Zwei wilde kleine Hexen
hinterher.
»Guten Appetit«, sagte Rosannas Mutter. »Von wo kommen Sie, Frau …?«
»Elfriede Gundermann«, sagte die Hexe, den Mund voll heißem Risotto. »Ich komme aus – hm, schmeckt das köstlich –, ich komme aus, aus Schlangenstadt, ja. Das ist in der Nähe von Besenbrück.«
»Aha!«, sagte Rosannas Mutter etwas ratlos.
»Hallo, Bedienung!«, rief der dicke Mann und klopfte mit dem Löffel gegen seine Kaffeetasse. »Könnte ich noch einen Fruchtbecher haben? Aber mit etwas mehr Sahne, bitte.«
»Sofort!«, rief Rosannas Mutter. »Das ist schon sein dritter!« flüsterte sie und verschwand hinter dem großen Tresen, wo Rosannas Vater gerade die staubigen Gläser polierte.
»Da, seht ihr?«, raunte Elfriede. »Nelken ziehen solche Leute geradezu an.«
Der Mann bekam seinen Fruchtbecher, verputzte die Sahne und verfütterte zwei Kugeln Eis an seinen Hund.
»So ein Gast ist besser als gar keiner«, sagte Rosanna und schob ihren fast vollen Teller beiseite.
»Willst du nicht mehr?«, fragte Elfriede hoffnungsvoll. »Kann ich vielleicht noch …?« Ihr Teller war längst leer.
In dem Moment quakte die Kröte laut und vernehmlich.
Der Pudel spitzte die Ohren und sah in ihre Richtung.
»Still, Brunhilde!«, zischte die Hexe.
Aber die Kröte quakte wieder und schob einen Fuß aus der Tasche. Hastig griff Elfriede nach ihr, aber Brunhilde glitschte ihr durch die Finger und hüpfte in Rosannas Risotto.
Dem dicken Mann fiel der Eislöffel aus der Hand.
»Nun guck dir dein Jäckchen an!«, schimpfte Elfriede. »Völlig verschmiert. Hab ich nicht genug Sorgen am Hals, du freche Kröte?«
Mühsam zog die Kröte ihre Füße aus dem klebrigen Reis und hüpfte vom Teller. Rosannas Eltern standen wie versteinert hinter dem Tresen. Die reisverklebte Kröte watschelte unternehmungslustig über den Tisch und guckte in den leeren Aschenbecher. Lilli und Rosanna kicherten los. Sie konnten überhaupt nicht mehr aufhören.
»Brunhilde!«, sagte Elfriede drohend. »Brunhilde, du kommst auf der Stelle her.«
»Das ist unglaublich!«, rief der dicke Mann. »Unglaublich.«
Der Pudel wedelte wie verrückt mit dem Stummelschwanz. Plötzlich sprang er mit einem Satz vom Schoß seines Herrn, raste auf gut frisierten Beinen zwischen den Stühlen durch und bremste hechelnd vor Elfriedes Stuhl.
»Hallo«, sagte die Hexe. »Die Kröte schmeckt nicht. Du würdest dir nur den Magen verderben.«
Der Pudel legte den Kopf schief und sprang Elfriede auf den Schoß. Hochrot im Gesicht, kam der dicke Mann angeschnauft. Brunhilde saß mitten auf dem Tisch und gluckste leise vor sich hin.
»Mein Gott!«, schrie der Mann. »Wie widerlich! Eine Kröte! Und sie hat eine Jacke an!«
»Ja, sie friert so leicht!«, sagte Elfriede mit einem freundlichen Lächeln, während sie dem Pudel den Kopf kraulte. »Außerdem ist sie furchtbar eitel!«
Rosanna und Lilli kicherten immer noch.
»Lassen Sie sofort Ihre Finger von meinem Hund!«, brüllte der dicke Mann. Sein Pudel schnüffelte interessiert an der Schlangenbüchse.
»Das lässt du besser!«, flüsterte Elfriede ihm ins Ohr. »Das könnte sehr ungesund für dich werden.« Dann drückte sie ihn dem dicken Mann in die Arme.
»Netter Hund«, sagte sie mit zuckersüßem Lächeln. »Nur völlig falsch frisiert.«
Stumm vor Empörung packte der dicke Mann den Pudel und schleppte ihn wie einen Kartoffelsack an seinen Tisch zurück. Dort raffte er seine Sachen zusammen, warf Geld auf den Tresen und knallte die Cafétür hinter sich zu.
Leichenblass guckten Rosannas Eltern ihrem letzten zahlenden Gast hinterher.
»Komm her, Brunhilde«, murmelte Elfriede, packte die zappelnde Kröte und stopfte sie zurück in die Tasche.
Als Rosanna ihre Eltern ansah, blieb ihr das Kichern im Hals stecken. Lilli ging es genauso.
»Er war ein ganz fieser Kerl«, sagte Rosanna kläglich. »Hat euch dauernd rumkommandiert.«
Ihr Vater nickte. »Und bezahlt«, sagte er.
»Wir bezahlen auch«, rief Lilli und fischte ihr Taschengeld aus der Hosentasche.
»Lass stecken, kleine Lilli«, sagte Rosannas Mutter und sah zum Fenster hinaus.
»Hast du nicht zufällig ein paar Goldstücke dabei?«, fragte Rosanna Elfriede bitter.
Beschämt senkte die Hexe den Kopf.
»Im Goldmachen bin ich nicht besonders gut«, sagte sie.
In dem kleinen Café wurde es furchtbar still. Schließlich ging Rosannas Mutter in die Küche und ihr Vater stellte das Radio ganz laut.
Elfriede sah in den Regen hinaus und zupfte
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