Zweyer, Jan - Rainer
ersten Stock des Präsidiums, ließ sich ermattet auf seinen Stuhl sacken und fragte: »Gibt es schon Kaffee?«
Baumann sprang auf. »Leider ist unsere Kaffeemaschine immer noch kaputt. Die letzte habe übrigens ich bezahlt. Ich hoffe, du erinnerst dich noch.« Der Vorwurf in seiner Stimme war auch für den schläfrigen Brischinsky nicht zu überhören.
»Aber ich hol dir welchen. Wie immer?«
Brischinsky nickte.
Baumann ging zum Schrank und fischte ein Döschen wasserlöslichen Kaffee aus einer Schachtel. Das Gesöff, das der Automat auf dem Flur für fünfzig Pfennig ausspuckte, war fast untrinkbar. Mit Kaffeepulver aufgepeppt, schmeckte das Getränk zwar nur unwesentlich besser, sein Koffeingehalt war jedoch deutlich höher. Das verstärkte seine aufputschende Wirkung. Und genau darauf kam es an.
Als Baumann das Büro verlassen hatte, sichtete Brischinsky lustlos die eingegangene Post. Er gähnte herzhaft, lehnte sich zurück und schloss die Augen.
»Rüdiger, dein Kaffee.« Baumann berührte leicht seine Schulter.
Brischinsky schreckte hoch. »Scheiße, ich bin eingeschlafen.«
»Wann bist du ins Bett gekommen?«, erkundigte sich sein Mitarbeiter.
Der Hauptkommissar nahm einen Schluck von dem schwarzen Gebräu. Wie erwartet schmeckte der Kaffee nicht, war aber heiß und stark.
»Gegen sechs. Ich war zwar schon um drei wieder zu Hause, konnte aber nicht schlafen. Manchmal hasse ich unseren Job.
Ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, Menschen die Nachricht zu überbringen, dass einer ihrer Angehörigen tot ist.« Brischinsky schüttelte den Kopf.
»Und dann noch mitten in der Nacht! Gegen eins war ich in Herne. Ich habe bestimmt zehn Minuten vor der Haustür gestanden und geklingelt. Dann hat Frau Pawlitsch geöffnet.
Die Ehefrau des Toten. Sie ist zweiundsechzig. Erst zweiundsechzig! Verdammte Scheiße!« Brischinsky steckte sich eine Zigarette an und inhalierte tief. »Erst hatte ich den Eindruck, die Frau versteht nicht, was ich ihr sage. Deshalb habe ich sie gefragt. Doch, hat sie gesagt, ich habe Sie sehr wohl verstanden. Ich habe Sie genau verstanden. Dann ist sie zusammengebrochen. Einfach so. Sie hat nicht geweint, nicht geschrien. Ist einfach so umgefallen. Ich konnte sie gerade noch auffangen. Der Notarzt, den ich gerufen habe, hat ihr ein starkes Beruhigungsmittel gegeben. Dabei hat der Kerl mich angesehen, als ob ich Georg Pawlitsch auf dem Gewissen hätte.«
»Das ist doch Quatsch.«
»Natürlich. Ist mir aber so vorgekommen. Der Arzt hat dann von Frau Pawlitsch den Namen ihrer Tochter in Erfahrung bringen können. Ihre Rufnummer stand in einem Notizbuch, das neben dem Telefon lag. Die Tochter wohnt in Bochum. Sie heißt Ruth. Ich habe auf Ruth Pawlitsch gewartet und alles noch einmal erzählen müssen. Natürlich konnte weder sie noch ihre Mutter mir irgendwelche Fragen beantworten. Deshalb müssen wir heute noch einmal bei den Pawlitschs vorbei. Das ist wirklich ein beschissener Job.« Brischinsky lehnte sich zurück und rauchte schweigend.
Baumann hielt es für ratsam, nichts zu sagen.
Es klopfte und ein Bote brachte eine Akte. Baumann griff nach den Unterlagen und sagte, als er den fragenden Blick Brischinskys registrierte: »Der Laborbericht.«
»Lass hören.«
»Einen Moment.«
Der Kommissar überflog den kurzen Bericht. Brischinsky wartete ungeduldig.
»Unser Zeuge hatte Recht. Das Unfallfahrzeug ist ein Mercedes-Benz 230, Baujahr 1993 oder 1994. Farbe: metallic schwarz. Ob Limousine oder Kombi ist nicht feststellbar.
Die Splitter stammen vom Scheinwerfer und Blinker vorne rechts. Dieses Bauteil ist bei Limousine und Kombi identisch.
Und die Lacksplitter, die wir auf der Straße gefunden haben, sind identisch mit denen an der Kleidung des Opfers. Pawlitsch ist zweifellos von einem schwarzen Mercedes angefahren worden. Und wenn sich der Zeuge auch beim Kennzeichen nicht geirrt hat, kommt der Wagen aus Recklinghausen.«
»Immerhin schon etwas. Heiner, lass dir vom Straßenverkehr samt eine Liste der Halter aller in Recklinghausen zugelassenen PKW geben, auf die unsere Merkmale zutreffen.
Und jage die Daten durch den Rechner. Vielleicht haben wir ja Glück und Kollege Computer hilft uns weiter.« Brischinsky schloss die Augen. »Ich muss jetzt etwas nachdenken.«
»Schon klar, Chef. Und wie lange willst du… äh…
nachdenken?«
»Etwa eine Stunde.«
»Bis dahin habe ich die Unterlagen. Möchtest du noch einen…«, er sah zu seinem Vorgesetzten, »…
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