup vom Kinn tropft. Vielleicht könntet IHR den mal abwischen.« Aber man sagt es nicht. Es wäre gegen die Spielregeln. Sie denkt, sie weiß, was wir denken; wir denken, wir wissen, was sie denkt; er denkt einfach nur: »Mist, hätte ich die Alte bloß zu Hause gelassen.« Oder so ähnlich. Jedenfalls ist es gegen die Spielregeln, irgendetwas zu sagen, das die Lage klären könnte. Denn die Übersetzung von: »Du, ich will bestimmt absolut gar nichts von deinem Mann« ist gleichbedeutend mit: »Wo hast du die alte Schabracke eigentlich her?«
Besser ist es – Regel Nummer zwei –, sich mit der Frau zu verbünden, über ein Sonnensystem hinweg. Ein paar Singleschmankerln einzustreuen, überdurchschnittlich oft das Wörtchen »ihr« zu verwenden und lobend zu erwähnen, wie toll ihre Figur nach der zweiten Geburt schon wieder in Form ist. Und dann wird es vielleicht sogar ein schöner Abend, weil man merkt, dass Sonnensysteme auch verdammt klein sein können, und man sieht dieses Glitzern in den Augen und überlegt kurz, ob man auch von deneinsamen Sonntagen erzählen soll, lässt es dann aber sein. Denn das könnte so aussehen, als ob man doch etwas von Ketchup-Kinn wollte. Wenn man die neuen Freundinnen dann anschaut, die diese Erzählungen aufsaugen wie eine längst vergessene Folge von »Sex and the City«, ist man froh, dass man den Walker nicht
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