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Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande - Kellison, E: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kellison
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sie diese Namen mit ihren Lippen formte. »Ich habe keinen Namen.«
    »Jeder hat einen Namen.«
    »Dann habe ich ihn vergessen. Such einen für mich aus. Ich schwöre, ich werde ihn nicht wieder vergessen.« Er lieferte sich ihr aus und wartete, dass sie seiner Seele einen Namen gab, war gespannt, wie er wohl klingen würde.
    Ein schwaches Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, und ihre Erheiterung vertrieb ihr letztes Unwohlsein. Allein deshalb hatte es sich gelohnt, die Grenze zu überschreiten, komme was da wolle.
    »Für mich bist du der Schattenmann. Für … nun, für immer.«
    »Dann bin ich der Schattenmann für immer.«
    Sie hielt seine Hand. Und er die ihre. Sie waren fest verankert, und doch trieben sie dahin. Im Geiste verwandt, aber aus unterschiedlichen Welten.
    Ihre strahlende Seele verfinsterte sich. »Ist meine Zeit gekommen?«
    »Nein. Noch nicht.« Mit seinem Geist strich er prüfend über den glänzenden Schleier. Die Membrane war zwar dünn, aber ein Sterblicher konnte sie noch nicht durchdringen. »Ich glaube, heute noch nicht.«
    Als sie die Stirn runzelte, bildeten sich Falten zwischen ihren Brauen. »Ich weiß nicht, ob ich schon bereit bin zu gehen, aber ich bin es leid zu warten.«
    Er lächelte schwach. Alle Sterblichen waren ungeduldig. Für sie hatte alles einen Anfang und ein Ende, als stünden in der Landschaft des Lebens feste Meilensteine. Dieser Umstand bewirkte, dass sie ständig auf das nächste Ereignis warteten. Nicht so in den Zwielichtlanden, wo sich alles zwischen allem erstreckte und die Bewohner die Zeit in ihre Mitternachtsmusik woben.
    »Weißt du, wann?«
    »Nein. Das weiß niemand. Würdest du es denn wirklich wissen wollen?«
    Sie blickte zu ihm auf und sah ihn mit angespannter Miene an.
    »Nein. Und doch. Ja. Ich will es wissen … oder verstehen . Ich bin mein ganzes Leben lang krank gewesen. Wozu leben, wenn man nie wirklich leben kann? Ich will … « Ihre Stimme erstarb. Sie holte noch einmal tief Luft. »Wahrscheinlich will ich nur begreifen, warum.«
    Durch ihren Körper, ihren Arm hinunter und über ihre Fingerspitzen strömte Verzweiflung und Einsamkeit in seine Hand. Es war kaum zu ertragen. Und ganz sicher konnte er es nicht einfach so hinnehmen.
    »Schönheit hat keinen Grund. Sie ist einfach da.« Das war ein schwacher Trost, wie er wusste. »Vielleicht wirst du in der nächsten Welt eine bessere Antwort finden.« Er deutete mit der Hand auf den Horizont auf ihrem Bild. »In der Welt hinter dem Meer.«
    »Und du kannst nicht dorthin?«
    »Nein. Nur du. Todesboten ist der Zutritt verboten.«
    »Das soll es also gewesen sein.« Sie drehte sich wieder zu ihm herum, in ihren Augen schimmerte frischer Schmerz. »Das ist die ganze Zeit, die mir bleibt?«
    Er antwortete mit einem Nicken, aber langsam, zögerlich. Er wusste nicht genau, was sie meinte, deshalb konnte er nicht völlig zustimmen. Nicht bei diesem seltsamen Leuchten in ihren Augen. Nicht bei dieser seltsamen Sehnsucht, die aus ihr in ihn hinüberströmte, nicht bei diesem samtweichen Verlangen, das sich in seinem Körper bildete.
    »Berühr mich«, sagte sie plötzlich. »Ich meine – willst du mich berühren?«
    Doch kein Freund. Oder zumindest nicht nur ein Freund. Was hatte sie gesehen?
    Sie waren nur einen Hauch voneinander entfernt. »Ich will etwas Echtes spüren, solange ich noch kann. Du bist mein ganzes Leben lang da gewesen und hast gewartet. Unsichtbar. Ich hatte gehofft, dass wir … dass du und ich … « Sie senkte den Blick und schüttelte verzweifelt den Kopf.
    Du und ich . Ja. Mehr war nicht nötig; mit diesen wenigen Worten hatte sie eine Wahrheit ausgesprochen, die auf beiden Seiten des Schleiers Kraft besaß.
    Er spürte, wie ihr Entschluss sich festigte. Langsam hob sie den Kopf und begegnete seinem Blick. »Bitte berühr mich.«
    Nein . Indem er sich überhaupt in diesem Zimmer aufhielt und mit ihr sprach, verstieß er bereits gegen die Gesetze der Zwielichtlande. Das würde Konsequenzen haben. Aber ihr Herz schlug in seinem Kopf und vertrieb seine Bedenken. Verlangen erwachte in seiner Brust. Blind tastete er mit dem Geist nach der Kälte des Schattens. Er hätte nicht herkommen dürfen; die Gesetze der Zwielichtlande existierten nicht ohne Grund. Das war ihm jetzt klar.
    »Schattenmann.«
    Bei dem Klang seines Namens hielt er abrupt inne.
    Sie ließ ihn los, streckte ihre Hand nach seinem Gesicht aus und tastete sich in seine dunkle Kapuze vor. Als sie seine Wange berührte,

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