Zwei wilde kleine Hexen
gewesen war. Dunkel und leer war alles, bis auf raschelnde Mäuse und Spinnweben. Die Mädchen waren froh, als Elfriede die Besensuche aufgab und sie wieder ins Freie kletterten. »Ich könnte diesen Besen ja auch selber machen«, sagte die Hexe. »Aber das ist viel Arbeit. Zaubern ist dabei nämlich verboten. Und ich bin eine faule Hexe.«
Also ging die nächtliche Suche weiter. Der Mond wanderte über den Himmel, und sie wanderten durch fremde Gärten, schlichen sich in fremde Schuppen, über verlassene Parkplätze und an beleuchteten Geschäften vorbei. Eine merkwürdige Gesellschaft: zwei Mädchen in sonderbarer Kleidung, eine nicht weniger sonderbar gekleidete Frau mit einem Dolch im Gürtel und einer Schlange um den Arm, ein Kater und ein Riesenhund, die friedlich nebeneinanderher trabten.
Das alles war so unwirklich, dass Rosanna sich wie eine Traumwandlerin fühlte.
Erst als der Mond verblasste, kehrten sie zu Lillis Haus zurück. Die Hexe hatte die Taschen voll mit Kräutern, Vogelfedern und kleinen Steinchen. Aber den richtigen Besen hatten sie nicht gefunden.
»Verflucht und zugehext! Plastikstiele, Plastikstiele oder irgendein lackiertes Zeugs!«, schimpfte sie. »Also doch Handarbeit, Elfriede.« Sie rekelte sich und gähnte. »Was soll’s! Jetzt wird geschlafen. War auf jeden Fall mal was anderes, dieses Walpurgisfest. Allerdings etwas unerfreulich für meine Füße.«
»Wo gehst du jetzt hin?«, fragte Lilli. Die lange Wanderung im Mondlicht hatte ihren Zorn verrauchen lassen. Am liebsten hätte sie die aufgehende Sonne hinter den Horizont zurückgescheucht.
»Oh, mal sehen«, sagte Elfriede. »Vielleicht in den Garten voll Waldmeister und Gundermann?«
»Und?« Rosanna wagte kaum zu fragen. »Sehen wir dich wieder?«
»Mal sehen«, antwortete die Hexe. »Kann sein.« Sie winkte ihnen noch einmal zu, hüpfte über die leere Straße, stieg über einen Zaun und war verschwunden.
Wenn die Mädchen Zorro und Ramses nicht festgehalten hätten, wären sie ihr nachgerannt.
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Krötengift
Der erste Mai war genauso scheußlich wie der letzte Apriltag. Als Rosanna und Lilli aus ihren Betten krochen, hing der Himmel schon wieder voller Wolken. Grau und schwer schoben sie sich vor das letzte bisschen Blau und bald war das vertraute Klopfen und Tropfen des Regens zu hören. Die Zweige wurden wieder schwer, die Blumen neigten die Köpfe zur Erde.
Die Mädchen setzten sich an den Frühstückstisch.
»Na, wie habt ihr geschlafen?«, fragte Lillis Vater arglos. Er hatte immer noch Musik gehört, als sie sich mitten in der Nacht in Lillis Zimmer geschlichen hatten, und so war ihr Abenteuer unentdeckt geblieben.
Nach dem Frühstück liefen die Mädchen in den Garten und verwischten die Spuren ihres Hexentanzes. Die Tomatensuppe hatte der Regen längst von den Halmen gewaschen. Auf einem einsamen Würstchen saß eine Schnecke. Sie ließen sie sitzen. Der Besen, den die Hexe angezündet hatte, stand unversehrt da. Wie das Skelett einer Vogelscheuche. Nur ein bisschen Ruß klebte auf dem Stielende. Lilli nahm ihn mit in ihr Zimmer. Dort lagen Ramses und Zorro einträchtig nebeneinander auf dem Bett.
Kopfschüttelnd betrachtete Rosanna die beiden. »Ramses«, sagte sie. »Dass du dich plötzlich mit Hunden abgibst. Und dann auch noch mit dem da.«
»Was meinst du, sollen wir zu dem Haus gehen?«, fragte Lilli.
Rosanna nickte. »Wenn wir es wiederfinden.«
»Ich habe mir den Straßennamen gemerkt«, sagte Lilli. »Fingerkrautweg.«
Lillis Eltern saßen noch am Frühstückstisch, im Morgenmantel, die Zeitung vor der Nase. Ihre Schwestern lagen, wie immer um diese Zeit, noch im Bett.
»Wir gehen spazieren«, sagte Lilli.
»Was macht ihr?« Erstaunt guckte ihre Mutter über den Rand ihrer Zeitung. »Es regnet.«
»Ein Regenspaziergang«, sagte Lilli.
Das ließ auch ihren Vater die Zeitung senken. »Wollt ihr Zorro nicht mitnehmen?«, fragte er.
Lilli schüttelte den Kopf. »Der schmust gerade mit Rosannas Kater.«
»Was tut der?«, fragte Lillis Mutter ungläubig.
»Wir müssen los, Lilli.« Rosanna war ungeduldig.
»Hoffentlich wäscht der Regen dir die furchtbare Farbe aus den Haaren!«, rief Lillis Mutter ihnen hinterher.
Aber da waren die Mädchen schon draußen.
Suchend liefen sie durch die Straßen. Am Tag sah alles so anders aus. Fortgewaschen war das Blau der Nacht. Sogar die Blätter waren grau im Regen.
»Macht viel mehr Spaß, über Hecken zu klettern!«, stellte Rosanna
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