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Zweyer, Jan - Rainer Esch 02

Zweyer, Jan - Rainer Esch 02

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Esch 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alte Genossen
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nämlich. Ungefähr so alt wie ich kann der eine gewesen sein, Herr Wachtmeister. Das waren ihre Worte. Einzig brauchbar ist die Junge mit dem Hund.«
    »Und?«
    »Na ja, die Frau hat zwei Männer gesehen, gut gekleidet, Anzug und so.«
    »Und sonst? Spuck’s schon aus. Was hat die noch gesehen?«
    »Nichts.«
     
    »Das war alles?«
    »Das war alles.«
    »Ich hab’s befürchtet. Scheiße.«
    »Das kannst du laut sagen. Da wird in der Hauptgeschäftszeit hier bei uns in Recklinghausen in direkter Nachbarschaft der Einkaufszone ein Mann umgenietet, sechs Leute sitzen in unmittelbarer Nähe, wir sind eine halbe Stunde später am Tatort, und was haben wir? Nichts haben wir. Absolut nichts.
    Scheiße. Wirklich totale Scheiße.«
     
    4
    Kurz vor acht Uhr traf Rainer Esch mit seinem Taxi auf dem Betriebshof des Taxiunternehmens Krawiecke in der Hochstraße 26 im Recklinghäuser Stadtteil Grullbad ein. Wie erwartet, hatte ihm die Bardame der Flamingo-Bar zum Abschied nicht nur ihr schönstes Lächeln, sondern auch dreizehn Mark Trinkgeld geschenkt. Esch war fest entschlossen, Renate bei Gelegenheit als Dank zum Essen einzuladen.
    Da um acht Schichtwechsel war, parkten schon einige Wagen auf dem Hof. Esch steuerte sein Taxi auf einen freien Platz und stieg aus. Der dicke Kalle, seine abendliche Ablösung, kam gerade mit Hans Krawiecke, dem Inhaber, aus der Zentrale.
    Beide steuerten auf ihn zu. Krawiecke öffnete die Fahrertür, um den Tagesstand des Taxameters abzulesen.
    »‘n Abend, Kalle. Wagen ist in Ordnung. Musst nur bald tanken.«
    »Hallo, Rainer, alles klar, danke.«
    Esch wollte an den beiden vorbei gehen.
    Krawiecke warf einen flüchtigen Blick ins Wageninnere.
    »Halt wart mal, Rainer. Das da«, er zeigte auf ein Stück Papier hinter dem Beifahrersitz, »nennst du in Ordnung? Eine Schweinerei ist das, wie du meine Fahrzeuge übergibst.«
    Krawieckes Stimme wurde lauter. »Das ist der reinste Saustall hier. Den machst du jetzt erstmal sauber. Und zwar sofort.«
    Der Unternehmer hatte sich mit krebsrotem Gesicht vor Rainer aufgebaut. Der Taxiinhaber stand kurz vor einem seiner berühmt-berüchtigten cholerischen Anfälle.
     
    Hans Krawiecke hatte nach Eschs unmaßgeblicher Meinung noch nicht realisiert, dass die Feudalgesellschaft durch den entwickelten Spätkapitalismus abgelöst worden war. Er behandelte seine Mitarbeiter wie Leibeigene – oder versuchte es zumindest von Zeit zu Zeit. Heute schien wieder einer dieser Momente zu sein. Rainer hätte schon längst die Initiative ergriffen, in diesem Laden einen Betriebsrat zu installieren, wenn es nur ausreichend Festangestellte für einen solchen revolutionären Akt gegeben hätte. Leider waren fast alle Kutscher so genannte geringfügig Beschäftigte und Studenten, die ihr Bafög oder den elterlichen Scheck mit Taxifahren aufbesserten. Esch machte da keine Ausnahme.
    Allerdings unterschied er sich in zwei nicht ganz unerheblichen Details von seinen Kolleginnen und Kollegen.
    Zum einen war er an der Universität nur deshalb noch eingeschrieben, um die hohen Sozialversicherungsbeiträge zu minimieren und nicht um zu studieren, zum anderen war er der dienstälteste Fahrer bei Krawiecke, was ihm eine gewisse Unangreifbarkeit verlieh. Er wusste, dass Krawiecke wusste, was er wirklich alles wusste, und Rainer hätte keine Sekunde gezögert, dieses Wissen, beispielsweise über schwarzarbeitende Arbeitslose, einzusetzen. Und da Krawiecke auch das wusste, genoss Esch besonderen Kündigungsschutz.
    »Sofort habe ich gesagt, und ich meine sofort«, brüllte Krawiecke ihn an.
    Esch grinste. »Reg dich nicht künstlich auf. Da liegt doch nur ein Stück Papier. Keiner hat die Karre voll gekotzt, keiner Schokoladenflecken auf die Polster geschmiert. Take it easy, Mann.«
    Krawieckes Hals schwoll noch mehr. Rainer starrte sein Gegenüber bewundernd an.
     
    »Du, du, du… was du da erzählst, geht bei mir hier rein und da raus.« Krawiecke zeigte erst auf sein linkes, dann rechtes Ohr. »Hier rein und da raus«, wiederholte er wütend.
    »Kein Wunder«, antwortete Esch, »ist ja auch nichts dazwischen, was den Schall aufhalten kann.« Für einen Moment glaubte er, zu weit gegangen zu sein. Er erwartete jeden Moment einen körperlichen Angriff Krawieckes.
    Da schaltete sich Kalle ein.
    »Warte, Hans, ich mach schon.« Kalle öffnete die hintere Tür und fischte den Papierfetzen aus dem Wagen. »So, das war’s.
    Ich fahr dann. Bis morgen, Rainer.«
    »Bis dann,

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