Zwei Krankenschwestern auf dem Jacobsweg oder im Oktober gibt es keine Nachtpilger (German Edition)
Wanderschuhe an und pilgert nach Santiago. Dort und am Ozean verbringt er den Herbst und den Winter bis der Frühling ihn wieder zur Turnhalle schickt. Was für ein Leben, für uns unvorstellbar.
10. Oktober 2011, Montag, Estella - Los Arcos, 21,5km, Sonne, 35ºC
In der Turnhalle, bei Peter, haben wir gut geschlafen. Wir frühstücken in der Hallen -Bar. Das bekommt man auf dem Weg nicht oft geboten. Wir sitzen mit unseren ständigen Begleitern, einem spanischen Paar am Tisch. Ständige Begleiter, weil wir den Beiden mindestens 1x am Tag auf dem Weg begegnen. Wenn wir Pause machen überholen sie uns und wir winken ihnen zu, manchmal auch umgekehrt. Sie sind äußerst nett und lieb. Er ist ein älterer Herr und sie etwas größer und jünger wirkend. Wir rätseln seit Tagen, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen.
Vielleicht Tochter und Vater, oder Patient und Pflegerin - wir vermuten er hat Diabetes. Wir kamen heute das erste Mal mit Ihnen ins Gespräch - wenn man das so bezeichnen kann. Wir verständigen uns mit Händen und Füßen, das klappt hier alles. Dabei haben wir auf jeden Fall viel gelacht. Der Tag fängt gut an!
Das Frühstück ist beendet und wir verlassen 8 Uhr unsere Herberge. Heute kommen wir zu einem ganz besonderen Ort auf dem Weg. Darauf freue ich mich schon sehr lange, eigentlich seit ich das Buch von H. P. Kerkeling gelesen habe. Der Weinbrunnen von Irache. Er wurde zu Werbezwecken eingerichtet und es hat sich wohl schon herumgesprochen, was für ein herrliches Ding hier steht. Zwei Zapfstellen spenden Getränke, rechts, wie es sich auf dem Jacobs gehört - Wasser - und links, wie im Schlaraffenland - köstlicher „Vino tinto“. So soll es sein. Die Enttäuschung ist allseits groß, als die Pilgermeute bemerkt, dass zu dieser Stunde kein Tropfen Vino tinto die Weinkellerei verlässt. Schade! Es herrscht ein großes Gedränge. Jeder versucht sein Glück am linken Hahn und alle sind frustriert. Schließlich findet man sich doch mit der Tatsache ab und Erinnerungsfotos werden schnell noch gemacht. Am Abend erfahren wir von Maria und Helmut, dass einige Stunden später der rote Rebensaft wieder sprudelte. Wohl zu früh aufgestanden!?
10. Oktober 2011, Estella - Los Arcos, Der Weinbrunnen von Irache
Die Landschaft gibt heute wieder alles, Ebenen, Berge, schwere Anstiege, vorsichtig zu genießende Abstiege und wunderbare Natur. Auch das Wetter dreht heute wieder voll auf, 35°C. Vielleicht doch gut, dass der Brunnen nicht funktioniert hat. Heute treffen wir den Pilger mit seinem Hund, der sein Futter in einer kleinen Satteltasche selber tragen muss. Gestern sind wir ihm schon einmal begegnet und haben uns über den hübschen Hund gefreut. Er, der Hund, heißt "Einstein" und ist ganz lieb und zutraulich, er riecht wohl unseren Käse. Er bekommt von uns ein paar Streicheleinheiten und dann muss er seinem Herrchen weiter folgen.
Nach einem langatmigen Aufstieg erreichen wir den Ort Monjardin. Hier gibt es eine sehr schöne und sogar offene Kirche. Wir nehmen die seltene Gelegenheit wahr und schauen hinein.
Karola spricht ein Gebet für uns, ich sitze und schaue das schöne Gotteshaus an. Ein alter Mann wirtschaftet in der Kirche und deutet mir, er möchte uns einen Stempel ins Heftchen drücken. Das freut uns und wir rücken gerne unsere Pilgerpässe heraus. Er ist stolz auf seine Kirche, versucht mir die heiligen Figuren zu erklären. Der heilige Andreas gibt der Kirche ihren Namen: „Iglesia de San Andres“. Wir schauen uns danach im Ort nach einer Bar um, aber es scheint hier nichts dergleichen zu geben. Heute sind sehr viele Pilger unterwegs. Wir machen gleich hinter dem Ort Pause, in der Hoffnung, dass später der größte Pilgerschwung abgezogen ist. Wir befreien unsere Füße, essen etwas und schauen den Vorbeiziehenden hinterher. Die Pause beenden wir nach einer ½ Stunde, weil wir lieber mittags noch mal ausruhen wollen. Wir wandern heute meistens auf freier Strecke, die nächsten 12 Kilometer gibt es keine Ortschaft, nur Getreidefelder, Weinberge und in der Ferne sehen wir Wälder. Wir sind den ganzen Tag der Sonne ausgesetzt. Ohne Hut und ausreichend Getränke geht gar nichts. Der Pilgerführer hat uns zum Glück vorgewarnt. In der Mittagspause finden wir einen abgelegenen Platz, aber Sonnenschutz gibt es heute nicht.
In Los Arcos beziehen wir heute Quartier und auch Leni ist schon hier, ihr erinnert Euch, sie hat ein Problem mit ihrem Gatten und läuft jetzt mit Fr. Doktor aus
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