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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgs Geheimnis
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betagten Golf GTI auf dem Parkplatz des Globus an der Roonstraße in Herne und beobachtete Rainer, der sich im Schneeregen an der Hähnchenbude herumdrückte.
    Der Parkplatz war gut gefüllt.
    Esch schlug den Kragen seiner Lederjacke höher und steckte sich die nächste Reval an. Dabei rutschte ihm der Spiegel unter der linken Achselhöhle weg und landete klatschend in einer Pfütze. Rainer bückte sich, schüttelte leise vor sich hin fluchend die Schnee-und Wasserreste von der Zeitschrift und bugsierte das triefende Erkennungssymbol wieder unter seinen Arm. Fragend schaute er zu Cengiz hinüber, der mit dem rechten Zeigefinger demonstrativ auf seine Armbanduhr deutete und die Schultern ratlos nach oben zog; eine Geste, die von Rainer vorsichtig erwidert wurde.
    Er gab Cengiz zu verstehen, dass er noch nicht aufzugeben gedachte, und stiefelte vor dem Eingang auf und ab, bemüht, den Kunden und ihren Einkaufswagen nicht im Weg zu stehen.
    Cengiz sah zum wiederholten Mal auf seine Armbanduhr.
    Rainer hatte sich mit Lorsow um 16 Uhr verabredet. Jetzt war es schon eine Viertelstunde später. Die Verabredung drohte zu platzen; was Cengiz nicht im Geringsten bedauerte.
    Der Wind drehte sich und trieb neben Schneeflocken auch den Duft frisch gebratenen Geflügels zu seinem Wagen. Der Türke wollte gerade aus seinem Fahrzeug steigen, um seinen Freund zu einem halben gegrillten Hähnchen einzuladen, als ihm eine Gestalt in einem grünen Armeeparka mit Kapuze auffiel. Der Mann – zumindest meinte Cengiz, dass es sich um einen Mann handelte – blieb ebenfalls neben dem Eingang stehen und machte sich umständlich an den Einkaufswagen zu schaffen, wobei er sich immer wieder suchend umdrehte.
    Cengiz gelang es nicht, einen Blick auf das Gesicht zu werfen, das von der Kapuze, den Regenschirmen anderer Kunden und dem Schneeregen verdeckt wurde. Nach ein oder zwei Minuten hatte die Gestalt im Parka es fertig gebracht, einen Wagen aus seiner Verkettung zu lösen, und schob mit dem Teil auf den Eingang des Marktes zu, erreichte Rainer und ging an ihm vorbei, ohne etwas zu sagen. Wütend schlug Cengiz mit der flachen Hand auf das Lenkrad seines Golfs: Fehlanzeige.
    Rainer, der von diesem Intermezzo nichts mitbekommen hatte, sah sichtlich mitgenommen aus. Schneeregen und Temperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt machten das Warten nicht zu einem Vergnügen.
    Cengiz schaltete die Zündung seines Wagens ein, um das Autoradio zu beleben. Die Musik quälte sich verzerrt aus den Boxen. Er drückte die Suchen-Taste, um den Kanal nachzujustieren. Als er wieder Richtung Eingang sah, stutzte er. Die Gestalt im Parka hatte den Supermarkt mit noch immer leerem Einkaufswagen verlassen. Achtlos ließ der Mann den Korb in die Reihe der abgestellten Wagen knallen und näherte sich mit zwei, drei Schritten Rainer, der mit dem Rücken zu ihm vor der Tür stand. Cengiz beobachtete, wie sich der Mann nah an Esch herandrängte und einige Worte mit ihm wechselte.
    Rainer schüttelte zunächst heftig mit dem Kopf, spazierte dann aber langsam in Richtung Bahnhofstraße. Sein Begleiter folgte ihm mit nur wenigen Zentimetern Abstand.
    Cengiz schluckte. Das war so nicht geplant gewesen. Rainer wollte Lorsow vor dem Globus treffen, mit dem Chef von LoBauTech reden und ihm ein Geständnis entlocken, nicht aber mit ihm in der beginnenden Dämmerung verschwinden.
    Cengiz war nur als Beobachter anwesend, als Rückversicherung für Unvorhergesehenes. Und genau das war jetzt eingetreten.
    »Was mache ich denn jetzt, verdammte Scheiße, was mache ich nur?« Cengiz sah den beiden nach, bis sie fast aus seinem Blickfeld verschwunden waren. Dann startete er sein Auto und fuhr beinahe zwei junge Mädchen über den Haufen, die ihm einen Schwall Schimpfwörter hinterherschickten – auf Türkisch. Er bog mit dem GTI nach rechts in die erste Straße und bemerkte gerade noch rechtzeitig, dass Rainer und der Mann in einen dunkelblauen Audi stiegen. Cengiz bremste und wartete. Unmittelbar darauf beleuchteten die Scheinwerfer des Audi die vor ihm in der Reihe stehenden Fahrzeuge und der Wagen fuhr zügig aus der Parklücke in Richtung Bahnhofstraße, mit Rainer auf dem Beifahrersitz. Cengiz folgte dem Fahrzeug. Der Audi bog auf die Bismarckstraße ein, erreichte nach wenigen Metern die Auffahrt zum Emscherschnellweg Richtung Duisburg und fuhr am Herner Kreuz nach Recklinghausen auf die A 43. Als sie die Abfahrt Hochlarmark passierten und der Audi weiter Richtung Norden fuhr,

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